1. Dieser Junge...

1.8K 97 14
                                    

"Hey Mik. Kommst du nachher wieder mit? Franzi braucht wieder ein neues Buch oder irgendwas in der Art."
Augenrollend und doch grinsend schlug der Blondhaarige Junge bei mir ein, welchen ich wohl oder übel zu meinen besten Freunden zählte.

"Ihr schafft das auch bestimmt ohne mich. Ich hab noch was zu tun."
Unsicher suchte ich den Schulhof nach dem Gesicht ab, welcher mir seit geraumer Zeit nicht mehr aus dem Kopf ging.
"Es geht um diesen Kostas, hab ich recht?"
Ich brummte.

Alex, so hieß der Typ vor mir lachte und stieß mir gegen die Schulter, so, dass ich einen Schritt vorwärts gehen musste um nicht aufzufallen.
"Mein Gott, Schlag dir diesen Freak aus dem Kopf. Der sitzt den ganzen Tag mit seinem Buch im Wald, selbst, wenn draußen Minusgrade herrschen. Der ist nichts für dich, glaub mir!"

Während Alex dies aussprach rieb er seine Hände aneinander und eine Wolke aus warmer Atem kam aus seinem Mund.

"Ich glaube das ist immer noch meine Entscheidung wen ich in mein Leben lasse und wen nicht. Ich möchte ihn kennenlernen", meinte ich schroff und erntete dafür nur einen genervten Blick.
Langsam ließ ich meine Augen über die zugefrorene Wiese gleiten und

"Wenn du meinst... wir sehen uns morgen Alter!" Leicht schlug Alex mir auf die Schultern, lächelte mir aufmunternd zu (wobei ich nicht wusste, ob er dies ernst meinte oder nur verfälschte), ehe er zu Franzi, seiner festen Freundin verschwand.

Erleichtert atmete ich aus und ließ meine Hände in die Jackentasche gleiten.
Endlich...
Ich wollte gerade meinen Blick senken und den Weg nach Hause aufbrechen, als ich ihm sah. Kostas.

Wie jeden Tag lag sein starrer und doch so sanfter Blick in sein Buch während er den Schulhof verließ.
Der Stift, welcher zwischen seinen Fingern sprang tippte ab und zu gegen seine Wange.

Ich wurde zunehmend unruhiger und meine Hand zerdrückt fast das Hustenbonbon, welches schon seit Tagen in meiner Jackentasche gammelte.

Heute wollte ich ihn fragen!
So unendlich lange konnte ich ihn nur im Stillen betrachten, sehen wie er den Stift über sein kleines Buch schwingen ließ und schrieb.
Was genau konnte ich nie wissen, aber es musste einfach toll sein.
Er musste toll sein.

Diese tiefe Stimme trotz des 'Kindergesichts', seine so kalte Art vor den Menschen und sein warmes und zärtliches Wesen, wenn er alleine war. Im Wald.

War ich komisch, weil ich ihn ab und zu beobachtet hatte, wenn er im Wald saß und schieb? Schon möglich, doch was machte man nicht alles für bescheuerte Dinge wenn man einen Crush hatte?

So oft hatte ich mir gewünscht, dass er mit mir redet, doch nie geschah es. Hatte ihn schon so oft was gefragt, doch nie kam eine Antwort zurück.
So als würde er nicht reden, als wäre er stumm, doch so war es nicht.

Er versteckte sich in sich selbst.
Gab nichts von sich Preis und ich konnte auf der Hand abzählen mit wie vielen Menschen er sprach.
Viele erzählten, dass er Waise wäre, gesehen hätte, als seine Eltern gestorben sind, doch ob das auch wirklich stimmte?
Vielleicht war es nur ein dummes Gerücht. Vielleicht war da aber auch was dran.

Vorsichtig biss ich mir auf meine Lippe und meine Hände ballten sich zu Fäusten. Jetzt sei kein Lappen Mik! Sprech ihn an. Ein mal!

Mit vorsichtigen Schritten, ging ich auf ihn zu.
Er war vertieft in sein Heft und schaute sich um, bis sein Blick bei mir hängen blieb.
So durchdringlich beobachtete er mich. Kostas zog die Augenbrauen zusammen und runzelte die Stirn.
Der Blick so starr und glasklar wie Eis.
Diese Kälte die er auf einmal ausstrahlte war unglaublich und unter meinen Klamotten bildete sich eine Gänsehaut, obwohl mir warm war.

Sein Buch hatte er fest umklammert und mit einem nicht deutenden Blick auf mir blieb ich vor ihm stehen. Die Blond gefärbten Haare wehten durch den leichten Wind.

"Kostas?" Er nickte. Kein Wort.
Nur eine einzelne Geste.

Schluckend schaute ich mich nochmal um und bemerkte das wir, außer ein paar Ausnahmen die einzigen hier waren.
Mein Blick galt wieder dem Jungen welcher mich immer noch misstrauisch musterte.

"Hast du heute möglicherweise Zeit? Also. Ich würde dich echt gerne k-" "Marik, hör auf." Seine Stimme.
Gott! So kalt, so klar, so toll...

"W-was?"

"Du verstehst mich nicht hab ich recht? Lass. mich. in. Ruhe. Ich habe keine Interesse! Bitte lass es einfach." Seine Stimme war so fordernd und dennoch kurz vor dem zerbrechen, wie Glas.

Ich nickte. Ein kleines, wirklich nur kleines Lächeln schlich sich auf seine Lippen und seine Augen wurden glasig, ehe er sich umdrehte und ging. Ließ mich alleine in der Kälte stehen, doch war dies gar nichts gegen die Wärme welche sich in mir ausbreitete.

So seltsam es sich auch anhörte, aber ich war in gewisser Art und Weise glücklich.
Zwar nicht wegen der Abfuhr, aber er hatte noch nie ein Wort mit mir gewechselt. Hatte mir nie was anderes, als ein Nicken oder Kopfschütteln gezeigt und vor allem nicht dieses Lächeln. Gott! Für dieses Lächeln würde ich sterbe!
Es war so, so echt. Nicht das, was er oder sonst viele der Menschen von sich gaben.

Vorsichtig trat ich dann doch meinen Heimweg an.
Hatte meinen Blick immer auf Kostas liegen, welcher sich selten und doch oft zu mir umdrehte. Jedes mal, wenn er mich sah, umspielte ein kleines lächeln seine Lippen, so als ob er erleichtert wäre, dass ich in der Nähe war.

Warum war er so froh das ich hier war, in seiner Nähe obwohl er wollte, dass ich ihn in Ruhe lasse?
Wieso war er auf einmal so gebrochen?

So wie Eis, welches langsam, aber sicher schmolz..

•Kostory• Frozen HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt