8. Einsam

1.2K 44 2
                                    

Langsam lief ich die Fußgängerzone entlang. Überall waren fröhliche Menschen. Sie lachten und hatten Spaß. Und ich? Ich lief traurig durch die Gegend und wusste nicht, was ich mit dem Tag anfangen sollte. Normalerweise hätte ich mich mit Leon getroffen und wenn der keine Zeit hatte (wegen Fußballtraining oder so) würde ich Laura anrufen.

Vor mir lief ein Pärchen. Händchenhaltend. Ich musste mich echt zusammenreisen um nicht wieder zum heulen anzufangen. Ich hatte schon genug Tränen vergossen. Dass ich überhaupt noch welche besaß wunderte mich. Ich ging in das nächste Kleidungsgeschäft. Vielleicht konnte mich shoppen ja auf andere Gedanken bringen. Aber alleine war es ziemlich langweilig. Ich ging durch die Kleiderstände und suchte nach Klamotten die mir gefielen. Schließlich fand ich ein schönes Sommerkleid und ein paar T-Shirts und Tops. Ich ging an die Kasse zum Bezahlen und dann lief ich wieder durch die Straßen.

Irgendwann hatte ich echt genug und ich beschloss eine kleine Pause in einem Cafe zu machen. So viel ich wusste gab es hier irgendwo auch noch einen Abercrombie & Fitch. Da wollte ich noch unbedingt rein. Also zog ich mein Handy raus und gab erst einmal den Suchbegriff ein, um die Addresse zu finden. Als ich die dann hatte gab ich sie ins Navi ein. Ich trank schnell meine heiße Schokolade fertig und bezahlte und ging dann los. Immer meinem Navi hinterher. Ich stellte fest, dass ich sogar schon zweimal an der Straße vorbeigelaufen bin, wo ich reinmusste. Nach ca. 5 Minuten war ich da und sah die riesige Schlange am Eingang. Ernsthaft? Na super... Ich wollte mich nicht anstellen. Also schaute ich von weiter weg ein bisschen zu. Gleich am Eingang standen ein paar von den Models. Sie sahen gut aus, aber nicht so gut wie Leon. Oh mann was dachte ich denn schon wieder. Ich wollte ihn doch vergessen. Aber es war nicht so einfach. Wenn man jemanden wirklich liebt, wie sollte man ihn dann vergessen können? Richtig, man kann ihn nicht vergessen...

Vielleicht hatte ich ja doch falsch gehandelt. Vielleicht hätten wir ja eine Lösung gefunden, aber dazu war es jetzt schon zu spät.

Nein war es nicht.

Ich wollte nicht auf meine innere Stimme hören. Sie machte alles nur noch schlimmer. Ich musste mich hinsetzen, also setzte ich mich einfach auf die Bordsteinkante von einem Gehweg. Meinen Kopf bettete ich in meine Hände. Wie sollte das alles nur weiter gehen? Ich konnte Leon einfach nicht vergessen. Nichts half. Früher hat mich shoppen immer auf andere Gedanken gebracht, aber jetzt? Verzweifelt versuchte ich meine Tränen zurückzuhalten. Vergeblich. Ein paar Tränen rannen an meinen Wangen hinab und ich wischte sie schnell weg. Ich wollte nicht, dass jemand mit bekam, dass ich heulte.

Ich stand wieder auf und ging den ganzen Weg zurück. Ich wollte einfach nur noch nach Hause. Nach Hause, wo ich alleine war. Ohne Freunde und Familie. Alleine.

Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, ließ ich mich an ihr runter und fing jämmerlich an zu weinen. Was hatte ich bloß getan? Langsam versuchte ich mich zu beruhigen. Als ich es geschafft hatte stand ich von dem kalten Boden auf und setzte mich auf mein Bett. Ich nahm mein Handy aus meiner Tasche.

"Hallo?", hörte ich meinen Dad fragen.

"Dad? Ich bins!", sagte ich.

"Jolene! Oh mein Gott wo bist du?"

"Das kann ich nicht sagen. Aber mir gehts gut. Wirklich. Ihr braucht euch keine Sorgen machen."

"Aber das tun wir doch trotzdem. Ach Schatz was machst du denn für Sachen... Sagst du uns wenigstens warum?"

"Ich weiß nicht ob das so gut ist...."

"Warum? Ist es wegen Leon?"

"Nein .. ja ... ach keine Ahnung. Es hat aber nichts mit Leon zu tun, dass ich gegangen bin. Naja vielleicht indirekt. Es hat auch nichts mit euch zu tun. Ich brauch bloß ein bisschen Abstand. Ich muss erst einmal selber mit allem klar kommen und auch damit was passiert ist."

"Leon ruft alle 4- 5 Stunden an und erkundigt sich, ob du schon aufgetaucht bist oder dich gemeldet hast ...", gestand er mir.

Das war typisch für ihn und ich musst leicht grinsen. "Bitte sag ihm nicht, dass ich angerufen hab und gib ihm auch nicht die Nummer. Wo ist Mum?"

"Die ist gerade einkaufen. Ich werd ihr sagen, dass du angerufen hast."

"Ja bitte. Ich ruf in ein paar Tagen noch einmal an. Vielleicht kann ich euch ja dann mehr erzählen. Gerade kann ich einfach nicht ..."

"Solange es dir gut geht."

"Ja tut es."

"Wir vermissen dich. Ohne dich ist das Haus ganz schön leer." Ich hörte ihn etwas lachen.

"Ich bin doch noch gar nicht lange weg! Aber ich vermiss euch auch ganz schön. Okay ich muss jetzt auflegen. Ciau, ich hab dich lieb."

"Ich dich auch. Tschüss."

Ich legte auf und legte mein Handy neben mich aufs Bett. Es war schön die Stimme von meinem Vater zu hören. Das hatte ich jetzt einfach gebraucht. Und ich wusste, ich konnte mich auf meinen Dad verlassen. Er würde Leon nichts erzählen, auch wenn er es gerne machen würde. Aber er wusste, dass ich es ernst meinte und deshalb machte er es auch nicht. Bei meiner Mum war ich mir da nicht so sicher. Klar konnte ich mich auf sie verlassen, aber sie war viel sensibler als mein Dad und vor allem in dieser Situation. Deshalb setzte ich auch all meine Hoffnung auf ihn. Irgendwann würden sie mich aber trotzdem finden oder bemerken, dass der Schlüssel für Omas Wohnung fehlte, aber bis es so weit war, hatte ich ja hoffentlich noch etwas Zeit.

Away because of himWo Geschichten leben. Entdecke jetzt