Kapitel 20: Traurige Gewissheit

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Hermine traute sich nicht, sich zu bewegen. Sie saß immer noch neben Ron auf der Bank und fühlte sich plötzlich unwohl alleine mit ihm, so weit weg von den anderen. Dann passierte alles ganz schnell. Ron sprang auf und packte Hermine an den Schultern. Er schleuderte sie mit dem Rücken gegen einen Baum und drückte sie dagegen, sodass Hermine kurz auf keuchte vor Überraschung und Schmerzen. Sie hatte noch nie in ihrem Leben so einen Ausdruck in Rons Blick gesehen. Seine Augen funkelten vor Hass und Abscheu. Immernoch gegen den Baum gepresst, versuchte Hermine etwas zu sagen, doch durch den starken Aufprall waren ihre Lungen wie leer. Sie bekam Panik.

In ihren Ohren klingelte es und sie sah, dass Ron seine Lippen bewegte und irgendwas sagte, aber sie hörte nichts. Ihr Blick verschwamm und ihre Beine gaben nach und hätte Ron sie nicht immer noch gegen den Baum gedrückt, wäre sie wohl in sich zusammengebrochen. Alles spielte sich in Zeitlupe ab. Ron schüttelte Hermine heftig an den Schultern, als hoffte er, sie wieder zur Vernunft zu kriegen. Sie hatte Angst vor ihm und wollte einfach nur weg. Tränen liefen ihr über die Wangen, doch das realisierte sie nicht. Ihr Blick ging starr geradeaus, sie sah wie Ron immer noch auf sie einredete. Sein Gesicht war rot angelaufen vor Wut und er schien sich immer weiter in Rage zu reden und dann passierte es. Hermine sah noch, wie seine Hand auf sie zuflog und dann wurde alles schwarz.

Sie fiel in ein tiefes, schwarzes Loch. Ron hatte sie geschlagen. Ihr bester Freund, ihr Bruder hatte sie geschlagen. Mit dieser traurigen Gewissheit verlor sie das Bewusstsein.



Dracos PoV:

Es war schon spät und von Hermine fehlte immer noch jede Spur. Sie hatten doch ausgemacht, dass sie ihn abholen würde. Hatte sie etwa so viel getrunken, dass sie nicht mehr in der Lage war, zu apparieren? Oder hatte sie ihn einfach vergessen?

Er beschloss, lange genug gewartet zu haben und apparierte alleine zum Fuchsbau. Zum Glück war er schon mal dort gewesen. Bei dem Angriff der Todesser auf den Fuchsbau hatte sein Vater ihn mitgenommen. Es war keine schöne Erinnerung und schnell wanderten seine Gedanken wieder zu Hermine. 


Er marschierte auf direktem Wege zu dem schiefen Hausund erblickte schon das große Zelt daneben. Die Musik wurde lauter und je näher er kam, desto mehr Leute traf er. Einige begrüßten ihn, zu seiner Überraschung, relativ freundlich, doch andere wiederum ignorierten ihn oder tuschelten hinter seinem Rücken. Es war ihm egal, er war es schließlich gewohnt.

Schnellen Schrittes lief er durch die feiernde Menge, auf der Suche nach Hermine, doch er konnte sie nirgendwo entdecken. Als er gedankenverloren seinen Blick über die Menschenmenge gleiten ließ, wurde er aus seiner Konzentration gerissen. „Da ist er ja, die bessere Hälfte von Hermine hat es doch noch zur Party geschafft." Draco drehte sich zu Harry um, der hinter ihm aufgetaucht war. Er hatte anscheinend schon das ein oder andere Glas leer getrunken, denn sonst würde er ihn wohl kaum so fröhlich begrüßen. „Ja. Hast du Hermine gesehen? Ich suche sie", erwiderte er knapp, ohne auf Harrys Bemerkung einzugehen.

Dieser ließ seinen Blick über die Menge schweifen, ebenso, wie es Draco zuvor auch getan hatte. Dann schüttelte er den Kopf und meinte: „Ich weiß es nicht, aber wir können Ginny mal fragen. Die hat immer einen Plan." Mit einem fetten Grinsen im Gesicht zog er Draco am Arm mit sich um ihn zu der Gastgeberin zu bringen. Nach kurzer Zeit und einigen verwirrten Blicken der anderen, die wohl daran lagen, dass Harry ihn immer noch hinter sich her zog, fanden sie schließlich die rothaarige Hexe.

Harry zog sie in einen innigen Kuss und Draco, dem die Situation sehr unangenehm war, räusperte sich kurz um wieder die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „'tschuldige, ich war kurz abgelenkt", erklärte sich Harry, dessen Grinsen immer noch breit in seinem Gesicht zu sehen war.

„Hey, Draco. Schön das du da bist", begrüßte Ginny den ehemaligen Slytherin und verwickelte ihn in eine schwungvolle Umarmung. Damit hatte er nicht gerechnet.

Als Ginny sich wieder von ihm löste und einen Schritt zurück trat, ergriff Harry wieder das Wort. „Ginny, unser kleiner Freund hier sucht die liebe Hermine. Hast du sie gesehen?", fragte er und Draco verzog bei dieser Umschreibung das Gesicht. Ginny dachte einen Moment nach. „Ich meine sie gesehen zu haben, wie sie mit Ron in Richtung Waldrand gegangen ist", sagte sie und deutete in die genannte Richtung. „Aber Ron kam mir eben doch im Zelt entgegen", erwiderte Harry, doch Draco hörte ihm nicht zu und eilte schnell in die angegebene Richtung. Er hatte plötzlich ein ungutes Bauchgefühl.

Sobald er das Festzelt hinter sich gelassen hatte, lief er so schnell er konnte auf den Waldrand zu. Es war dunkel und er musste aufpassen, nicht über einen Stein zu stolpern.

In der Dunkelheit erblickte er die Umrisse einer alten Bank, die dort wohl schon einige Jahre stand. Er verlangsamte seine Schritte und zog seinen Zauberstab.

Das kalte, blaue Licht aus der Spitze seines Stabes erhellte nur einen kleinen Umkreis und er machte sich auf die Suche nach seiner Freundin. Er war schon einige Meter in den Wald hinein gegangen, als er hinter sich ein Geräusch hörte. Schnell drehte er sich um doch er konnte niemanden erkennen. Gerade, als er seinen Zauberstab wieder nach vorne richten wollte, erleuchtete der Lichtschein etwas Rotes am Boden, nahe eines Baumes am Waldrand. Schnell lief er darauf zu und ihm stockte der Atem.

Hermine lag dort, neben dem Baum am Boden. Ihr Gesicht war blutüberströmt und ihr Kleid war zerrissen.

Als Draco sich aus seiner Schockstarre gelöst hatte, kniete er sich neben sie und strich ihr vorsichtig über die Wange. Sie atmete, zwar schwach, aber sie atmete noch. „Was ist mit dir passiert? Wer hat dir das angetan?", seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Er legte einen Arm unter ihre Knie, den anderen hielt er stützend unter ihren Rücken. Mit ihr auf dem Arm lief er so schnell er konnte zurück zum Haus der Weasleys. Zum Glück waren Ginny und Harry gerade vor dem Zelt und sahen ihn auf sich zu kommen. In ihren Gesichtern stand der Schock. Harry war der erste, der ein paar Wörter zustande brachte, als Draco nun vor den beiden stand. „Was ist passiert?", fragte er und seine Stimme war wegen des Schocks zittrig. „Oh Gott, Hermine", hauchte Ginny bloß und hielt sich die Hand vor den Mund.

„Ich werde sie zum St.Mungo Hospital bringen. Dort können die Heiler ihr helfen", berichtete Draco und war auch schon im nächsten Moment appariert. Ginny und Harry sahen sich einen Moment an, ehe Ginny schnell nach drinnen eilte und ihrer Mutter Bescheid gab. Nach nicht mal einer Minute war sie wieder da und die beiden apparierten ebenfalls direkt zum Krankenhaus.

So etwas wie Freunde. - DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt