26 - epilog

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„Falls etwas nicht so laufen sollte, wie du es erhofft hast, gerate nicht gleich in Panik." Angespannt nickte ich, sah zur Fensterscheibe hin, betrachtete das aufleuchtende rote Licht der Ampel. „Ich bin in der Gegend, sag einfach, wenn ich kommen soll." Es wechselte auf Organe und von dort nach Grün, wir fuhren weiter. Heute war ein warmer Tag, viel Sonne, kaum eine Wolke am Himmel und dennoch frischer Wind, weshalb ich mich für einen dünnen hellblauen Pulli entschieden hatte. Mein Finger schob langsam eine meiner, nun wieder bis zur Brust reichenden, Haarsträhnen hinter mein Ohr. Dort hielten sie inne, spielten nachdenklich mit den Stecker meiner Perlen-Ohrringe welche ich mir neu gekauft hatte. Meine alten von damals hatte ich ja auch weggeschmissen, hatte mir geschworen nie wieder derartigen Schmuck zu tragen und dennoch tat ich es nun. Eine Nachricht auf meinem Bildschirm leuchtete auf, fragte, ob er den Artikel so verfassen konnte.

Seit einem Monat wurde ich wieder langsam in die Arbeit, mein Unternehmen, involviert. Zwar bestimmte ich noch nicht wieder alles, aber ich durfte mir die Dinge, welche bis vor kurzem noch über meinem Kopf hinweg entschieden und beschlossen wurden, wenigstens anschauen. „Ist es wieder Federico?" Ich steckte mein Handy in meine Hosentasche und nickte bejahend. „Er wollte nur meine Meinung wissen." Seufzend schaltete der Fahrer in den nächsten Gang, ich betrachtete ihn dabei. „Du solltest noch einwenig rausgehalten werden, ich finde es nicht gut, wenn du schon-.." Ich legte ihm sanft meine Hand an seine Schulter, er sah kurz zu mir hinüber. „Henry, ich weiß, was mir gut tut und was nicht. Außerdem bin ich mir sicher, dass ich schon viel zu lange weg war, ich bin bereit, wieder zu arbeiten." Der Junge rollte mit seinen Augen. Man sah ihm seine englischen-Züge schon einwenig an, er hatte ähnlich vergleichbare Augen wie ich. Sehr groß, dennoch kein doppel-Augenlid.

„Wo war die Straße noch gleich? Haus 16 oder 26?" Fragte er sich umschauend und ich holte meine Brieftasche heraus. Als ich nach der Visitenkarte kramte fiel mir das Foto auf, genau das, welches damals auch Doyoung auffiel. Ich sah zum Fahrer hinüber, dachte an alte Zeiten und die Jahre, in welchen ich ihn von mir geschoben hatte. Die Zeit, in welchen ich meinem Cousin den Kontakt verweigerte und dies nur, da ich Angst vor seinen Berührungen hatte. Wegen einem nicht bestimmbaren genetisch entschiedenen angeborenen Geschlecht? Wenn ich mir dies heute durch den Kopf laufen ließ, klag es mehr als nur absurd. „26." Antwortete ich ihm etwas verzögert, packte die Karte wieder zurück, sah zum Fenster hinaus. Ich fragte mich, welche Konsequenzen es gehabt hätte, wenn die Jungs mich verraten-, wenn sie nicht geschwiegen hätten? Eine Person welche von einem der Big3 Entertainment's verklagt worden wäre? Wegen Rufmord einer ganzen Gruppe? Belustigt schmunzelte ich zu meinen Knien hinunter. Ich würde im Knast verweilen, ja, ich wäre alles los geworden, ich hätte wohl alles verloren. Ich war ihnen dankbar.

„Amélia? Wir sind da." Ich schaute wieder auf, stieg aus bevor ich es mir hätte anders überlegen können. Die frisch morgendliche Februar Luft umhüllte meine Wangen, zauberte mir ein Schmunzeln auf meine Lippen. Der vergangene Winter war kalt gewesen, auch das Wetter. Ich wollte die vergangenen Monate vergessen, aber nicht verdrängen, denn ich wusste genau, was das unterdrücken und verschließen von Erinnerungen und Gefühlen mit einer Person anrichten konnte. Ich war schließlich das beste Beispiel. Ein Räuspern entsprang neben mir, ich drehte mich perplex diesem zu. „Bist du dir sicher, du schaffst das allein?" Meine linke Hand fuhr zu der Tasche welche um meine Schulter hing, umfasste sie unsicher. „Erinnern sie sich wohl noch an mich?" Hauchte ich leise, an mich gerichtet. „Hm?" Beugte er sich leicht zu mir vor und ich hob mein Kopf wieder. „Glaubst du, er hat es erwidert? Meine Worte?" Interpretierte ich, hatte sein Lächeln vor meinem inneren Auge. Hörte noch immer sein Lachen, wie er mich zum strahlen brachte. Ich erinnerte mich gerne an ihn zurück, war jedoch reifer geworden, hatte mit diesen Gefühlen abgeschlossen. „Ich nehme das mal als meine Antwort." Grinste er mir zurück, legte mir eine Hand an die Schulter. Ich nickte und mein Cousin zog mich in eine feste Umarmung.

⁰⁴ FALL DARLING | jungwooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt