Kapitel 7

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Jamie ging seine Notizen heute schon zum dritten Mal durch. Der Fall ließ ihm keine Ruhe. Mittlerweile hatten sich zwei Frauen an ihn gewandt, die behaupteten von einem seltsamen Wesen angegriffen worden zu sein. Wenn er die Frau, die Juliana und ihm nach dem Kino begegnet war, dazuzählte, waren es drei Damen, die ihm von ihrer seltsamen Begegnung berichtet hatten. Und diese drei waren nicht die einzigen. Er hatte in den letzten Tagen sämtliche Zeitungen und auch das Internet durchforscht und etliche Berichte von ähnlichen Vorfällen gefunden. Der Fall beunruhigte ihn und er wusste nicht warum. Er glaubte nicht an Dinge, die sich nicht erklären ließen und trotzdem sagte irgendetwas in ihm, dass er keine logische Erklärung finden würde. Vielmehr glaubte er in seinem Unterbewusstsein, dass er die Lösung schon längst kannte. Der Alarmton seines Handys hallte laut, durch sein Arbeitszimmer, und er war froh, dass er sich die Mühe gemacht hatte sich eine Erinnerung zu programmieren. Wenn er rechtzeitig zum Treffen mit Juliana erscheinen wollte, dann musste er sich jetzt beeilen.

* * *

Juliana war aufgeregt. Sie hatte Jamie zu sich eingeladen und sie wollten zusammen eine Kleinigkeit essen und dann den Abend gemeinsam ausklingen lassen. Sie warf noch einen Blick in den Spiegel. Hatte sie sich zu sehr geschminkt? Noch bevor sie ihr Styling überdenken konnte schellte es an der Tür. Jamie war auf die Minute pünktlich.

Später am Abend hatten sie es sich auf ihrem Sofa gemütlich gemacht. Es lief irgendeine Show, doch keiner von ihnen interessierte sich dafür. Juliana lag in Jamies Armen und erst jetzt wurde ihr klar, wie sehr sie diese Umarmung gebraucht hatte. Sie wusste nicht warum, aber seit ihrer Begegnung mit der panischen Frau, die vor einem mysteriösen Wesen geflüchtet war, nagte etwas an ihr. Da war dieses ungute Gefühl, das sie einfach nicht losließ.

»Juliana?« Jamies' Stimme konnte sie entnehmen, dass ihm etwas auf der Seele brannte.

Sie sah ihn an, er strich sanft über ihr Wange und seine tiefen Augen bohrten sich in ihre.

»Seit dem Vorfall nach dem Kino, bedrückt dich doch etwas«, begann er, »Du kannst mir alles sagen.«

Sie lächelte. Obwohl sie sich erst seit Kurzem kannten, konnte Jamie sie besser lesen, als jeder andere.

»Ich weiß selbst nicht, was genau mir auf der Seele liegt«, gab sie zu, »Die Story der Frau lässt mich einfach nicht los.«

Jamie wirkte sehr nachdenklich, dann setzte er sich abrupt auf.

»Ich wurde damit beauftragt, herauszufinden, was es mit diesen Wesen auf sich hat. Von gleich zwei Frauen, dann noch die Begegnung nach dem Kino und es gibt noch weitere Fälle ...«

Er hatte sich in Rage geredet. Sein Blick war unfokussiert, dann völlig unvermittelt, packte er ihre Schultern und sah sie durchdringend an. »Ich glaube ihnen. Ich glaube sie sagen die Wahrheit.«

Es schien, als wäre er schockiert, über seine eigene Aussage.

Juliana legte ihre Hände auf seine und löste seinen festen Griff auf ihren Schultern. Sie sah ihn an, »Ich glaube auch, dass sie die Wahrheit sagen.«

* * *

Lucas klopfte an die Tür zu Alecias Schlafzimmer. Es war ihm etwas unangenehm, dass sie nicht im angrenzenden Arbeitszimmer, dem Zimmer, indem sie alle Angelegenheiten abwiegelte, anzutreffen war. Trotzdem konnte sein Anliegen nicht warten. Es wunderte ihn schon ein wenig, dass Alecia sich in ihr Schlafgemach zurückgezogen hatte. Normalerweise erweckte es den Eindruck, als würde sie nie schlafen. Nicht in der Nacht, nicht am Tag. Sie war immer beschäftigt. Doch heute war das anders.

»Herein«, ertönte es und Lucas war erstaunt wie dünn und schwach ihre Stimme klang. Kurz war er versucht einfach wieder umzudrehen, doch sein Anliegen ließ ihn nicht los und er wollte es unbedingt klären. Er öffnete die Tür und sein Unwohlsein steigerte sich, als er sie ihn ihrem Bett liegen sah. Eingekuschelt unter Decken und Kissen. Sie wirkte zerbrechlich und furchtbar jung. Doch man durfte nicht den Fehler machen, sie zu unterschätzen. »Lucas«, piepste sie, »Kommst du, um mich aufzumuntern?« Er wusste nicht, wie er ihre Frage nehmen sollte. Außerdem glaubte er einen sexuellen Unterton in ihren Worten erkennen zu können. Seine Miene verfinsterte sich.

»Ich bin hier, damit du mir meine Fragen beantwortest«, sagte er und bereute, dass er es nicht schaffte das leichte Zittern seiner Stimme zu verbergen.

Alecia lächelte unheilvoll. Es war dieses Lächeln, dass nicht Gutes verheißen wollte.

»Ich habe doch gesagt, dass du nicht weiter nachfragen solltest«, säuselte sie und er hatte keine Ahnung was sie bezweckte. Sie machte ihn wütend. Er hatte sich lange genug von ihr herumkommandieren lassen, ohne irgendetwas zu hinterfragen. Es war eine Art von Dankbarkeit. Sie hatte ihm immerhin erzählt, dass sie ihn gerettet hatte. Das seine Schwester ihn jahrelang hinters Licht geführt hatte und das er wegen seiner Schwester Verbrechen begangen hatte, für die er bestraft werden müsste. Er hatte es nur Alecia zu verdanken, dass er noch am Leben war. Er hatte ihr diese Story ohne etwas zu hinterfragen geglaubt, doch jetzt hatte er erhebliche Zweifel an deren Wahrheitsgehalt. Warum nur erinnerte er sich an einen großen Teil seines Lebens nicht mehr.

Er ging einen Schritt auf Alecia zu. »Nur weil du es gesagt hast, heißt das nicht, dass ich das auch tun muss. Was hat meine Schwester mit diesen Angriffen zu tun? Ich dachte, sie ist tot.«

Kurz konnte er Erstaunen auf dem Gesicht der Vampirin erkennen, dann richtete sie sich auf, »Es gefällt mir, wenn du so aufmüpfig bist.«

So langsam wurde er richtig wütend. Er wollte gerade seinem Anliegen noch etwas Nachdruck verleihen, da sprach Alecia schon weiter. »Du willst also Antworten. Na gut.«

Lucas wirkte erleichtert, er entspannte sich etwas und wollte sich gerade bedanken, als er das hinterlistige Grinsen auf ihrem Gesicht erkannte.

»Vielleicht kann ich dir ein paar Antworten geben, wenn du mir etwas Gesellschaft leistest.« Sie hob eine ihrer zahlreichen Decken, um ihm einen Platz anzubieten. Lucas war wie versteinert. War das ihr Ernst? »Ich verspreche dir, dass du Antworten bekommst«, fügte sie hinzu. Lucas haderte, dann ging er noch einen Schritt auf sie zu.

Mondlicht ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt