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Wir haben dann noch sehr lange geredet. Lange genug, dass ich Tommy in mein Herz geschlossen habe. Er gehört nicht an so einen schrecklichen Ort, wie das Labyrinth. Wir haben über alles mögliche gesprochen. Doch irgendwann ist er einfach mitten im Satz eingeschlafen. Er sah so friedlich aus, ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihm losreißen. Diesen Ausdruck sieht man nicht oft bei den Lichtern. Doch nach einiger Zeit wurde es kalt, also bin ich zu meiner Hängematte gegangen, habe mir meine Decke genommen und bin wieder zurück zu Tommy in den Wald gehumpelt. Meinem Bein geht es schon wieder besser. Bei ihm angekommen, habe ich mich ganz dicht neben ihn gesetzt, damit wir beide unter die Decke passen. Dann hat er zufrieden geseufzt und seinen Kopf auf meine Schulter gelegt. Jetzt sitze ich hier neben ihm und kann nicht schlafen. Wie denn auch? Diese Position ist so was von unbequem, aber wenn ich mich jetzt anders hinsetze wecke ich doch Tommy auf. Ich stöhne einmal auf.

Der Tag morgen wird anstrengend, sehr anstrengend und eigentlich brauche ich den Schlaf jetzt auch. Vorsichtig hebe ich seinen Kopf hoch und lege meinen auf seinen Schoß, so dass er sich auf meinen Rücken legen kann. Viel besser. Kaum schließe ich meine Augen, schon übermannt mich der Schlaf. Ich merke nur noch, wie sich die Person neben mir weiter an mich rankuschelt.

Ich weiß nicht, ob ich durch das laute Stein-auf-Stein Geräusch oder durch die Vibration der Mauer wach werde. Jedenfalls werde ich wach. Sofort werde ich mir meiner Lage bewusst und versuche mich vorsichtig von Thomas zu entfernen, allerdings sitzen, oder eher liegen, wir so miteinander verschlungen an der Mauer, dass er definitiv aufgewacht wäre, hätte ich weiter versucht mich zu befreien. Also gebe ich es nach einiger Zeit auf. Außerdem ist es viel zu gemütlich, um aufzustehen. Plötzlich regt sich die Person neben, oder eher unter, mir. Da mir die Situation gerade viel zu peinlich ist, tue ich so, als ob ich noch schlafen würde. Tommy gähnt einmal, dann seufzt er und murmelt irgendwas, was ich nicht verstehe. Was er jetzt wohl denkt? Ich merke, wie er mir eine Strähne aus dem Gesicht streicht und wie er mich anblickt. Ich fühle mich beobachtet. Ich hasse dieses Gefühl, also stöhne ich einmal auf, um anzuzeigen, dass ich gleich aufwache. Sofort nimmt Tommy seine Hand aus meinem Gesicht. Ich tue so als ob ich aufwachen würde. Das erste was ich sehe sind seine Augen. Ein tiefes Braun in welchem ich mich verliere. Ihm scheint es ähnlich zu gehen. Es ist wie beim ersten Mal. Naja fast, dieses Mal werden wir von nur einer Person unterbrochen, von Minho.

„Guten Morgen ihr Turteltauben. Wollte mich nur kurz verabschieden.“ Er kratzt sich verlegen am Kinn. Wahrscheinlich ist es ihm gerade genauso unangenehm wie uns. Sofort springe ich von Tommys Schoß auf und laufe auf Minho zu. Dann wird er in eine Umarmung gezogen. Schnell flüsterte ich ihm noch: „Passt auf euch auf!“ ins Ohr. Dann lösen wir uns und ich drehe mich wieder zu Thomas. Er sieht Minho komisch an, doch als er meinen fragenden Blick bemerkt, schüttelt er nur kaum merklich den Kopf und lächelt mich an. Dann fällt es mir auf. Thomas kennt Minho wahrscheinlich gar nicht. „Äh Tommy, das ist Minho, mein bester Freund und der Hüter der Läufer.“ Ich zeige auf ihn. „Dein Bruder und persönlicher Held wenn ich bitten darf!“, kommt es von dem Läufer. Ich fange an zu lächeln. „Ja, das auch. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich schon tot.“ Klonk! Warum musste ich das jetzt sagen? Vorsichtig sehe ich zu Minho. Sein Lächeln ist verschwunden, er steht stocksteif vor uns. „Ich gehe jetzt besser. Bis nachher.“ Damit dreht er sich um und rennt in den Wald. Ich beiße mir schuldbewusst auf die Lippe und hebe meine Decke vom Boden auf. „Wir sollten jetzt auch gehen.“ Ich drehe mich um und laufe Minho hinterher. Ich sprinte, so  schnell es mit meinem Bein und den tiefhängenden Ästen geht, meinem Bruder nach. Ich muss nochmal mit ihm reden, ihm sagen, dass alles in Ordnung ist. Seit meinem ‚Unfall‘ brauchte er das. Manchmal sehe ich ihn alleine am Rand der Lichtung sitzen. Dann gehe ich zu ihm und setze mich dazu. Reden tun wir dann nicht. Seine Augen glänzen, ich drücke seine Hand. Was habe ich ihm nur angetan? Was ist aus diesem starken Menschen geworden? Was bin ich nur für ein schlechter Mensch?

Als ich aus dem Wald gestolpert komme, sehe ich, wie Minho und Alby losrennen wollen. Mit meiner gesamten Kraft rufe ich über die ganze Lichtung: „MINHO! WARTE!“ Alle glotzen mich an, das ist mir allerdings relativ egal, da die beiden sich umgedreht haben. Ich renne auf sie zu und falle meinem besten Freund noch mal um den Hals. „Es tut mir leid“, flüstere ich ihm ins Ohr, dann löse ich mich von ihm. „Wir müssen los, sind schon spät dran“, kommt es von Alby. „Jaja, viel Erfolg und kommt beide zurück.“ Damit drehe ich mich wieder um und steuere aufs Gehöft zu um mir noch etwas vom Frühstück zusichern.

„Hallo großer Anführer. Ich habe Sie schon erwartet“, damit stellt Bratpfanne mir einen Teller mit belegten Broten vor die Nase und grinst mich an. „Ähm Hey Pfanne! Mich freut es auch dich zu sehen. Gut geschlafen?“ „Ja, aber Gally hat die ganze Zeit geschnarcht!“ Minho meinte, dass ich mich von Gally fern halten sollte und mich an Thomas wenden soll. Wo sind die beiden eigentlich? Ich soll mich doch um Tommy kümmern. Ich gebe mir einen imaginären Facepalm. Was bin ich nur für ein guter Anführer. Plötzlich fängt mein Bauch an zugrummeln. Ich schnappe mir den Teller und setze mich etwas entfernt allein an einen Tisch.

Nach einiger Zeit merke ich, wie sich jemand neben mich setzt. Tommy. „Dachte schon, ich finde dich gar nicht mehr. Was war denn los? Warum seid ihr plötzlich beide abgehauen? Und warum war dieser Minho auf einmal so komisch?“ Ich schlinge noch schnell den letzten Bissen meiner Brotscheibe hinunter. Den Rest schiebe ich rüber zu Thomas. Er hat sicher noch nicht gegessen. „Ist egal. Hier iss. Ich soll dich heute rumführen und dir die verschiedenen Jobs erklären, also beeil dich!“ Kaum bin ich fertig mit reden, hat er auch schon die erste Brotscheibe verputzt.

Das mache ich oft so. Jeder bekommt eigentlich drei Scheiben Brot und einen Apfel. Meistens esse ich höchstens den Apfel und eine Scheibe, den Rest gebe ich dann andere Lichter ab. In letzter Zeit muss ich allerdings vorsichtiger sein, dass Minho das nicht mitbekommt. Er ist der Meinung, dass ich viel zu wenig esse und viel zu leicht bin. Clint auch. Jeff auch. Vielleicht sollte ich wirklich mehr essen. NEIN! Das kann ich mir nicht erlauben. Die anderen Lichter brauchen das Essen viel mehr als ich.

„So kann losgehen!“, sagt Tommy schmatzend. Dann schluckt er auch den letzten Bissen hinunter. Wir stehen beide auf und ich bringe meinen Teller zurück zu Bratpfanne.
Plötzlich merke ich, wie jemand auf meine Schulter tippt. Sofort drehe ich mich um. Es ist Chuck. Seit dem Tag des ‚Unfalls‘ haben wir nicht mehr geredet und er ist mir aus dem Weg gegangen. Kann man ihm nicht verübeln. „Wir müssen reden.“ Ich nicke kurz. „Ist gerade schlecht. Aber nach Sonnenuntergang auf unser- beim Felsen?“ Beinahe hätte ich unser Platz gesagt. So nannten wir den Felsen bevor wir gestritten haben, weil wir uns dort immer getroffen und ich ihn beruhigt und ihm Hoffnung gemacht habe. Diese Zeit scheint so unglaublich lange zurück zuliegen, dass es mir schon fast fremd vorkommt, so darüber nachzudenken.

Ich drehe mich, ohne eine Verabschiedung an Chuck, wieder zu Tommy um. „Los geht’s!“

I'm back!
Ja, also ich war im Urlaub und hatte kein Wlan, deshalb kam so lange nichts. Aber deswegen gibt's morgen vielleicht auch schon den nächsten Teil. :D
Feedback würde mich wie immer freuen. Bis bald!






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