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Sonntag
26. September 2021, Sie

Dad rüttel mich wach. "Geht's ihm gut? Ist er außer Lebensgefahr? Ist er-" "Beruhig dich Amy. Ich wollte nur fragen, was du zum Essen haben möchtest." "Essen?" Ich runzel verschlafen die Stirn."Gibt es keine Neuigkeiten?" "Nein, sie sind immer noch am operieren."

Ich starre auf meinen bandaschierten Arm und muss schwer schlucken. Damals musste er, genau wie ich jetzt auch ein Verband tragen. Doch was ist das schon im Vergleich zu der OP, in der er sich gerade befindet. Bereits seit gestern Abend versuchen sie ihm das Leben zu retten.

Ich halte es nicht länger aus. Mir laufen die Tränen aus den Augen. "Hey Spatz, alles wird wieder gut." Dad nimmt mich in den Arm und streicht mir beruhigend über den Rücken. "Er wird es schaffen. Da bin mir sicher."

"Er hat sich für mich geopfert!" schluchze ich. "Er hat sich nicht geopfert, Amy. Er wollte dich beschützen und er scheint dich sehr zu mögen, wenn er bereit dazu war sein Leben aufs Spiel zu setzen." "Ich mag ihn doch auch." bringe ich hervor. "Er darf nicht sterben!" "Das wird er nicht, Liebling."

***

Freitag
1. Oktober 2021, Sie

"Ich hab dir noch gar nicht von meinem neuen Traum erzählt. Mir die Polarlichter anzusehen ist mir nicht mehr wichtig." meine ich. Dann beuge ich mich zu ihm und flüstere in sein Ohr: "Viel sehnlicher wünsche ich mir, es mit dir gemeinsam sehen zu können. Also werde schnell wieder wach."

Ich drücke ihm noch ein Kuss auf die Stirn, dann verlasse ich wieder den Raum. Viel zu schmerzhaft war sein bleicher Anblick und dieses monotone Piepen, was keine Regung zeigt.

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Mittwoch
27. Oktober 2021

"Es tut mir Leid ihn mitteilen zu müssen, dass wir morgen die Geräte abstellen werden." "Was?! Das können sie nicht machen!" "Der Patient zeigt keinerlei Gehirnaktivitäten. Das er jemals wieder aufwacht ist unwahrscheinlich."

"Sie haben ihn gerade mal einen Monat gegeben und jetzt wollen sie ihn einfach sterben lassen?!" "Natürlich wollen wir ihn nicht von uns gehen lassen, aber in seinen Fall ist der Kampf bereits verloren. Wer von einem vierzehn Tonnen schweren LKW angefahren wird und dererlei schwere Verletzungen von sich getragen hat, der steht nicht wieder auf."

"Das lass ich nicht zu!" Eine Hand legt sich auf ihre Schulter. "Lass gut sein. Wir sind nicht seine Bevollmächtigten. Darüber dass wir ihn überhaupt sehen durften, können wir uns glücklich schätzen." "Aber ich kann ihn doch nicht einfach aufgeben!" "Du gibst ihn nicht auf. Du lässt ihn nur ziehen." "Aber..."

"Lass ihn endlich los. Du hast genug für ihn getan. Er wird dir ewig dankbar dafür sein." "Ich... ich kann nicht." "Doch du kannst." "Nein, dass meine ich nicht! Seht nur! Seine Hand! Sie hält meine! Er lebt! Er ist noch immer da! Er ist nicht tot!"

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Montag
1. November 2021, Sie

Als ich das Krankenhaus betreten will, fällt mir ein Polizeiwagen auf, der mitten in der Haltezone steht. Mir nichts weiteres denkend gehe ich die Treppen hoch in den ersten Stock. Auf dem Gang höre ich laute Stimmen reden.

"Tut mir Leid. Sie können ihn nicht zu dem Unfall befragen, er ist noch immer nicht bei Bewusstsein." meint eine Krankenschwester. "Aber ein Kollege meinte zu uns am Telefon, dass er aus dem Koma erwacht sei." antwortet eine tiefe Männerstimme. "Ja, am Freitag war er kurz wach. Aber wir mussten ihn Medikamente zur Beruhigung geben. Seitdem scheint er wieder im Koma zu liegen."

"Dann melden sie sich doch bitte umgehent bei uns, wenn er das nächste Mal wach ist. Hier unsere Nummer." sagt eine dritte Stimme. Eindeutig Männlich und jünger, als sein Kollege. Ich höre noch eine Verabschiedung, dann kommen die Zwei mir entgegen. Unbeirrt gehe ich an ihnen vorbei und bette innerlich, dass sie mich nicht ansprechen.

"Entschuldigen Sie." Scheiße. Was jetzt? Ich kann ihnen nichts über Raven erzählen und wenn ich die Wahrheit über den Unfall erzähle, wissen sie sofort Bescheid, das Raven nicht normal ist. Aber mache ich mich dann nicht strafbar, wenn ich lüge?

Langsam drehe ich mich um. Der jüngere Polizist von Beiden lächelt mich freundlich an. Sein Kollege geht weiter. "Passen sie bloß auf, ihr Schuh ist offen. Nicht dass sie noch ins Krankenhaus müssen." Ein Grinsen über den eigenen Witz breitet sich auf seinen Lippen aus, dann sagt er: "Auf Wiedersehen." und ich enspanne mich wieder.

Puh, das Daumendrücken hat geklappt. Gerade so ist Raven dem Tod noch von der Schüppe gesprungen. Danke an alle die mit gemacht haben, ich hätte es nicht verkraftet ihn jetzt schon gehen zu lassen T.T

Doch noch ist die Gefahr nicht gebannt. Die Polizei, dein Freund und Helfer (auch in Geschichten ^^) tritt in Aktion. Meint ihr sie wissen schon, dass der Unfall... wie soll ich sagen... einen anderen Ausgang hatte, als es bei Menschen als Unfallopfer der Fall gewesen wäre?

Raven - GefiederWo Geschichten leben. Entdecke jetzt