6.

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Es ist spät geworden. Mittlerweile ist Even wieder zu Hause und über den aktuellen Stand der Dinge informiert. Ich habe den vier ihre Schlafplätze gezeigt, und liege jetzt auf meinem Bett und Chette mit meiner besten Freundin Emma über meinen kleinen Bruder. Von Tayler, Even und den anderen erzähle ich ihr nichts. Ich weiß zwar, das ich mit ihr über alles reden kann, aber damit muss ich erstmal selber klar kommen.
Emma ist auch ganz begeistert. Sie will unbedingt in der kommenden Woche mal vorbeischauen, und ich soll ihr unbedingt ein Bild schicken. Da Papa mir schon eins geschickt hat, kann ich es gleich an sie weiter leiten.

Gegen 23:00 Uhr lege ich mich schlafen. Es dauert lange, bis ich endlich eingelullt bin, zu lange beschäftigen mich die Ereignisse des Tages. Aber ich fand den Tag toll. Ich habe drei ältere Brüder, einen neuen Papa und einen halb Bruder bekommen. Gut, das mit Ma war nicht so toll, aber insgesamt gab es heute mehr positive als negative Ereignisse. Und das kann ich nicht oft über meine Tage sagen. Wenig später schlafe ich ein.

Mitten in der Nacht werde ich wach. Mein Handydisplay sagt mit, das es.4:27 Uhr ist. Plötzlich habe ich große Angst um Ma. Was ist wenn es ihr schlechter geht. Leise gehe ich nach unten um mir in der Küche ein Glas Wasser zu holen. Das tut gut. Mit einer Decke setze ich mich auf's Sofa. Mir ist kalt aber in meinem Zimmer fühle ich mich allein, obwohl hier auch nicht mehr Leute sind, fühle ich mich hier wohler. Ich kuschel mich in die Decke ein und fühle mich gleich besser. Während ich nachdenke höre ich plötzlich Schritte die Treppe runter kommen. Aber wer kann das sein? Außer mir ist doch keiner hier? Doch dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen ein, die vier anderen sind ja auch noch da. Ein seltsames Gefühl plötzlich von der Existenz von drei Brüdern zu wissen. Der Gedanke daran,  so viel viel Zeit mit  Ihnen verpasst zu haben, lässt mir einen Schauder über den Rücken laufen."Alles Ok?" fragt Teyler mich. Er klingt ein bisschen besorgt, aber auch müde. "kann nicht schlafen" sage ich, sehe ihn aber nicht an. "Schon seltsam sowas? Oder?" Fragt er mich und da ich nicht antworte redet er weiter." Ich meine, das wir gar nichts von Dir wussten. " " das erlebt auch nicht jeder" meine ich, " aber ich denke nicht, dass das unbedingt jeder haben möchte." "Also ich hab kein Problem damit, jetzt eine Schwester zu haben" "So war das nicht gemeint, ich wollt ja auch schon immer einen Bruder haben, aber ich meine dann hat ja irgendwie was gefehlt bis her oder?" Erkläre ich mich. Er sieht nachdenklich aus als er sagt "Da könntest du recht haben. Ich muss sagen als ich ungefähr so alt war wie du wollte ich immer eine Schwester haben, mit 'nem Bruder kann man einfach nicht über alles reden. Der versteht das nicht." "Kann ich irgendwie verstehen." Pflichte ich ihm bei. "Wie lange bleibt ihr noch hier?" "Jayden muss morgen wieder nach Hause, aber Even hatte glaube ich vor noch eine Woche zu bleiben. Er möchte hier nach einem Haus suchen." antwortet Teyler. "Wieso ein Haus?" Frage ich. "Wir suchen schon länger nach einem Haus in das wir und sozusagen zurück ziehen können. Und es würde garantiert keiner darauf kommen, das wir hier in Deutschland im so einem kleinen Dorf sind." "Ne, da drauf kannst du dich verlassen." Grinse ich bevor ich fortfahre. "Aber dann darfst du dich hier auf der Straße nicht sehen lassen." "Bin ich hier auch bekannt?" fragt er mich. Man merkt das er sich bei der Frage nicht ganz wohl fühlt. Es ist ihm peinlich. "Bekannt ist gut, unsre Klassenlehrerin hat sogar ein Poster von dir ins Klassenzimmer gehangen." "Ist das jetzt gut oder schlecht?" Das scheint ihm zu gefallen. "Weiß ich noch nicht." Sage ich.

