Kapitel 14

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Am nächsten Tag wachte ich auf und fühlte mich überhaupt nicht gut, ich war erschöpft von gestern, meine Augen brannten und mein Herz schmerzte. Ich hatte keine Lust mehr aufs Leben.

Mein Handy war bis jetzt immer noch ausgeschaltet und ich hatte nicht vor es die nächste Zeit anzuschalten.

Stundenlang blieb ich einfach im Bett liegen und machte gar nichts. Wieder war ich allein, wieder bin ich in Teufelskreis verfangen. Wieder ohne Ziele. Dieses Mal war ich ganz allein, jetzt war auch Samira gegangen..

Als das Haustelefon klingelte, hatte ich nach Stunden einen Grund aufzustehen. Amir hat meine Haustelefon Nummer nicht, er kann es nicht sein..

Als ich sah dass es mein Hausarzt war, ging ich verwirrt dran. Er hatte mich noch nie angerufen..

„Ich rufe wegen deinem letzten Besuch an, deine Blutwerte sind nicht so gut" erklärte er nach der kurzen Begrüßung

„Was genau meinen Sie?"

„Deine Leukozyten sind bei 20.000. Der Normalwert liegt zwischen 3.000 und 10.000 Leukozyten. Ich bitte dich möglichst schnell eine hämatologisch-onkologischer Arztpraxis aufsuchen" sagte er und ich bekam schiss, das waren alles Fremdwörter

„Könnten Sie mir einen empfehlen, ich kennen keinen"

„Hast du einen Blatt und einen Stift? Ich kann dir direkt eine Nummer geben"

„Kleinen Moment" sagte ich und besorgte mir schnell was zu schreiben. Er diktierte mir die Nummer und ich bedankte mich. Dann legten wir auf und ich rief direkt bei der Nummer an. Ich sagte das was mir mein Arzt sagte und bekam direkt einen Termin in ein paar Stunden.

Ich packte meine Handtasche und machte mich fertig. Ich versuchte mich so hinzurichten, dass ihn nicht direkt mit einem Toten verwechselt werde. Ich lud auch mein Handy auf, aber schaltete es nicht an

Als ich ankam musste ich nicht lang warten, mir wurde Blut abgenommen damit sie ein Blutbild erstellen können.

„Du kannst im Wartezimmer Platz nehmen, es wird jetzt ein wenig dauern" sagte er und ich nickte. Ich las gefühlt jede Zeitschrift die da lag bis ich nach 40 Minuten endlich aufgerufen worden bin. Ich war sowieso zu nichts motiviert und zuhause hätte ich mich in meinen 4 Wänden gehen lassen, von daher fand ich diese ewige Wartezeit nicht als so schlimm

„Deine Leukozyten sind wieder gestiegen, leider gehört dieses Zeichen zu den Symptomen des Blutkrebs Leukämie" formulierte er vorsichtig und meine Welt blieb kurz stehen. Wahrscheinlich würde ich käseweiß, es fühlte sich an als würde mein Blut eingefroren sein und mein Herz nicht mehr schlagen

„Es muss nicht unbedingt sein dass du wirklich Leukämie hast, aber wenn, sollten wir anfangen es direkt zu behandeln. Es bestehen überlebungschancen wenn man früh genug anfängt. Geh am besten nach Hause und pack dir ein paar Sachen, dann würden wir dich ins Krankenhaus einliefern, um sicher zu gehen ob du wirklich an Leukämie leidest oder es ein Fehlalarm war" sprach er mir Mut zu und ich nickte.

Ich war überfordert. Leukämie? Von jetzt auf gleich war ich Todeskrank und allein. Von jetzt auf gleich stürzte meine ganze Welt zusammen. Gerade als ich dachte es geht nicht schlimmer, wurde noch ein drauf gelegt. Gestern war alles noch heil und ich war glücklich, so schnell hatte sich mein Leben noch nie gewendet und ich war auch noch allein in dieser Zeit. Vielleicht sollte es so sein.. vielleicht sollten die Menschen mich alle verlassen, damit ich niemanden verlassen muss. Damit man mich nach meinem Tod nicht vermisst..

Genau so wie der Arzt es wollte fuhr ich nach Hause, packte mein Koffer mit den wichtigsten Sachen und fuhr dann zur neue Adresse die ich bekam. Dort wurde ich schon erwartet und direkt in die Onkologie in den 3. Stock geschickt, noch mehr Fremdwörter.. Ich bekam ein Zimmer, was wohl heißen sollte dass ich länger bleibe. Erschöpft vom Leben atmete ich laut aus

Lange musste ich nicht warten bis Ärzte kamen und redeten mit mir über eine Knochenmarkspunktion, die gemacht werden musste. Er erklärte mir dass er durch eine spritze Knochenmark entnehmen wird, damit sie eine Diagnose erstellen können. Dann sprach er mit mir über Allergien die ich hatte oder Medikamente die ich einnehme, auf mich traf keins von beiden ein. Ich unterschrieb sämtliche Zettel und schon begann die Knochenmark Entnahme. Es tat höllisch weh, aber nicht so sehr, wie meine Seele schmerzte..

Als es endlich zu Ende war, sollte ich wieder ein paar Stunden warten bis die Diagnose fertig ist. Ich möchte endlich Sicherheit haben, habe ich Krebs oder nicht, werde ich sterben oder nicht?

Dieses Mal hatte ich nichts anderes zu tun, also nahm ich mein Handy und wagte mich es anzuschalten. Tausende von Nachrichten überfielen mich. Alle von Amir und eine von Samira. Amir hatte mich tausend mal angerufen und mich auf Insta WhatsApp und per SMS voll gespamt. „Es tut mir leid" stand in jeder Nachricht

„Amila es tut mir so unendlich leid, ich hab idiotisch gehandelt, du hattest recht, ich hätte nicht urteilen dürfen, Es tut mir so leid, ich hatte kein Recht dazu so auszurasten, ich hätte dich lieber ruhig fragen voll und verständnisvoller mit dir umgehen sollen! Das Bild vor meinen Augen wie du wegen mir weinst zerbricht mir mein Herz. Lass uns bitte wieder vertragen, du bist mir zu wichtig um dich gehen zu lassen. Können wir uns bitte treffen, ich möchte mich persönlich bei dir entschuldigen.. ich war dumm, ich möchte nicht dass meine Dummheit unser Ende ist. Ich war eifersüchtig und deswegen gereizt, ich will dich nur für mich allein haben, ich will dich mit niemanden teilen. Ich hatte Angst dass du mich verlässt und ich hatte das Gefühl dass du dich distanzierst weil du nicht offen mit mir über deine Familie gesprochen hattest, aber das will ich gar nicht mehr. Erzähl nur das was du willst. Wenn du etwas erzählen möchtest, dann bin ich immer für dich da, und wenn du nicht bereit dafür bist, zeige ich Verständnis und warte. Lass uns bitte wieder vertragen. Können wir uns bitte noch mal treffen, ich möchte mich persönlich entschuldigen.." las ich seine letzte Nachricht auf WhatsApp und ich musste weinen.

Ich liebe diesen Typen einfach so sehr, ich wäre auch beim aller ersten „Es tut mir leid" zurück gerannt, stattdessen gibt er sich so viel Mühe.. ich ertrage es nicht, wie süß ist er bitte. Ich liebe ihn zu sehr um ihn zu verletzten. Ich denke ein Streit wäre besser, für den Fall dass ich sterbe. Ich muss stark sein und darf nicht schwach werden. Ich darf keinen neuen Kontakt aufbauen, es würde uns beiden leid bereiten..

Ich wischte meine Tränen weg und dachte nach. Wie breche ich am besten den Kontakt ab ohne dass wir in Streit auseinander gehen..

Zuerst schrieb ich Samira dass es mir gut geht und ich versuche nicht als so viel zu weinen und dass ich mich wohl daran gewöhnen muss. Dann wünschte ich ihr eine schöne Ehe und ein schönes Leben.

„Mir tut es leid, ich hätte es dir vorher erzählen sollen. Ich hab keine Zeit, deine Entschuldigung nehme ich aber an. Du bist mir auch viel zu wichtig, lass uns nicht länger streiten" schrieb ich Amir und nahm dann meine SIM- Karte raus. Als nächstes kündigte ich meinen Job und deaktivierte auch insta sowie alle anderen sozialen Netzwerke. Jetzt war ich nicht mehr erreichbar

Ich lehnte mich zurück und versuchte nicht wieder loszuheulen. Die Trennung von Amir fiel mir schwer

Als der Arzt nach fast zwei Stunden rein kam rechnete ich mit dem schlimmsten damit ich kein Schlag in die Freese bekam und wie nicht anders erwartet, brachte er keine gute Nachrichten

„Die Diagnose zeigte dass du leider an akute myeloische Leukämie leidest. Viele überleben es dank der Chemotherapie, leider gibt es aber auch einige die es leider nicht schaffen. Du kannst es auch schaffen, du musst nur an dich glauben" versuchte er mich zu motivieren aber ich war weder schockiert noch motiviert

„Lass uns am besten direkt mit der ersten Chemotherapie anfangen" sagte er und klärte mich kurz auf über Nebenwirkungen, Risiken und Chancen, darüber, dass ich mit Sicherheit meine Haare verlieren würde und mit großer Wahrscheinlichkeit keine Kinder mehr würde bekommen können. Ich hatte eh nichts mehr zu verlieren und realisierte das ganze noch garnicht weshalb ich keine große Emotionen zeigte und einwilligte.

Die erste Chemotherapie begann und zuerst bekam ich Braunüle,es ist ein Medikament gegen Nebenwirkungen der Chemotherapie. Anschließend bekam ich die Chemotherapie selber.

Geschlafen habe ich nicht viel in dieser ersten Nacht. Ich hatte Schmerzen von der Knochenmarkspunktion und in der Hand, wo die Braunüle gesetzt worden war. Irgendwann in der Nacht habe ich dann aufgegeben und blieb wach. Ich schaute auf mein Armband von Amir und dachte die ganze Nacht an ihn. Ich vermisse ihn jetzt schon, wie soll ich ihn gehen lassen..

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