Gefangen

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   „David, bitte…“, hörte ich leise Bens Stimme durch die Halle klingen. ‘Hat er sich etwa auch noch den Kopf gestoßen? Hat er vergessen wie ich heiße?‘, überlegte ich kurz. Ein verletzter Ben wäre schlimm genug, aber ein Verletzter UND Verwirrter? Darauf konnte ich nun wirklich verzichten.

   „David, ich bin’s. Erkennst du mich denn nicht?“ Ich vernahm Bens schwache und leise Stimme ganz deutlich. Es lag ein trauriges Flehen in ihr und ich bekam augenblicklich eine Gänsehaut, als mir ein Licht aufging.

   Ben musste einen der Menschenkörper kennen, in denen nun die Dämonen hausten. Wahrscheinlich war es der Dämon, den ich vorhin hatte töten wollen. Das machte es immer noch nicht viel besser, doch wenigstens konnte ich mir jetzt denken WIESO Ben mich abgehalten hat.

   Das bösartige Lachen der Dämonen riss mich aus meinen Gedanken. Sie fingen nun an in der menschlichen Sprache zu sprechen. „Na, Kleiner. Warst wohl neugierig, was?“

Ich musste den Drang unterdrücken mir mit der Hand gegen die Stirn zu schlagen. Sie hatten tatsächlich immer noch nicht verstanden, dass das hier ein Angriff war. Und dass einer ihrer Kumpanen fehlte fiel ihnen auch einfach nicht auf.

   „Ey, der hat doch eben jemanden gerufen! Was wenn hier noch jemand drin ist?“

Oh ein ganz schlaues Kerlchen.‘, dachte ich sarkastisch.

   „Zwei sollen mal gucken gehen.“, er zeigte auf zwei Dämonen und wandte sich dann mit einem dreckigen Grinsen wieder an Ben, „Dann befragen wir hier mal den Jungen. Oder wir foltern ihn einfach nur.“ Fröhlich klatschte er in die Hände, während von Ben ein klägliches Wimmern ausging.

   „Was ist denn hier los?“, ertönte es plötzlich unmittelbar hinter mir, sodass ich heftig zusammenzuckte und erstarrte. Offenbar war ich so konzentriert auf das Geschehen vor mir gewesen, dass mir entgangen war, wie sich zwei weitere Dämonen der Halle genähert und sie betreten hatten. Zwar stand ich noch zwischen den großen Kartons verborgen, doch sollte der Dämon, der gerade gerufen hatte, noch einen Schritt weitergehen, würde er mich trotzdem entdecken. Mein Herzschlag beschleunigte sich immens und ich hielt den Atem an.

   „Ja hier ist so ein Junge.“, antwortete einer der offenbar weniger erleuchteten Wesen. Gleichzeitig brüllte einer der beiden, die auf die Suche nach mir geschickt worden waren: „Guck ma! Hier is einer tot.“ Dann hatten sie jetzt also tatsächlich mal ihren bereits getöteten Freund gefunden. Bravo.

   Meine sarkastischen Gedanken verflogen jäh, als die beiden frisch dazu-Gestoßenen einen Schritt nach vorne taten und somit so standen, dass sie mich aus dem Augenwinkel hätten sehen können.

   Und tatsächlich - sie drehten sich zur Seite und sahen genau in meine Augen. Mein Herzschlag setzte kurz aus und ich schluckte. Na das lief ja alles super hier. Das Problem war: ich stand so eingequetscht, dass ich mein Messer nicht benutzen konnte, sondern erst dann, wenn ich zwischen den Kartons hervorkam. Allerdings hatte der eine Dämon – scheinbar der am wenigsten dumme – bereits seinen Arm in die Lücke gesteckt und packte mit seinen dreckigen Fingern meinen Hals. Sein Griff war so fest, dass ich nach Luft japste, als er mich so aus meinem Versteck zerrte.

   Kaum war ich aus dem Versteck raus ließ er mich wieder los. Keuchend hob ich die Arme an und fasste instinktiv an meinen Hals. Dabei stellte ich mein Messer natürlich dummerweise offen zur Schau, was der Dämon sofort bemerkte. Ein böses Funkeln trat in seine Augen. ‘Verflucht nochmal!‘, dachte ich verärgert. Bevor ich richtig reagieren konnte hatte der Dämon mein Messer auch schon in der Hand. Er betrachtete es eingehend und ich spürte unbeschreibliche Wut in ihm aufkommen. Er wusste offenbar genau um was für ein Messer es sich da handelte.

Die JägerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt