Kapitel 21

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Ich musste am nächsten und übernächsten Tag wieder zur Kontrolle, aber diesmal nur in die Ambulanz. Dort ist es immer die gleiche Prozedur. Man kommt hin, meldet sich an, geht zum Blutabnehmen und wartet anschließend ungefähr 1,5 bis 4 Stunden, bis der Arzt einen zu sich ruft. Dann wird das Blutbild angeschaut, alles Mögliche untersucht und besprochen, bis man anschließend wieder nach Hause darf. Amir hat mich immer bis zum Ende mit begleitet

Nach einem Monat wuchsen meine Haare langsam wieder. Ich konnte einige Monate nicht richtig schreiben, da meine Hände vom Cyclosporin so zitterten. Das war vor allem dann lustig, wenn ich zur Krankengymnastik ging und dort unterschreiben musste, dass ich die Behandlung erhalten hatte. Das Gekrakel wurde aber mit der Zeit auch wieder besser. Essen und zunehmen wird auch langsam besser.

Beim Aufstehen morgens und auch vom Sofa wurde mir regelmäßig schwindelig. Es ist ein ganz spezielles Gefühl, wenn man aufsteht und beinahe ohnmächtig wird. Viel intensiver als die normale Schwärze beim zu schnellen aufstehen. Wenn man merkt, dass es schwarz wird und die Beine gleich nachgeben und danach dann ein ganz seltsames Kribbeln am ganzen Körper hat, das ist nicht gerade praktisch. Ich fiel öfter einfach um, weil ich ohnmächtig wurde und habe es mir dann sogar angewöhnt, nachts zu krabbeln, wenn ich auf die Toilette musste. Zum Glück waren immer Riad oder Amir in meiner Nähe. Manchmal hab ich auch bei Amir übernachtet wenn Riad mal übers Wochenende weg musste. Alles was ich damals verändert hatte, blieb noch genau so. Sogar der Kuss am Spiegel war noch da

Nach 4 weiteren Monaten bekam ich dann eine leichte Graft-vs-Host-Disease. Das äußerte sich bei mir zum Glück nur durch juckende Haut und einen leicht entzündeten Mund. Ich bekam Cortison und musste wieder mehr Cyclosporin nehmen, aber es war nur eine sehr leichte Reaktion, worüber ich sehr froh bin. Das gute an einer GvHD ist die eine GvL (Graft-vs-Leukemia). Dabei wenden sich die neuen Zellen gegen die verbliebenen kranken Zellen und zerstören sie. Deshalb kam ich auch um eine Lymphozytenspende meines Spenders herum, für die ich sonst drei weitere Male für einige Tage ins Krankenhaus hätte gehen müssen.

In den ersten Wochen und sogar Monaten tat sich irgendwie nicht viel. Mir ging es einfach schlecht und ich konnte mir nicht vorstellen, dass das alles wieder gut werden sollte. Aber das wurde es. Die Wege vom Parkplatz zum Krankenhaus konnte ich besser zurücklegen und durfte sogar mal Auto fahren, aber die beiden Jungs ließen mich sonst nicht. Ich fiel nicht mehr in Ohnmacht, konnte wieder schreiben, fror nicht mehr ganz so stark und war insgesamt wieder fitter. Das ist ein sehr schönes Gefühl, wenn man merkt, dass die Kräfte zurückkommen. In die Ambulanz musste ich zwar trotzdem noch regelmäßig jede Woche gehen, aber da ich so gute Fortschritte machte, war das in Ordnung. Nach ein paar Monaten war ich dann wieder ganz geheilt..

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