1. Du willst, aber kannst nicht! (Teil 1)

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„Nella, hast du meine schwarzen Pumps gesehen?" Gestresst läuft Anna immer wieder an mir vorbei. „Nein, habe ich nicht. Zieh doch einfach die roten an. Wir müssen los, die warten unten schon auf uns." „Erstens kann ich nicht die roten anziehen, die passen einfach nicht zum Kleid und zweitens lass sie warten." Genervt hole ich tief Luft. „Von mir aus können sie schon warten. Es ist ja dein Freund." Meine Jeansrock und mein Top hatte ich schnell angezogen und auch meine Chucks haben nicht viel Zeit in Anspruch genommen und so kommt es, dass ich seit geschlagenen vierzig Minuten auf meine beste Freundin, die auch gleichzeitig meine Mitbewohnerin ist, warte. Wir machen in zwei Monaten unseren Collegeabschluss und Anna wollte unbedingt noch einmal auf eine klassische Collegeparty gehen. „Hab sie gefunden." Freudig in die Höh haltend, als wären ihre Schuhe eine Trophäe, kommt sie zu mir ins Wohnzimmer. „Luke bringt übrigens einen Kumpel mit. Er meinte Nick sei ziemlich nett, vielleicht ist der was für dich." Provozierend stupst sie mich mit einem Ellbogen an und wackelt verschwörerisch mit ihrer Augenbraue. „Du weißt, dass ich nichts mit jemanden anfangen möchte, kurz bevor mit dem College fertig bin und in drei Monaten in einen anderen Bundesstaat ziehe." Endlich hat sie ihre Schuhe an und zieht mich mit sich mit aus unserer Wohnung und die Treppe hinunter. „Ich sagte ja nicht heirate ihn." Immer noch meine Hand haltend öffnet sie mit der anderen das Haustor: „Vögeln reicht völlig." „Wer vögelt mit wem." Keine zwei Meter entfernt lehnt Luke und sein Freund an einem Auto. Endlich lässt Anna mich los und umarmt ihren Freund und drückt ihm einen Kuss auf die Lippen. „Baby, tut mir leid, dass ich solange gebraucht habe. Ich habe meine Schuhe nicht gefunden." „Ist schon ok. Also wer mit wem?" „Nella mit niemandem... das ist das Problem." Das hat sie gerade nicht gesagt. Nicht vor ihrem Freund und seinem mir unbekannten Kumpel. „Anna, ernsthaft? Halt den Mund!" Während Luke mich überlegt ansieht, wirft Nick seinen Kopf in den Nacken und fängt schallend an zu lachen. Enerviert stöhne ich auf und schaue demonstrativ auf meine Uhr: „Wir sollten los, wenn wir heute noch feiern wollen." Zustimmend klatsch Anna in ihre Hände und geht auf den Wagen zu. „Nella, macht es dir was aus vorne bei Nick zu sitzen." Ohne ihr eine Antwort zu geben, öffne ich die Beifahrertür und steige ein.

Während das Pärchen auf dem Rücksitz kaum die Hände von einander lassen kann, starre ich aus dem Fenster, kann aber immer mal wieder spüren, dass Nick mich anstarrt. Nach etlichen Minuten der Stille, die nur durch die Kussgeräusche von hinten unterbrochen wird, räuspert er sich und macht mich so auf sich aufmerksam. „Also Nella", er zieht das ‚a' unnötig in die Länge und es ist leicht zu erkennen, dass er sich über mich lustig macht. „Sag mal, hast du heute irgendwelche bestimmten Ziele?" Sein Grinsen zeigt eindeutig, dass er auf Annas Offenbarung über mich anspielt. „Nein, habe ich nicht. Ich will nur die Reste meiner Collegezeit genießen. Und um das Thema ganz abzuschließen, will ich nur sagen, dass ich nicht der Typ für One-Night-Stands bin und jetzt nichts Langfristiges anfangen möchte, da ich drei Monaten in einen anderen Bundesstaat ziehe." „Habe ich irgendetwas darüber gesagt?" Herausfordernd hebt er seine Augenbraue und sein Blick ruht länger auf mir als er sollte. „Nein, aber genau dem wollte ich vorbeugen." Abwehrend hält er seine Hände in die Höhe. „Gut, reden wir über was ganz anderes. Ist Nella nur ein Spitzname?" Tief Luft holend versuche ich mich zu beruhigen und wende mich ihm ein wenig zu. „Ja, eigentlich heiße ich Antonella. Wurde nach meiner Großmutter benannt." Für mich war das Thema beendet, aber für Nick anscheinend nicht. „Antonella, hast du italienische Wurzeln?" „Ja, hab ich." Himmelherrgott noch einmal, erkenn doch dass ich nicht reden will. „Und wohin wirst du umziehen?" Ok, und weiter geht der bedeutungslose Smalltalk. „Nach Seattle." „Also doch soweit weg. Ist das nicht ungemein schwer einfach alles zurückzulassen?" „Nein." Ich danke Gott dafür, dass wir genau in diesem Moment in die Straße einbiegen, in der die Feier stattfinden soll. Vor uns laufen zig Leute auf der Straße herum und wir werden von Blaulichtern geblendet. Genau in diesem Moment klingelt Annas Handy. „Elli hat mir gerade geschrieben, dass die hier eine Razzia durchführen, weil anscheinenden einige Nachbarn die Polizei gerufen. Dabei wurde festgestellt, dass einige Partygäste noch nicht volljährigen sind, dafür aber betrunken. Lasst uns lieber abhauen." Bei der nächsten Garageneinfahrt hält Nick kurz, um gleich darauf den Wagen zu wenden. Sowohl Anna, Luke als auch ich drehen uns gespannt nach hinten um und beobachten das Geschehen bis wir nach links abbiegen. „Auch wenn ich euch nicht stören möchte beim Gaffen, wo sollen wir jetzt hinfahren?" Abrupt macht Nick uns auf sich aufmerksam. Grübelnd starren sich Anna und Luke an, bis er vorschlägt in die WG der Jungs zu fahren, um uns dort einen ‚gemütlich Abend' zu machen. Anna war sofort hin und weg von der Idee, doch ich bin mir sicher, dass sich die beiden bei der ersten Möglichkeit in sein Schlafzimmer verziehen werden und ich mit Nick alleine sein würde.

My little BoudoirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt