9. Kapitel (Cordé): Ottilie und weißer Rauch

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Den ganzen Tag über suchten ich und Franz nach einer Lösung. Dabei fiel es mir schwer, nicht daran zu denken wie er sein Arm um mich gelegt hatte und mir näher gekommen war als je zuvor ein Junge. Ich hatte mich so beschützt gefühlt. Was redete ich da nur?

Auf jeden Fall erzählte ich ihm von der Sache mit dem durchzucken und allem anderen, nur von der Tankstelle erzählte ich nichts. Ich wusste nicht genau warum ich es vor ihm geheim hielt. Vielleicht wollte ich nur auf den richtigen Moment warten, welcher natürlich nicht kam!

"Ich habe noch eine Idee," meinte Franz," aber du wirst mich sicher für verrückt halten!" "Niemals!", meinte ich lächelnd, was ihm schon wieder dieses unwiderstehliche Grinsen entlockte. "Also ich habe eine Tante, die auch hier in Prag lebt. Sie ist ziemlich seltsam, aber... aber sie ist eine Wahrsagerin." "Was?" "Na ja sie hat wirklich gewisse Kräfte, auch wenn ich eigentlich nicht an so etwas glaube und daher ist sie die Einzige, die uns helfen könnte." Er hatte Recht, diese Sache war sowieso schon so verkorkst, was sollte da noch schief laufen? "Dann, dann lass uns zu deiner Tante," vollendete ich die Konversation.

Wenig später standen wir vor einem seltsamen, schiefen Haus. Nicht dass es schon generell seltsam hier im 20.Jahrhundert zwischen den Menschen und Straßen, die so anders aussahen, war, aber dieses Haus war wirklich speziell. Als wir gerade zur Haustür gegangen waren und Franz den grünen Türklopfer mit dem Kopf eines Salamanders betätigen wollte, merkte ich wie sich um unsere Füße weißer Rauch oder Nebel bildete. Er schien direkt unter dem Türspalt hervorzuquellen. "Was ist das?", fragte ich entsetzt. Franz sah ebenso entsetzt aus, während er ohne mir zu antworten den Türklopfer betätigte und mich ein Stück weg von der Tür zog.

Nachdem wir eine Weile gewartet hatten und sich noch immer nichts tat beschloss ich zu gehen. Doch genau in dem Moment, in dem ich dem Haus den Rücken zuwenden wollte, öffnete sich die Tür. Vor uns stand ein junges Mädchen, in einem sehr schönen mit Spitze besetzten weißen Kleid. Ihr braunes, welliges Haar reichte beinahe bis zu ihren Hüften und ihr Lächeln war sehr hübsch. Hinter ihr sah man nichts als Nebel."Otilie? Was tust du hier?", fragte Franz die wahrscheinlich ungefähr 14 jährige Schönheit. Ein Stich von Eifersucht durchdrang mich, sodass mir die Tatsache des Nebels und der Unglaublichkeit, dass dieser in einem Haus existierte, genauso wie mein unbändiger Hunger, der mich inzwischen fast von den Füßen riss, ein Moment egal waren.

"Liebster Bruder, ich darf doch wohl unsere sehr geehrte Tante besuchen." Erleichtert atmete ich auf, woraufhin mich Franz verwirrt anblickte. Und wieder war ich von Fragen überwältigt. "Was ist dies für ein Nebel? Wie komme ich zurück? Kann ich deine Tante sprechen?" fragte ich in einem Fluss. "Guten Tag, sehr geehrte Dame. Ich bin Ottilie Kafka, die jüngste Schwester von Franz, welchen sie offenbar kennen. Und sie sind?" "Cordé. Cordé Zimmermann." "Cordé. Sie sehen blass aus, kommen sie erst einmal herein, meine Tante erwartet Sie beide bereits.", sagte sie, nahm meine Hand und zog mich hinter sich ins Haus. Der Nebel schien in dem Moment zu verschwinden, indem sie mich berührte.

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