Nach ein paar Sekunden der Stille fragt er mich:"freust du dich auf deinem kleinen Bruder?" "Ja",strahle ich. "Ich liebe kleine Kinder. Ich freue mich dermaßen!" Nach einer Kurzen Pause fahre ich fort. "Aber ich hoffe es geht Mama ballt wieder gut. Es gab in den letzten Monaten schon genug Komplikationen wegen des Kindes." "Ihr geht es bestimmt bald wieder gut. Als ich sie kannte war sie meistens stark, nur eben das eine mal nicht..." "und was ist, wenn sie es nicht schafft?" Während ich das sage steigen mir Tränen in die Augen. Ich ziehe die Decke enger um mich. "Dadran darfst du nicht zweifeln!" Beruhigt mich Teyler und legt eine Hand auf meinen Rücken. Es ist ein seltsames Gefühl. Aber es fühlt sich gut an. Als er beginnt mit seiner Hand über meinen Rücken zu streicheln, fühle Ich mich schon wieder besser. "Sorry wenn dich das jetzt komisch an hört, aber..." Er macht eine kurze Pause und ich sehe ihn fragend an. "Hast du einen Freund?" Ok das hätte ich jetzt nicht erwartet, ziemlicher Themenwechsel, aber gut ich überlege einen kurzen Moment und sage dann:"Einen festen Freund nicht. Aber einen Freund mit dem ich über alles reden kann, wir kennen uns seit klein auf und er hat mir sogar mal das leben gerettet" Oh Mist, ich beiße mir auf die Unterlippe. Das wollte ich eigentlich gar nicht sagen. Normal erzähle ich niemandem davon. Aber gut, jetzt ist es raus. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er mich angrinst. "Meinst du das ernst oder sagst du das nur weil er dich mal aus der Scheiße gezogen hat?" "Nö, das meine ich ernst." Jetzt grinse ich auch. Ich sehe ihn an. Er sieht mich an, auffordernd. "Ok, em..." beginne ich." Ich Und Finn,wir kennen uns schon von klein auf. Wir haben immer alles zusammen gemacht wenn wir uns gesehen haben. Das heißt wenn ich mit Ma, Pa und Clarissa im Urlaub war. Finn lebt in Schweden. Als wir fünf Jahre alt waren, haben wir auf einer Wiese an einer wenig befahrenen Straße Fußball gespielt. Wir waren beide Fußballverrückt. Unser Ziel War immer zusammen in der Nationalmannschaft mit unseren Vorbildern zu spielen. Auf jeden Fall ist der Ball dann irgendwann auf die Straße gerollt. Ich bin  hinterher gelaufen, um ihn wieder zu holen. Aber dann kam plötzlich ein Auto, ich habe es nicht kommen gesehen. Später hat sich rausgestellt, das der Fahrer von der Polizei verfolgt, und deshalb viel zu schnell gefahren ist. Finn hat mir zu geschrieen ich soll von der Straße laufen. Ich hab dann nur noch gesehen, wie er gesprungen ist, um mich auf den Bürgersteig zu schupsen. Ich wurde kurz ohnmächtig und dann,... und dann" Ich muss schluchzen. Die Tränen laufen mir in Strömen die Wangen runter. An der Stelle muss ich immer heulen. Ich habe dann immer diese schrecklichen Bilder im Kopf. Teyler zieht mich an sich um mich zu beruhigen. Es ist seltsam,ich kenne ihn erst seit heute, aber ich fühle mich bei ihm gerade sicher.
Es dauert einen Moment biss ich fortfahren kann."Dann hab ich Finn unter dem Auto liegen gesehen. Er sah schlimm aus. Ich habe geschrien und wollte zu ihm, aber der Polizist hat mich festgehalten. Er hat mich auf seinen Schoss gesetzt und hat mir gut zu geredet und mit mir auf den Krankenwagen gewartet. Zum Glück kam der sehr schnell. Sie mussten Finn drei mal Reanimieren. Beim Vierten mal haben sie ihm das Herz aufgeschnitten. Ich musste die ganze Zeit zusehen. Es war so schrecklich! Aber es hat was gebracht. Finn war zwar noch Monate lang im Krankenhaus und ich konnte nicht immer bei ihm sein, aber jetzt ist er wieder zu hause. Er muss jetzt sein Leben lang im Rollstuhl sitzen, aber Finn ist der fröhlichste und zuversichtlichste Mensch den ich kenne. Wäre er damals nicht gesprungen, hätte ich unter dem Auto gelegen.Wer weiß, ob das bei mir dann auch so gut ausgegangen wäre."

Als ich fertig bin mit erzählen, herrscht Minuten lang Stille. Ich heule leise in Teyler Shirt und erhält mich fest.

"Das muss schlimm gewesen sein für dich." Sagt er nach einer weile. Ich nicke. "Die Wochen, bis er wieder zu Hause war und lachen konnte, waren die schlimmsten meines Lebens. Ich konnte nicht für ihn da sein und habe mir immer mehr Vorwürfe gemacht. Ich habe mich immer in den Gedanken rein gesteigert, dass ich an der ganzen Sache schuld War. Zwei Psychologen waren nötig, um mich wieder halbwegs fit zu machen. Ein Jahr später wurden wir dann eingeschult. Finn in eine Schule für geh behinderte. Er hatte sich mittlerweile mit seiner Situation abgefunden. Aber ich habe trotzdem oft einfach so angefangen zu weinen. Diese Bilder gehen mir einfach nicht aus dem Kopf. Aber ehrlich gesagt, will ich das auch gar nicht . Diese Tage der Qualen haben mein Leben geprägt. Die anderen Kinder haben mich immer wegen meiner Heulerei ausgelacht. Am Anfang hat mir das nichts ausmacht. Aber in der vierten Klasse War ich dann dass Mobbing Opfer. Es war schlimm. Mein Leben wurde erst wieder besser, als ich in der 5. Klasse auf ein Gymnasium gewechselt habe. Zum Psychologen muss ich seit einem halben Jahr zum Glück nicht mehr regelmäßig. Ich bin einfach froh das Finn jetzt wieder ok und nicht auf mich sauer ist." "Wahnsinn" sagt Teyler nach einigen Sekunden der Stille. "Dein Leben möchte ich echt nicht haben. " "Naja, mittlerweile hat sich alles eingespielt. Ich kann mit ihm wieder so reden wie damals. Anfangs ging das gar nicht. Aber er hat mich dann durch regelmäßige Telefonate wieder auf die Schiene geholt." "Mit 5 hatte ich auch einen besten Freund ohne den ich nicht konnte. Wir waren die Rabauken des Kindergartens." Beginnt Teyler irgendwann. "Kurz nach dem wir eingeschult wurden, ist er dann aber gegen seinen Willen weg gezogen. Seinen Vater kannte er nicht und seine Mutter war Alkoholikerin. Seit wir sieben Jahre alt sind, versuche ich ihn wieder zu finden, ohne ihn ging für mich einfach nicht, und dann haben sich meine Eltern auch noch getrennt. Es war in dem alter schlimm für mich... Aber im Gegenteil zu dem, was du da gerade erzählt hast, ist das Quasi gar nichts..." Teyler erzählt mir auch was von seinen heutigen Freunden. Die scheinen eine ganz schöne Säufertruppe zu sein. Nen tollen Bruder hab ich da erwischt. Aber die Streiche von denen er mir erzählt sind echt klasse. Obwohl eigentlich sind das ja schon Straftaten. Aber das finde ich witzig. Kriminell finde ich irgendwie cool...
Er erzählt noch weiter, ich bin aber zu müde und erschöpft, um ihm noch weiter zu zuhören. Den Blick nach unten gerichtet, mit dem Kopf an seiner Schulter schlafe ich auf dem Sofa ein.

Ich Und Meine BrüderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt