Kapitel 2

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"Jimin, du kannst sowas doch nicht behaupten", versucht Jungkook mich zu retten und schaut geschockt in meine Augen. "Hör auf zu lügen Jungkook. Ich weiß schon längst was hier abgeht. Wenn man dir schon seit deiner Kindheit zuschaut, erfährt man so einiges", meint er ernst. Ich schaue ihm ins Gesicht. Voller Selbstsicherheit. Voller Bewunderung. Ich starre weiter, gefühlte Stunden. Bis ich bemerke, das jeder uns zu schaut. "Danke das du mein zweites Leben ebenfalls zerstörst", rufe ich plötzlich noch wütender,"DU weißt nichts! DU schaust einer meiner viele Versionen an nicht mich selber! Hör auf so zu tun als wüsstest DU alles! Du hast doch keine Ahnung was ich alles durchmachen musste, nur um überhaupt irgendwie mein Leben aufbauen zu können, was ich akzeptiere! Dank DIR muss ich mich wieder verstecken!" Ich fange an zu weinen. Tränen, die jeden Tag kommen. Aus Verzweiflung, aus Wut, aus Frust. "Hyung... Ich meine es doch nicht so...", murmelt Jimin jetzt geschockt. Er greift nach meiner Hand, doch ich ziehe sie weg. "Fass mich nicht an", zische ich und renne aus der Mensa. Aus der Schule. 

Am liebsten würde ich aus dem Fadenspiel meiner Eltern ausbrechen.

Verzweifelt und verheult renne ich an meinen Lieblingsort. Nicht einmal Jungkook kennt ihn. Nahe einem Bach, steht das Haus. Mein Zufluchtsort, wenn mir die Welt zu viel wird. Wenn die Gesellschaft wieder zu hohe Erwartung an mich hat. Am liebsten würde ich ein neues Leben anfangen. Ein Leben, dessen Mensch nicht kontrolliert wird, das Frieden hat und seine Leidenschaft machen kann ohne dafür in einem Fadenspiel gefangen zu sein wie ich. Ich lasse mich weinend auf die Wiese fallen und schaue mir den Himmel an. So blau, so unfassbar weit von meiner eigenen Welt. "Wieso muss mein Leben so schwer sein? Wieso kann ich nicht ein einfacher Junge sein?", murmele ich und strecke meine Hand aus. Die Hand voller Wunden, voller Naben, voller Erinnerungen, an die ich mich eigentlich nicht mehr erinnern will. Müde schließe ich meine Augen. 

Doch wessen Augen sind das?

Langsam wache ich wieder auf. Diesmal in einem Bett. Doch es ist nicht meins. Auch nicht eins der Jungs. Es ist klein, alt und macht Geräusche die ich noch nie zu Ohren bekommen habe. Verwirrt stehe ich auf und laufe zum Spiegel. Was ich sehe ist unfassbar. Ein vollkommen anderes Gesicht. Ist das ein Neustart? Ein Seelentausch? Hat Gott mich endlich gehört und gibt mir eine zweite Chance? "Yoongi Schatz! Frühstück ist fertig!", ruft plötzlich eine Frauenstimme, der ich folge,"Guten Morgen Schatz. Beeil dich sonst kommst du noch zu spät zur Schule!" Ich nicke und schnappe mir einen Apfel, sowie meinen Rucksack, der auf den Boden lag. Ich renne zur Tür und öffne sie. Vor mir sind Spinnenfaden, in die ich reinfalle. 
Ich wurde wieder verlassen.

Schweißgebadet wache ich wieder auf. Der Himmel ist dunkel. Nur der Mond und die kleinen Sterne beleuchten die Welt, die für mich keinen Sinn ergibt und für andere alles ist. "Hey, was macht ein Star hier auf dem dreckigen Boden?", ertönt plötzlich eine bekannte Stimme. Ich richte mich auf und schaue der Person in die Augen. "Hallo Bruder", lächle ich und streiche meine Uniform glatt,"Ich hoffe du hast nichts dagegen wenn ich mich bei dir wieder verstecke?" "Natürlich habe ich kein Problem damit, doch erst erzählst du mir wieder was passiert ist", beruhigt er mich und nimmt mich in den Arm.

"...Und jetzt bin ich wieder hier", erzähle ich während ich eine Tasse Tee trinke. "Willst du meinen Rat hören kleiner?", fragt er mich, woraufhin ich nicke. "Ich glaube dieser Jimin war auch schon einmal in einer Situation wo er zwei Charaktere hatte. Ich glaube er ist aus dieser Phase raus und möchte dir nun auch helfen. Ich bin mir sicher er hat nicht extra so laut geredet und er selber ist auch sensibel mit diesem Thema", antwortet er und lächelt mich an. Plötzlich wird unsere angenehme Stille von seinem Handy unterbrochen. "Ich habe mich schon gefragt wann sie anrufen", lacht er und nimmt ab,"Hallo? ... Ja, er ist bei mir. Es ist heute etwas in der Schule passiert wobei er so verzweifelt war, das er meinen Rat wollte. .... Klar kann ich ihn morgen bringen. ... Seit ihm bitte nicht böse. ... Ich danke euch. Gute Nacht euch beiden. Grüß Vater von mir und wünsch ihm gute Besserung." "Da waren sie auch schon. Keine Sorge du bekommst keinen Ärger, dafür werde ich sorgen", verspricht er mir. Er war schon immer deren Liebling. Auch wenn ich besser in der Schule bin und schlauer, war er einfach so perfekt wie meine Eltern es wollten, weshalb er so geliebt wird und jetzt immer noch geliebt wird. Nachdem er dann fertig war mit allem was meine Eltern sich von ihm wünschten, wollte er Schauspieler werden, was er jetzt ist. Nicht so wie bei mir wollten sie ihrem ersten Sohn kein Klavier beibringen, doch da war mein Vater noch kerngesund. Jetzt habe ich den ganzen Hass. "Du solltest schlafen gehen Yoongi, sonst bist du morgen zu müde um zu lernen und das wird unsere Eltern ganz sicher nicht gefallen",  bemerkt er und steht auf um mir mein Zimmer zu zeigen. "Denkst du ich werde irgendwann auch so frei sein wie du?", frage ich meinen großen Bruder. "Bei Vater's Lage gerade, denke ich das wird früher als du denkst passieren. Er ist so krank, dass er jetzt wieder im Krankenhaus liegt", erzählt er mir, woraufhin ich nur auf die Wand starren kann. Einerseits hasse ich ihn doch so sehr. Er hat mir meine Kindheit weggenommen, meine Freiheit, meine Leidenschaft. Doch er hat mir das Leben geschenkt und hat mir vieles beigebracht. Es wäre falsch zu hoffen, das er verrecken soll. Doch auch nicht richtig ihn zu lieben, nachdem er mir so vieles angetan hat. Er denkt an meine Zukunft an die ich nicht denke und dabei vergisst er selber die Gegenwart. 

Sollte ich ihn lieben oder doch hassen?
Ich weiß es nicht.

The true LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt