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Cecilia war auf Station unterwegs, als sie einen Anruf mit unbekannter Nummer auf ihrem iPhone erhielt.
„Ich weiß, was du getan hast", sagte eine ihr unbekannte männliche Stimme, nachdem Cecilia das Gespräch angenommen hatte.
„Was? Wer ist da? Was soll ich getan haben?", fragte sie aufgeregt.
Doch statt einer Antwort, legte der Unbekannte auf.
„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken", sagte Christian, der Doktor auf der Station.
Er hatte sie von hinten an der Schulter berührt, und sie war mit einem erschrockenen Quietschen zusammengefahren.
„Ich war so in Gedanken. Du hast mich erschreckt", sagte Cecilia und Christian fing an zu lachen. „Nicht witzig, Dr. Model", sagte sie und ließ ihr Handy in ihre Kitteltasche gleiten.
Christian sah sie gespielt böse an. „Ich bin kein Model", wehrte er ab und stand schon wieder vor dem Spiegel.
„Entschuldigung, Dr. Eitel", lachte sie und sah auf ihr Handy, als ein Ton ihr eine Mail ankündigte.
Doch im nächsten Moment verging ihr das Lachen wieder. Eine E-Mail mit der Betreffzeile „Krankenhaus" erschien auf ihrem Display, und als sie die Post öffnete, sprangen ihr die Worte „Ich weiß, dass du Letizia getötet hast" entgegen.
Sie versuchte sich an eine Letizia zu erinnern, doch musste sie ihre Überlegungen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, da in diesem Moment ein Notfall hereinkam.

Cecilia saß am Computer auf Station und tippte den Namen Letizia in die Datenbank des Krankenhauses ein, in der Hoffnung dort einen Hinweis auf ihren Anrufer zu finden. Doch auf ihrer Station gab es keine Frau mit diesem Namen. Und da sie keine Autorität für die übrigen Stationen besaß, war jede weitere Suche am Computer überflüssig.
- Du alleine hast sie getötet. – Eine erneute E-Mail, dessen Absender sich „Letizia04" nannte.
Da Cecilia nicht weiter wusste, beschloss sie zu ihrem Vater zu gehen.

Arvid, Cecilias Vater, freute sich immer wieder aufs Neue, wenn seine Tochter zu ihm kam.
Unter den begleitenden Pfiffen der Jungs in der Rock Bar, ging Cecilia auf ihren Vater zu, der am Tresen saß.
Nur einer zeigte keinerlei Interesse an ihr, und das war Marten, mit dem sie schon oft genug Stress gehabt hatte. Cecilia war jemand, der schnell aus der Haut fuhr, wenn ihr jemand blöd kam, und Marten war Profi darin, sie zu provozieren.
Aufgelöst erklärte Cecilia ihrem Vater was los war. „Ich bekomme seit Tagen Anrufe und E-Mails. Das steht da drin." Sie zeigt ihm die Nachrichten.
„Kennst du eine Letizia?", wollte Arvid wissen und reichte ihr Handy an Oliver weiter, um den sich sofort ein kleine Traube bildete. Jeder wollte wissen, was die Tochter ihres Bosses derart in Panik versetzte.
„Nein. Ich war fast vier Monate außer Gefecht gesetzt, wie du weißt. Das ist erst meine dritte Arbeitswoche", erinnerte Cecilia ihn und fasste sich an die gerade erst verheilte Schulter.
„Ist alles in Ordnung?", erkundigte sich ihr Vater sofort. Cecilia nickte nur. „Okay, wir kümmern uns drum."
Cecilia nickte wieder. „Aber, Daddy, bitte friedlich regeln!"
Er lachte. „Aber natürlich, meine Prinzessin."
Marten verdrehte die Augen, er konnte nicht verstehen, warum Cecilia so eine Welle machte. Dass sie niemanden getötet hatte, stand wohl für alle außer Frage. Und nun drehte sich mal wieder die ganze Welt nur um sie.
Oliver bemerkte seinen Unmut und stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen.
„Was denn? Wer würde sich schon an der Tochter des Bosses vergreifen?", zischte er leise, damit Arvid ihn nicht hören konnte. „Der Prinzessin", spottete er.

Einige Tage später erhielt Cecilia wieder einen Anruf. „Daddy kann dir da auch nicht helfen. Du wirst sterben Black. STERBEN!", brüllte die männliche Stimme und legte auf.
Aufgewühlt wählte sie Olivers Nummer. „Hilf mir", war alles, was sie hervorbringen konnte, ehe sie zusammenbrach.
Oliver kam sofort mit Marten im Schlepptau zum Krankenhaus. Marten verstand nicht, warum sie immer Oliver anrief. „Warum ruft sie dich immer an?", fragte Marten und Oliver sah ihm ins Gesicht.
„Ich kenne Cece seitdem sie geboren wurde, okay?"
„Was soll das heißen?"
„Ich bin das Einzige, was ihr von Jolie geblieben ist."
„Von deiner Schwester?"
„Ja. Ich bin ihr Onkel. Jolie ist sehr jung Mutter geworden; was meinst du warum Arvid Cecilia so liebt? Sie ist das Beste, was ihm je passiert ist."
Marten nickte. „Und was ist das, was ihr alle an ihr so toll findet?"
„Alter, sie ist doch hübsch!"
„Nicht mein Typ", sagte Marten. „Zu verweichlicht", fügte er hinzu und bekam eins in die Seite.
„Ihr beide wärt aber ein süßes Paar."
„Wären wir nicht."
„Oh, doch! Was sich neckt, das liebt sich auch."
„Verpiss dich, Bruder", lachte Marten und schubste ihn freundschaftlich von sich.
Oliver öffnete die Tür zum Ruheraum für die Schwestern.
Cecilia sprang vom Bett auf. „Oliver!", rief sie weinend und warf sich in seine Arme.
Ein grunzender Laut ließ Oliver sich mit Cecilia im Arm herumdrehen. Marten konnte sich ein schadenfreudiges Grinsen nicht verkneifen. Sofort bekam er erneut von Oliver eins in die Rippen.
„Was ist passiert?" Oliver schob seine Nichte etwas von sich.
„Er weiß, dass ich Daddy damit reingezogen habe. Oli, was tue ich denn jetzt? Er sagte mir, dass ich sterben werde", schluchzte sie aufgelöst, und Martens Grinsen erstarb nun endgültig.
Oliver sah ihm ins Gesicht und schloss kurz die Augen. „Du brauchst Personenschutz", beschloss Oliver. „Komm, ich bring dich zu Arvid."
Marten zog die Augenbrauen hoch und sah ihnen verwirrt nach.

Angekommen in der Rock Bar, dem Treffpunkt der Devils of Pain, der DoP, erfuhr Cecilia, dass ihr Vater nun auch ähnliche E-Mails von „Letizia04" erhalten hatte. - Wie würdest du es finden, wenn dein eigen Fleisch und Blut stirbt? - oder - Deine Tochter wäre eine tolle Trophäe. Ihr Tod würde mir gefallen. - , waren nur zwei Beispiele der Drohungen, die Arvid erhalten hatte.
Alle DoP's waren versammelt und sahen ihren Boss gespannt an.
„Meine Tochter erhält seit Tagen Morddrohungen...", wandte sich Arvid an seine Jungs.
„Als würde das jemanden interessieren", flüsterte Marten und sah wie Cecilia ihm einen bösen Blick zu warf.
„...Cecilia hat Angst, dass ihr etwas passieren könnte. Also möchte ich, dass jemand von euch sie 24/7 beschützt", beendete Arvid seinen Satz und bemerkte, dass Cecilia fast vor Wut platzte.
„Halt endlich deine verfluchte Fresse, Q.!", schoss es vor versammelter Mannschaft aus ihr heraus.
„Warum ich?", grinste Marten. „Du hältst mal schön deinen Zaubermund."
„Oh, Q., wenn ich könnte, würde ich dir alles quer in den Rachen schieben."
„Wovor fürchtest du dich? Du bist Blacks Tochter. Sie haben doch sowieso alle Angst vor ihm", erwiderte Marten, ganz die Ruhe selbst. „Und außerdem interessiert es sowieso keinen, was mit dir passiert."
Arvid sah fragend in die Runde. Die Tatsache, dass alle zu Boden sahen, bestätigte Marten in seinen Worten.
„Siehst du, keiner mag dich."
„Ich hasse dich, Q."
„Oh, ich hasse dich..."
„SCHLUSS JETZT!", brüllte Arvid, entschlossen, dem Streit ein Ende zu bereiten. „Mich interessiert es, was mit meiner Tochter passiert", wies er Marten zurecht. „Und deshalb wirst du, Q., 24/7 auf Cecilia aufpassen."
„Nee, ganz sicher nicht."
„Daddy, nein."
„DOCH!", bellte er die beiden an.
„Klasse", zischte Marten, „alles nur deine Schuld!"
Meine Schuld? Du bist doch hier der behinderte Affe."
Er zog die Augenbrauen hoch. „Und was bist du? Der Elefant vom Dienst?"
Das tat weh. Da Marten sich für gewöhnlich nur mit Bohnenstangen traf, bezog Cecilia seine Worte auf ihre weibliche Figur. „Du Wichser." Wütend kehrte sie ihm den Rücken und ging.
„MARTEN!", hallte Arvids tiefe Stimme durch die Bar.
Genervt wandte Marten sich an seinen Boss. „Was?"
„Du sollst auf sie aufpassen." Arvid deutete mit dem Kinn Richtung Ausgang.
„Warum eigentlich ausgerechnet ich? Du weißt doch, dass wir wie Hund und Katze sind."
„Ganz einfach, weil du nun mal der Beste für diesen Job bist."
Marten stöhnte auf und folgte ihr. Auch wenn er sich geschmeichelt fühlte, war die Aussicht auf 24/7 mit Cecilia ihm ein Graus.
Sein neuer Schützling stand an seinem Auto und wartet auf ihn.
„Hast du dich beruhigt?"
Sie sah zu ihm auf. „Ich bin kein Elefant", stellte sie klar. „Und nun will ich nach Hause."
Marten verschränkte die Arme vor der breiten Brust. „Tja, da können wir leider nicht hin."
„Na, dann eben zu dir nach Hause", seufzte sie niedergeschlagen.
So kannte Marten sie gar nicht. Ihm fehlte ihre Schlagfertigkeit. „Du hast wirklich Angst."
„Witzig, Q.. Natürlich habe ich Angst." In diesem Moment klingelte Cecilias iPhone wieder mit unbekannter Nummer.
„Stell auf laut", verlangte Marten, und Cecilia nahm das Gespräch an.
„Oh, arme kleine Black! Hat sie also wirklich Angst vor mir? Ich schwöre dir, ich werde deinem Vater dasselbe antun, was du mir angetan hast. Du stirbst!"
Marten hatte genug gehört, nahm Cecilia das Handy aus der Hand und legte auf.

„Ich kenne den Typen wirklich nicht, Marten", versicherte sie, als sie auf seiner Couch saß und ihre Beine an sich zog. Sie beobachtete ihn, wie er nachdenklich in seinem Wohnzimmer umhertigerte.
Marten blieb stehen. „Okay. Schlaf ein wenig drüber, vielleicht fällt dir noch was zu Tod seines Kindes ein." Er verschwand kurz im Schlafzimmer und kam mit vollen Händen zurück. „Hier, ein T-Shirt, Decke und Kissen."
Cecilia nickte und nahm die Sachen an sich. „Wie kommst du darauf, dass es sich bei Letizia um ein Kind handelt?", wollte sie wissen und warf die Bettsachen auf die Couch.
„Nun, er will Arvid das antun, was ihm angetan wurde. Daraus schließe ich, dass er seine Tochter verloren hat."
„Kluges Köpfchen."
„Klar, darum wollte dein Vater ja auch mich für den Job", grinste Marten großspurig.
Cecilia machte ein würgendes Geräusch und er verließ lachend das Wohnzimmer.

Es war mitten in der Nacht, als Cecilia plötzlich anfing zu schreien.
Marten war sofort bei ihr und weckte sie. „Cecilia, sieh mich an."
Sie riss die Augen auf und sah in sein Gesicht.
„Alles ist gut", beruhigte er sie und nahm sie fest in die Arme. Auch wenn er diese Frau unerträglich fand, musste er für sie da sein. Arvid würde ihn umbringen, wenn seinem einzigen Kind etwas zustoßen würde. Marten hob Cecilia auf seine Arme und brachte sie ins Schlafzimmer in sein Bett. Sanft legte er sie auf der linken Bettseite ab und sich daneben.
„Ich habe Angst", flüsterte sie und drehte sich von ihm weg.
„Ich bin ja da." Vorsichtig legte er eine Hand auf ihre Hüfte und schlief kurz darauf ein, als er ihre ruhigen Atemzüge hörte.

Hass & Liebe verbindetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt