7. Bei Großmutter zu Hause

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-Jolene's POV-

Mit tränenverschleierten Augen schaute ich aus dem Fenster. Ich saß im Flugzeug nach Deutschland. Ich musste weg. Auf jeden Fall für ein paar Wochen. Ich wusste, dass sich meine Eltern und Leon total viel Sorgen machen würden. Leon. Ich vermisste ihn jetzt schon. Ich konnte mir einfach kein Leben mehr ohne ihn vorstellen. Vor allem tat mir mein Kind leid. Es würde ohne Vater aufwachsen müssen. Ich unterdrückte ein schluchzen. Es waren schon genug Leute aufmerksam und ich spürte die genervten, aber auch mitleidigen Blicke auf mir.

"Bitte begeben Sie sich auf Ihre Plätze und legen Ihre Sicherheitsgurte an, wir werden in wenigen Minuten zum Landeanflug ansetzten.", ertönte es aus dem Lautsprecher.

Ich nahm mir ein Tempo und wischte mir über das Gesicht. Ich versuchte mich zu beruhigen, was gar nicht so einfach war. Aber es sollte nicht jeder da draußen mitbekommen wie scheiße es mir eigentlich ging.

Nachdem wir gelandet waren holte ich mir noch schnell meinen Koffer und suchte mir ein Taxi. Ich wollte zu dem alten Haus meiner Oma. Sie kam aus Deutschland (deshalb konnte ich auch so gut Deutsch), ist aber vor einem halben Jahr gestorben. Sie hat uns dieses Haus vererbt, aber es war nie jemand hier und deshalb stand es seitdem leer. Ich war noch nicht so oft in Deutschland, trotzdem kannte ich mich einigermaßen gut aus. Ich hatte einen relativ guten Orientierungssinn.

Schnell hatte ich ein Taxi gefunden und nannte ihm die Adresse. Nach etwa 20 Minuten hielten wir am Rand von München, wo ein Wohngebiet war. Meine Oma hatte ihm 4. Stock gewohnt. Damals hatte sie die Wohnung gekauft. Sie war wunderschön. Richtig groß und einfach toll. Ich lief die Treppen (es gab auch einen Aufzug, aber den wollte ich nicht benutzen) nach oben und blieb keuchend vor der richtigen Tür stehen. Ich war schon lange nicht mehr hier gewesen. Es war bestimmt schon ein einhalb Jahre her. Es hatte sich nichts verändert. Meine Oma war keine Person die sich gerne veränderte. Allerdings lag überall eine fette Staubschicht. Das würde wohl viel Arbeit werden. Am Besten fing ich gleich damit an. Aber als Erstes wollte ich Laura anrufen. Ich hatte mir eine neue Nummer zugelegt, sodass mich keiner meiner Freunde oder meine Familie erreichen konnte. Ich tippte ihre Nummer ein und drückte auf den grünen Hörer.

"Hallo?", hörte ich Laura fragen.

"Hey ich bins."

"Jolie! Wie gehts dir?"

"Naja wie solls mir schon gehen?"

"Leon war hier...", teilte sie mir dann mit. Für kurze Zeit stockte mein Atem. "Keine Sorge ich hab ihm nichts erzählt. Er wollte wissen wo du bist, aber da ich das ja selber nicht weiß konnte ich es ihm ja ehh nicht erzählen..."

"Er wollte wissen, warum ich gegangen bin, hab ich recht?", fragte ich dann vorsichtig, die Antwort schon wissend.

"Ja. Ich hab ihm gesagt, dass es nicht wegen ihm ist, aber seiner Reaktion nach hat er es nicht geglaubt."

Wieder begannen die Tränen meine Wangen hinunter zu laufen. Ich vermisste ihn so sehr. "Was ist mit meinen Eltern?", fragte ich leise.

"Sie haben angerufen. Zumindest dein Dad. Aber ich hab ihm genau das erzählt, wie Leon davor auch schon, bloß, dass du es ihnen bald erzählen wirst, warum du gegangen bist. Also das wirst du doch machen oder?"

Ich seufzte. "Ja, muss ich ja fast. Aber ich werd jetzt erst einmal hier bleiben. Mir einen Job suchen und dann weiter schauen..."

"Sagst du mir wo du bist?"

"Ich kann nicht. Noch nicht. Bitte sei mir nicht böse."

"Nein, keine Sorge."

"Okay danke. Ähm, also ich muss hier jetzt ein bisschen aufräumen wir telefonieren morgen wieder, okay?"

"Klar... und Jolie?"

"Hm?"

"Ruf deine Eltern an. Du musst es nicht heute tun, aber vielleicht morgen. Sie machen sich totale Sorgen. Sie wollten sogar schon fast die Polizei rufen."

"Danke werd ich machen. Bis dann."

"Ciau."

Meine Eltern machten sich Sorgen. Das war mir von vorn herein bewusst. Ich vermisste sie ja auch. Aber ich musste das tun. Was hätte ich denn sonst machen sollen? Zusehen, wie Leon seine Karriere hinschmiss, nur um bei mir und dem Kind zu sein.

Um ein bisschen von meinen Gedanken wegzukommen ging ich ins Wohnzimmer und schloss mein Handy an der Anlage an. Meine Oma war immer auf dem neusten technischen Stand geblieben, weshalb sie sich eine solche Anlage und auch einen Flachbildfernseher sowie ein Smartphone und noch einige Sachen kaufte.

Ich drückte auf Zufallswiedergabe und die ersten Töne von 'Amnesia' von 5SOS erklangen. Das Lied erinnerte mich irgendwie an meine jetzige Situation. Ich wollte es wegdrücken, ließ es aber dann doch bleiben. Wahrscheinlich würde jedes Lied zu meiner Situation passen, also war es auch egal, ob ich es jetzt anhörte oder nicht. Ich ging in die Küche und holte mir einen Lappen, um die Möbel von dem ganzen Staub zu befreien.

Am Abend setzte ich mich fix und fertig auf die Couch und atmete tief durch. Die Wohnung sah jetzt wieder viel ordentlicher und gemütlicher ohne den ganzen Staub aus. Ich verweilte kurz auf der Couch und stand dann auf, um meine Klamotten in mein Zimmer zu bringen. Ich hatte hier mein eigenes Zimmer. Ich war die einzigste Enkelin gewesen und sie hat es sich nicht nehmen lassen, mir hier ein Schlafzimmer einzurichten. Früher hab ich mich total gefreut, als es mir meine Oma stolz präsentiert hat. Es war nicht, wie ein typisches Kinderschlafzimmer (ich war damals 8 oder so) eingerichtet, sondern zwei Wände in einem schönen Apfelgrün, meiner Lieblingsfarbe, gestrichen. Es hatte zwei Fenster, an denen auch grüne Vorhänge hingen. Zusätzlich war in dem Zimmer noch ein Bett, ein großer Kleiderschrank, eine Kommode und ein Schreibtisch. Ich stellte meinen Koffer vor dem Bett ab und öffnete ihn. Sofort schaute mich ein Bild an. Es zeigte Leon und mich, wo wir glücklich abgebildet waren. Das Bild war nach unserem ersten Treffen mit meiner Familie entstanden und seitdem hatte ich es immer in meinem Zimmer stehen. Ich nahm das Bild und stellte es auf die Kommode. Daneben kam noch ein Familienfoto und eines mit Laura. Dann waren meine Klamotten und Bücher dran, wo ich alles in die Schränke einräumte.

Away because of himWo Geschichten leben. Entdecke jetzt