13. Kapitel

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Ein weiterer Tag, wie jeder andere.
Ich stehe früh auf, gehe zur Uni und betrete viel zu spät den Unterricht. Unser Professor weisst mich wie immer unter empörten Blicken zurecht und Hailey lächelt mir daraufhin, wie jeden Morgen, mitleidig zu. Jack ignoriere ich konsiquent und werfe ihm nicht mal einen flüchtigen Blick zu. Warum auch? Er ist es nun mal nicht wert. Ruby und Collin begrüßen mich mit leuchtenden Augen, Dean schickt mir über das Handy einen schnellen Guten Morgen Gruß und ich mache wie immer einen kleinen Spaziergang zu meinem Fach. Der ganze Morgen ist komplett normal und eigentlich schon fast langweillig. Das dachte ich, bis mir auffällt, wie einer sich komisch verhält. Liam schaut mir nicht in die Augen, begrüßt mich nicht und verlässt als Erster gehetzt wieder den Unterricht, so als wenn er auf der Flucht wäre. Hailey scheint es ebenfalls aufgefallen zu sein:

,,Habt ihr euch noch nicht ausgesprochen?", fragt sie als wir gerade eine Pause haben. Ich runzel meine Stirn. ,,Weshalb den?" ,,Du warst doch so wütend auf ihn, letztens im Krankenhaus.", erinnert sie mich. Erschrocken schaue ich sie an. Wie konnte ich das nur vergessen haben? ,,Verdammt, daran haben ich gar nicht mehr gedacht", fluche ich. Hailey zuckt mit den Schultern. ,,Gibst du ihm den immer noch die Schuld für den Unfall?" Ich stecke meine Hände in meine Jackentasche und lehne mich an das Schließfach, an dem wir stehen. ,,Ich denke nicht, dass wir hier nach Schuld suchen sollten. Keiner von uns hatte böse Absichtigen, wir haben aus einem guten Grund so gehandelt, das ist alles was zählt, denke ich", meine ich und lasse meinen Blick dabei auf meine Füße wandern. Hailey nickt. ,,Das hört sich vernünftig an. Ich glaube es ist das Beste, wen du ihm das so sagst. Liam scheint es mit seinem Gewissen ziemlich dreckig zu gehen". Ich knirsche schuldbewusst mit den Zähnen. ,,Vielleicht hätte ich ihn nicht so angehen dürfen. Ich war in diesem Moment nur so verwirrt und wütend und diese Situation sie war so...", ich rede nicht weiter sondern beisse mir nur schnell auf die Lippe. Meine beste Freundin hackt neugierig nach. ,,Was meinst du? Was ist mit der Situtaion?", fragt sie. Ich schüttel nur den Kopf. ,,Ach nichts. Ist nicht wichtig", erwieder ich. Zum Glück fragt sie nicht weiter nach, das ist einer dieser Eigenschaften die ich so gerne an ihr mag. Dass das Krankenhaus und generell der Moment viel zu sehr an alte Zeiten erinnerte, brauchte sie nicht zu wissen. Hailey lächelt mich aufmunternd an. ,,Ich kann verstehen, warum du es getan hast, außerdem ist Liam kein nachtragender Mensch. Er wird eher erleichtert sein", vermutet sie. Ungläubig hebe ich meine Augenbraue. ,,Wenn du meinst", gebe ich zurück. Doch anstatt zu antworten, schubst sie mich nur leicht nach vorne. ,,Na los, jetzt mach schon", drängt sie und vollführt dabei eine hetztende Handbewegung. Entgeisert starre ich sie an. ,,Hailey! Ich muss mir erst überlegen, was ich sage", erkläre ich empört. Sie verdreht die Augen. ,,Und dann wirst du niemals mit ihm reden, ihr werdet euch nicht nur abgrundtief hassen, sondern euch auch noch bis auf das kleinste Haar bekriegen, jeder wird sich für den Rest seines Lebens die Schuld zuschieben und dann werden ihr sterben, mit dem Gewissen euch nie ausgesprochen zu haben.", sie hebt ihre Arme dramatisch in Richtung Himmel. ,,Tragisch". Sie verschrenkt die Hände vor der Brust. Ich schnaube. Erwähnte ich bereits, dass Hailey einen leichten Hang zum überflüssigen Drama hat? ,,Ich glaube nicht, dass es ganz so sein wird", protestiere ich, eigentlich nur um Zeit zu schinden. ,,Und ob! Das hier ist doch nur der Anfang!" ,,Hailey..." ,,Jetzt mach, oder ich schleppe dich höchst persönlich zu ihm!", droht sie. Ich knibbel mit den Fingern nervös an meinem Shirt. ,,Ich mache das nachher, versprochen", schwöre ich, mit hoch erhobener Nase. Hailey zögert keinen Moment, sondern greift direkt nach meinem Ärmel und schleppt mich hinter ihr her. ,,Hailey, was machst du da?", beschwere ich mich verwirrt. ,,Ich mache meine Drohung war", entgegnet sie. Ich merke, wie ich ein wenig panisch werde. Das würde sie doch nicht etwa wirklich... das ist ja noch unangenehmer! ,,Nein Hailey, hör auf! Ich verspreche es dir, ich werde jetzt mit ihm reden", murmel ich hastig. Sie dreht sich zu mir um. ,,Bist du dir da ganz sicher?" Ich nicke. Sie lässt meinen Ärmel wieder los und setzt ein breites Siegergrinsen auf. ,,Na dann, viel Spaß!" Sie geht an mir vorbei und lässt mich alleine auf dem gefüllten Flur zurück. Na toll.

Liam steht wenige Meter entfernt von mir. Er hatte etwas auf den Boden fallen gelassen und hob es gerade auf. Ich atme einmal tief durch und gehe auf ihn zu. ,,Liam?", frage ich. Er dreht sich zu mir um. Seine Augen nehmen einen dunklen Schimmer an, als er mich erkennt. ,,Lacey, hey", begrüßt er mich und setzt eines dieser typischen Fake-lächeln auf. ,,Was gibt es?", er verlagert sein Gewicht langsam von einem Fuß auf den anderen. ,,Ich möchte gerne mit dir reden", fange ich an. ,,Es tut mir leid, aber ich muss eigentlich meine Sachen holen. Du weisst ja, wie das ist", sagt er. Er fährt sich einmal kurz durch das gegeelte Haar. Er ist nervös. Ich schlucke. ,,Liam, bitte bleib. Ich muss dir etwas sagen". Er hebt einmal schwer die Schultern und holt tief Luft. ,,Was den? Dass du mich nie wieder sehen willst? Dass ich dir nichts bedeute? Dass ich Mist gebaut habe? Das hast du bereits im Krankenhaus getan. Weisst du, ich brauche das kein zweites Mal zu hören", zischt er. Der Schmerz steht tief in seinen Augen geschrieben. ,,Also Lacey, was willst du mir jetzt noch sagen? Du hast doch schon alles gesagt und zwar mehr als nur deutlich.", seine Stimme wird leiser. Hatte ich ihn wirklich so verletzt? ,,Liam, ich...", meine Stimme ist kaum mehr als ein bedrücktes Wispern. ,,Was?", er schaut mich wartend an. ,,Wie geht es James?" Das war defenitiv nicht das gewesen, was ich hatte sagen wollen. Ganz bestimmt nicht. Aber ich hatte es gesagt und jetzt kann ich nichts mehr daran ändern. Liams Augen werden noch glasiger als eh schon. Er schüttelt nur den Kopf und dreht sich um. Er geht einfach, ohne mich noch einmal anzusehen, ohne noch ein Wort zu sagen. ,,Liam, nein! Das war nicht das, was ich...", meine Stimme gehorcht mir mitten im Satz nicht mehr. Ich versuche ihn noch aufzuhalten, aber Liam lässt sich nicht zurückziehen. Jetzt habe ich Mist gebaut. Ich hätte was anderes sagen sollen. Er hatte anscheinend gehofft, dass ich etwas anderes sage.

Voller Frust raufe ich mir die Haare. Plötzlich werde ich von hinten angerempelt und falle nach vorne. Ein Junge mir großen, braunen Augen und einer menge Sommersprossen ist gegen mich gerempelt und hebt entschuldigend die Hände. Erst funkel ich ihn wütend an und überlege mir schon eine bissige Bemerkung, aber irgendwie habe ich gerade gar nicht die Kraft dafür, sauer zu sein. Es gelingt mir einfach nicht. Statt dessen lasse ich meine verspannten Schultern einfach fallen und seufze tief. ,,Es ist okay", sage ich und nicke ihm leicht zu. Er schenkt mir ein erleichtertes Lächeln und geht weiter. Ich schaue ihm nach. Er hat es bestimmt nicht so kompliziert. Er hat keinen verdammt heißen, nervigen Ex, einen Freund auf einem anderen Kontinent und einen Jungen, der nicht mehr mit einem reden möchte. Er ist warscheinlich nur ein einfacher Student, mit einfachen Studenten Problemen. Über einen Rollen Tausch würde ich mich jetzt eigentlich echt freuen. Grimmig beobachte ich meine Füße. Für ein komplett normales, unkompliziertes Leben würde ich jetzt gerade wirklich alles geben. Oder für eine Zeitreise. Dann könnte man die Vergangenheit so zurückdrehen, dass die Zukunft nicht so voller Sorgen gefüllt ist. Dann könnte ich vielleicht dafür sorgen, dass die Geheimnisse, die ich heute so hüte, nie zu Geheimnissen werden. Dann wurde ich jetzt vielleicht nicht komplett verzweifelt mitten in einem Flur stehen und mich fragen, wie es nur zu so einem Chaos kommen konnte.

My Destiny, Your Love, Our Secret...#SummerAward18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt