Kapitel 33.

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,,Ross?", fragte ich, während ich den Raum betrat. Ross und Ryland saßen auf ihren Betten und räumten das restliche Gepäck weg.

,,Anwesend". Er saß mit dem Rücken zu mir und hob nur die Hand. ,,Bro, du hast meine Shirts bei dir in der Tasche", sagte er an Ryland gewandt. Gleichzeitig wühlte er in seiner Tasche nach der zugehörigen linken Socke, von der er die Rechte in seiner Hand hielt.
,,Oh, Sorry." Der jüngste Lynch kramte weiter und beförderte einen Stapel Jeans auf sein Bett, gefolgt von einem Haufen Shirts, Unterhose Chaoten.

,,Ross, ich muss nach Hause, Rydel ist auch schon unterwegs und ich muss meine Sachen auspacken."

Ross drehte sich zu mir um und zog seine Augenbraue hoch. ,,Jetzt schon? Ich dachte du bleibst noch hier."

,,Und wann bitte räum ich meine Sachen aus? Bis zum Schulanfang müssen meine Klamotten gewaschen sein", lachte ich. ,,Oder du fährst mich schnell nach Hause und wir kommen heute Abend wieder zurück?".

Er überlegte. Ungeduldig tappte ich mit dem Fuß auf und ab, was Ryland mit einem strafenden Blick quittierte. Er hasste es, wenn ich das tat.
,,Ich frag Riker ob er dich fährt", schien Ross aus seinen Gedanken erwacht. ,,Ich muss noch etwas vorbereiten."

Ryland runzelte im Hintergrund die Stirn und kicherte kurz, äußerte sich aber sonst nicht. Ich fragte mich zwar, was er jetzt unbedingt heute vorbereiten musste, nachdem er sich vorhin beschwert hatte, dass ich ihn alleine lasse, aber ich war mir sicher, er würde mich schon noch einweihen. Früher oder später.
,,Alles klar, ich frag Riker selbst und melde mich sobald ich zuhause mit allem durch bin."
Ich küsste ihn zum Abschied auf die Wange, winkte Ryland kurz zu und machte mich auf in das Zimmer von Riker und Rocky.

,,Hallo?", klopfte ich an die angelehnte Tür.

,,Komm rein!", ertönte es zweistimmig. Das Bild, dass sich mir bot, war dem bei Ryland und Ross relativ ähnlich. Riker saß mit dem Rücken zu mir auf seinem Bett, während Rocky auf dem Boden saß und seine Kleidung auf das Bett schmiss.

Die Verwandschaft lässt sich nicht leugnen.

,,Riker, könntest du mich nach Hause fahren? Ross muss noch irgendwas vorbereiten und Rydel ist schon weg."

Überrascht sah er mich an. ,,Weg? Wohin denn weg?".
Auch Rocky zog fragend die Stirn in Falten.
Mist. Über eine Ausrede hatten wir uns nicht abgesprochen.
,,Ähm...Bei Freunden?", piepste ich und zuckte hilflos mit den Schultern. Ich war eine furchtbare Lügnerin.

Riker erwiderte nichts, verschränkte die Arme und sah mich nur skeptisch an. Ich grinste breit und hoffte er würde nicht weiter fragen, wie sollte ich ihm denn bitte erklären, dass seine kleine Schwester grade zu seinem besten Freund fährt, um ihm zu sagen, dass sie ihn liebt? Zumindest ging ich doch mal davon aus, dass sie das tut.
Andernfalls, was sollte sie ihm sonst sagen? Dass Nathan nicht mehr aktuell ist und sie ihn vermisst hat, aber mehr nicht? Das glaub ich nicht. Vermutlich würde sie versuchen herauszufinden, wie er zu ihr steht, um dann mit ihren gesammelten Emotionen herauszuplatzen.

,,Kat!"
Ich schreckte hoch. Meine Gedanken waren etwas abgeschweift.

,,J-ja?"

Riker klapperte mit seinen Autoschlüsseln vor meiner Nase herum. ,,Fahren wir?"

~~~

Ich zog die Autotür zu von Rockys Auto zu, Riker setzte sich hinters Steuer.
,,Danke...", murmelte ich. Er musste sich teilweise wie mein Chauffeur vorkommen.

Er startete den Motor und rollte rückwärts aus der Einfahrt und fuhr die Straße runter.
,,Rydel ist bei Ellington, oder?".

Iiiieep.  Was mach ich denn jetzt?

,,Ich weiß nicht..."

,,Kat-",

,,Sie sagte sie fährt zu Freunden." Nervös nestelte ich an meinem Gurt herum.

,,Ich rate mal einfach", grinste Riker mich an und richtete seine Augen zurück auf die Fahrbahn.

,,Basierend auf der Tatsache, dass sowohl Ell, als auch Rydel mit so ziemlich jedem Tag immer schweigsamer wurden und nicht mehr geschrieben haben, sie haben gereizt auf den jeweils anderen als Thema reagiert und als ich Ell gefragt hab, wie es mit seiner Freundin läuft, ist er fast ausgeflippt vor Sorge, dass wir alle", er sah mich vielsagend an und betonte das alle mit Nachdruck, ,,glauben könnten, er habe eine Freundin. Und zufälligerweise hat Rydel mir kurz vor der Abfahrt noch gesagt, sie hätte überhaupt kein Interesse an Nathan und war ihrerseits ganz besorgt, dass Ell dies wiederum aber glauben könnte."

Ich staunte nicht schlecht, als großer Bruder machte er sich doch ganz gut.

,,Ja also wenn du das doch alles weißt-", kritisierte ich und setzte mich mit neugewonnenen Selbstbewusstsein etwas aufrechter in meinen Autositz. ,,Wieso lässt du mich dann hier herumstottern und mich irgendeine blöde Ausrede suchen?"

Er lachte laut und bog auf eine Nebenstraße ab. ,,Es ist immer wieder lustig dir dabei zuzusehen, wie du dich innerlich windest, aber es versuchst nach außen hin nicht zu zeigen." Er lachte noch lauter, als er meinen mürrischen Gesichtsausdruck sah.

,,Dass ich so grauenhaft im Schauspielern bin, war mich nicht bewusst", zuckte ich mit den Achseln und grinste. ,,Apropos, wie sieht's eigentlich bei dir mal mit neuen Castings aus? Du wolltest mich mal mitnehmen, schon vergessen?".
Vor kurzem hatte Riker mich zu seiner zweiten Aufnahme bei ,,Dancing with the Stars" mitgenommen und ich durfte hinter den Kulissen mit dabei sein. Unser nächster Ausflug sollte eins seiner Castings sein.
,,Das Casting wurde abgesagt, sie haben die Rolle wohl schon besetzt gehabt." Er zuckte mit den Schultern. ,,Aber Ross nimmt dich bestimmt mit, wenn du ihn fragst."
,,Jaaa", antwortete ich gedehnt. ,,Aber dafür muss er erstmal eines haben."

,,Naja, sein Vorsprechen für die Rolle als Harvey in der Neuauflage von Sabrina steht doch bald an, oder?".
,,Ja, er meinte, dass sei Anfang nächster Woche."
Während unseres Urlaubs hatte Ross sich bei einer Netflix - Produktion beworben, die die alte Kinderserie ,,Sabrina" in einer düsteren Neuauflage verfilmen wollte und dafür noch Schauspieler suchte. Unter anderem auch für Harvey Kinkle, den festen Freund der Hauptrolle.

,,Du bist übrigens grade an meiner Straße vorbei gefahren", sagte ich und beobachtete, wie die Straßeneinfahrt im Rückspiegel immer kleiner wurde.

,,Ach tatsächlich?", fragte Riker, während er unbeirrt weiter fuhr.
,,Ja?", fragte ich jetzt meinerseits skeptisch und blickte ihn stirnrunzelnd an.
,,Ich glaub wir sind hier ganz richtig", grinste er mich nur an und blinkte, um dann in Richtung Strand abzubiegen.

,,Riker?"

Er antwortete nicht, sondern fuhr auf den Parkplatz, hielt an und schaltete den Motor aus.
,,Was wird das?", fragte ich ihn nochmals. Doch auch jetzt bekam ich keine Antwort, sondern nur ein noch breiteres Grinsen. Er bedeutete mir aus dem Auto zu steigen. Kopfschüttelnd öffnete ich die Beifahrertür, stieg aus und sah ihn nur mit hochgezogener Augenbraue an.
Riker packte mich an den Schultern und drehte mich in Richtung des Strandes.
,,Du läufst jetzt einfach da runter, fast bis zum Wasser. Viel Spaß!".

Mit diesen Worten setzte er sich ins Auto, startete den Motor und verschwand.
Völlig perplex starrte ich ihm hinterher und überlegte ob mir jetzt nach Lachen oder Verzweifeln sein sollte.
Weit und breit stand hier kein anderes Auto, eine Strandhütte oder ein Restaurant gab's auch nicht und die Wahrscheinlichkeit, dass an diesem Teil des Strandes Menschen unterwegs sein würden, war wiederum sehr gering.

Ich seufzte und setzte mich in Bewegung. Was anderes blieb mir ja kaum übrig.
Es dämmerte schon und langsam wurde es auch etwas frischer. Zum Glück hatte ich noch eine Jacke aus meiner Tasche genommen, der Rest meiner Klamotten fuhr jetzt mit Riker sonst wo hin.

Der Weg zum Strand runter war etwas uneben und beinahe wäre ich über einen halben Ast gefallen, konnte mich jedoch noch geistesgegenwärtig an einem Holzpfäller festhalten, der rechts vom Weg stand.
,,Mist", fluchte ich. Das wurde ja immer besser.

Plötzlich sah ich eine Kerze keine zwei Meter von mir entfernt im Sand stehen.
~~~

Crazy. Stupid. Love.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt