7.1
Sie versteckt sich in einer dunklen, abgeschiedenen Ecke, bis sie ihre Gefühle wieder einigermaßen unter Kontrolle hat.
Dann steuert sie auf direktem Weg den nächsten Toilettenraum an und wäscht sich das Gesicht, um auch noch den letzten Rest von Simons Speichel von ihrer Haut zu entfernen. Das Gefühl, schmutzig zu sein, wird sie damit aber nicht los.
Kurz lässt sie es zu, dass sie die letzten Minuten noch einmal revue passieren lässt, doch bei dieser Erinnerung wird ihr so schlecht, dass sie die Bilder in die hinterste Ecke ihres Verstandes drängt. Und von dort werden sie hoffentlich nie wieder zurückkehren.
Entschlossen beißt sie die Zähne zusammen und betrachtet das Mädchen im Spiegel. So hilflos, wie sie sich heute gefühlt hat, will sie sich nie wieder fühlen, das ist ihr nun klar. Sie will den gehetzten Blick einer leichten Beute ein für alle Mal eliminieren. Und sie weiß auch schon, wie sie das anstellen wird.
Prima übt den ausdruckslosen Blick so lange im Spiegel, bis sie sicher ist, dass er echt wirkt und nicht im nächsten Moment zusammenzubrechen droht.
Als sie das Schulgebäude schließlich verlässt, wirkt sie, als wäre rein gar nichts geschehen. Nicht dass es irgendjemanden interessieren würde, denn der Schulparkplatz ist leer.
Seufzend schüttelt Prima den Kopf, ist aber keinesfalls verwundert, dass ihr Bruder ohne sie losgefahren ist. Sie kann sich schon glücklich schätzen, dass er heute nicht dabei war, als Simon sie angegriffen hat.
Der Schmerz an ihrem Hinterkopf ist zu einem unangenehmen Pochen abgeklungen, aber als sie an die Stelle fasst, wo Simon ihr einige Haare ausgerissen haben muss, zuckt sie zusammen und betrachtet das Blut an ihren Fingern. Verdammt, bei ihren blonden, fast weißen Haaren fällt das bestimmt sofort auf.
In diesem Moment erinnert sie sich an die Jacke, die tief in ihrer Tasche vergraben sein muss und glücklicherweise eine Kapuze angenäht hat. Schnell zieht sie das Kleidungsstück über und den Stoff so tief ins Gesicht wie möglich. Nun, da ihre Haare verdeckt sind und ihr Gesicht verhüllt ist, fühlt sie sich sicherer.
Sie muss länger in der Schule geblieben sein, als sie angenommen hat, denn schon jetzt merkt sie, dass es um sie herum zusehends dunkler wird.
Mit gesenktem Kopf wandert sie die Straße entlang und nimmt schließlich eine Abzweigung, die sie noch weiter ins Innere der kriminellen Kerngebiete Elayras führt.
Je weiter sie sich vorwagt, desto heruntergekommener wird die Gegend. Die Hauswände sind mit Graffiti beschmiert oder die Farbe an einigen Stellen aufgeplatzt. Teilweise sind die Gebäude eigentlich nicht einmal mehr bewohnbar, weil Bruchstücke der Dächer fehlen, aber die Menschen wohnen dennoch darin.
Prima wusste immer, dass es ihre Familie noch viel schlimmer erwischen hätte können. Doch nun den Beweis vor Augen zu haben, lässt sie diese Tatsache erst wirklich realisieren.
Unwillkürlich geht sie schneller und wird sich langsam bewusst, in welche Gefahr sie sich gerade begibt. Es war eine wirklich dumme Idee, hierher zu kommen, aber jetzt muss sie ihr Vorhaben auch bis zum Ende durchziehen.
Als sie an einer Gruppe junger Männer mit wilden Tattoos und finsteren Mienen vorbeieilt, senkt Prima schnell den Kopf und hält den Atem an, bis sie sie passiert hat.
Endlich kommt das Gebäude in Sicht, das sie gesucht hat. Erleichtert stößt sie die Luft aus und gibt ihre angespannte Haltung auf.
Zuerst denkt sie, die Tür stehe offen, aber als sie näher kommt, erkennt sie, dass der Durchgang mit Gewalt freigeräumt wurde. Schaudernd tritt sie über die Schwelle in die dämmrige Dunkelheit, die dahinter lauert.
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Infinite Darkness
Fantasy"Ich will dieses Königreich brennen und zu Asche zerfallen sehen. Ich will die Wände bröckeln und die Brücken brechen sehen. Ich will ein Königreich aus Ruinen, damit ich es, wenn sein Volk am Boden zerschmettert liegt, nach meinen Vorstellungen wie...