Blackout

2.5K 157 27
                                    

   Der Reihe nach beobachtete ich die Dämonen. Diese aufkeimende Erleichterung von vorhin irritierte mich immer noch und ich fragte mich, ob nicht einfach einer der Dämonen dieses Gefühl hatte. Die meisten hatten einen sehr neutralen Gesichtsausdruck aufgesetzt während sie begannen die riesigen Kartons zu öffnen.

   Die Kartons hatten verschiedene Größen. Einige waren mit Sicherheit an die zwei Meter hoch und andere kamen gerade mal auf einen halben Meter. Auf jeden Fall war die Halle voll von ihnen. Ben und ich befanden uns immer noch grob unter dem Fenster durch das wir hinein geklettert waren. Von uns aus bis in die Mitte der Halle befand sich eine Art Karton-Lichtung, wo keine verpackten Spiegel standen. Der Rest der Halle war so gut wie komplett zugestellt.

   Ich fragte mich was dieser „Kontaktmann“ mit den ganzen Spiegeln vorhatte. Doch bevor ich meine Gedanken weiter ausführen konnte, entdeckte ich einen breit grinsenden Dämon einige Meter von mir entfernt, der fröhlich einen Karton auspackte. Ich sandte mein Bewusstsein aus und stellte eine gewisse Freude in seinen Gedanken fest. Es war zwar weder Erleichterung, noch Genugtuung in seinen Gedanken zu entdecken, doch Gefühle konnten sich ja auch in eine andere Richtung entwickeln und Freude und Erleichterung waren meiner Meinung nach sehr eng verwandt. Nun war ich mir sicher, dass diese unerklärlichen Gefühle irgendwie von diesem Dämon hatten ausgehen müssen. Auch wenn es sich anders als sonst angefühlt hatte, doch meine eigenen Gefühle waren das schließlich definitiv nicht gewesen.

   Neugierig beobachtete ich den dümmlich lächelnden Dämon und wartete darauf, dass er durch irgendwas verriet wieso er sich so über die Spiegel freute. Ein Spiegeldämon konnte das wohl kaum sein, die waren nämlich intelligenter.

   Plötzlich stockte ich. Spiegeldämon! War es möglich, dass dieser Kontaktmann ein Spiegeldämon war, der sich einen riesigen Vorrat an Spiegeln beschaffen wollte? Ich schluckte schwer und eine gewisse Nervosität machte sich in mir breit. Das war jedenfalls das Wahrscheinlichste. Dämonen machten nicht allzu oft Geschäfte mit Menschen und bis auf Spiegeldämonen gab es keine anderen Dämonen, die Interesse an dieser Menge Spiegel hätten. Zumindest konnte ich mir das nicht vorstellen.

   Das war überhaupt nicht gut. Ich hoffte nur, dass uns noch genug Zeit blieb. Wir mussten es irgendwie schaffen zu fliehen bevor der Kontaktmann hier aufkreuzte.

   Unauffällig lehnte ich mich etwas zu Ben rüber, wobei mir der Draht um meine Handgelenke wieder unangenehm ins Fleisch schnitt. Ich zuckte bei dem Schmerz kurz zusammen, verzog jedoch keine Miene.

   „Ben.“, flüsterte ich. Ben lag immer noch auf dem Boden und döste mittlerweile vor sich hin. Ich hoffte, dass er nicht sein Bewusstsein verlieren würde. Zum Glück reagierte er auf seinen Namen und hob leicht den Kopf um mir in die Augen zu sehen. Sein Blick machte mir Angst. Seine Augen hatten Wärme und Glanz verloren und es sah fast so aus als würde er eher durch mich hindurchsehen anstatt in mein Gesicht. Lag es an seinen Verletzungen und Schmerzen oder an dieser Situation? Oder vielleicht auch an David? Ich konzentrierte mich auf seine Gefühle und das stärkste seiner Gefühle war eine tiefe Trauer. Dann war wohl David der Grund für seinen leeren Blick, der mir eine Gänsehaut bereitete. Ich wusste nur leider überhaupt nicht was ich hätte sagen sollen, um ihn zu trösten. Ich hatte noch nie jemanden der mir wichtig war verloren und außerdem war ich eh nicht gut darin  Mitleid auszusprechen.

  „Ich habe eine dunkle Ahnung.“, setzte ich an und hoffte Ben würde sich ein wenig zusammenreißen. „Ich befürchte, dass der „Kontaktmann“, von dem sie eben gesprochen haben ein Spiegeldämon ist. Wir müssen hier unbedingt raus bevor er auftaucht, das wird für uns sonst zu gefährlich.“ Tatsächlich veränderte sich Bens Blick ein wenig und ich spürte eine wilde Entschlossenheit in ihm aufkommen. Es war als hätte ihn jemand wachgerüttelt.

Die JägerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt