VIERZEHN/CARA - NEBELFLÜSTERN

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Als sie erwacht, wird sie von reinem, geradlinigem Schmerz empfangen. Schmerz, dessen Echo eine lang zurückliegende, vergessen Geschichte erzählt.

Stöhnend windet sie sich in den Laken und versucht, eine Position zu finden, die ihren Rücken nicht übermäßig beansprucht. Doch schließlich sprengt die Neugierde Cara doch aus dem warmen Bett in die wohlige Kühle des Zimmers.

Ihre Finger suchen sich einen Weg vom unteren Teil ihres Rückens weiter hinauf, bis sie die Kante einer Narbe spürt. Wieder durchfährt Cara der scharfe Schmerz, der sie für wenige Sekunden in ihren Traum zurückwirft.

Eine Stadt in Schutt und Asche. Sie stolpert über Geröll, den Tränen nahe, unvorstellbarer Schmerz bahnt sich seinen Weg durch jeden Zentimeter ihrer Haut.

Sie versucht, seinen Namen zu schreien, aber ihre Lippen sind spröde und ihre Kehle trocken, und so kommt nicht mehr hervor als ein mitleiderregendes Keuchen.

Sie muss ihn finden, bevor sie beide von IHM gefunden werden.

Blinzelnd schüttelt Cara die Bilder ab, die vor ihrem inneren Auge vorbeiziehen und ihr mehr Furcht einflößen als sie zugeben will.

Ein plötzliches, harsches Klopfen reißt sie aus ihren Überlegungen und schnell lässt sie das T-Shirt wieder herunterfallen.

Am liebsten würde die Elayranerin sich für immer hier einsperren, nur um niemandem aus dieser Kolonie jemals wieder ins Gesicht sehen zu müssen, aber das Schmerzmittel hat seine Wirkung längst verloren und so ungern sie es auch zugibt: Ihre Schulter tut verdammt weh.

»Cara, ich bin es. Doktor Bleak.«

Nach einem resignierten Seufzer tritt sie auf die Tür zu und entsperrt sie widerwillig. »Hallo, Doktor Bleak«, murmelt sie an den Türrahmen gelehnt und blinzelt durch den kleinen Spalt, den sie geöffnet hat.

Als sie sich sicher ist, dass außer dem Doktor niemand vor Caras Zimmertür wartet, macht sie ganz auf und lässt ihn herein, verschließt danach jedoch sogleich wieder jeden Zugang.

»Wie geht es dir, Cara?«, fragt der Mann sie mit echtem Interesse in der Stimme.

»Wie soll es mir schon gehen? Man hat mich wie ein Tier zur Schlachtbank geführt, mich ohne mein ausdrückliches Einverständnis gebrandmarkt und vor aller Menschen gedemütigt. Es war ein wahrlich wunderbares Erlebnis, auf das ich keineswegs hätte verzichten wollen oder können«, faucht sie und flüchtet sich in den Sarkasmus, scheinbar das einzige, was ihr noch bleibt.

Bleak stutzt, dann nickt er mitfühlend. »Ich verstehe deinen Zorn und entschuldige mich für diese unkonventionelle Vorgehensweise, aber sie hat sich in den letzten Jahrzehnten wahrlich bewährt. Im Übrigen wollte ich wissen, wie es um deinen Arm steht? Irgendwelche Schmerzen?«

Cara zeigt sich von seinem Mangel an Mitgefühl und Interesse wenig überrascht und lässt sich notgedrungen auf das Bett fallen. »Die Schmerzmittel wirken nicht mehr.«

Er nimmt eine kleine, dünne Phiole mit klarer Flüssigkeit aus seiner Tasche und legt sie auf den Tisch neben dem Bett. »Das dachte ich mir schon, dein Körper ist Fremdkörpern sehr feindlich gesinnt. Deine Gene ermöglichen dir zwar eine schnellere Heilung von Verwundungen, eliminieren aber auch Medizin auf dem schnellsten Weg.« Während seiner Erklärung hat er die Mullbinde um Caras Arm entfernt und durch eine neue, weiße ersetzt.

»Was meinen Sie damit?«, will Cara verwirrt wissen.

»Oh. Wir haben das Ergebnis deiner Blutuntersuchung. Du kannst stolz sein auf deine Abstammung. Solche Gene hätte ich auch gerne.« Er lacht, als hätte er irgendeinen Witz gemacht, den sie offensichtlich nicht versteht, und erhebt sich dann. »Du weißt, in welcher Dosierung du das Mittel zu dir nehmen darfst. Und für dich hoffe ich, dass wir uns nicht allzu bald wiedersehen.« Dann verlässt er ihr Zimmer und die Stille schlägt wieder über Cara zusammen.

Infinite DarknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt