XIX.
(Mo)
„Heilige Güte. Was ist denn mit dir passiert?", fragte Mo als Arik ihr die Tür öffnete. Er sah aus, als wäre er gerade erst aus dem Bett gefallen. Seine Haare standen wild vom Kopf ab und unter seinen Augen lungerten bläuliche Schatten. „Ives ist passiert", nuschelte er, als würde das die Frage zur Genüge beantworten. Er nahm ihr eine der Tüten ab, so dass sie ihrer Mutter, die mit laufendem Motor parkte, ein Zeichen geben konnte. Ihre Mutter lächelte, winkte Arik kurz zu und fuhr davon.
Mo fühlte sich zunehmend schlecht, weil sie sie sich nicht traute, ihrer Mutter von Juri und Ives zu erzählen. Sie hatte sich den ganzen morgen einzureden versucht, dass es keinen Grund gab, die Treffen mit den Brüdern zu verheimlichen. Schließlich hatte ihre Mutter auch keine Einwände gegen ihre Freundschaft mit Arik. Aber spätestens wenn sie die beiden kennen lernen wollte, hätte die ganze Sache sich sicherlich erledigt. Wenn einer der Brüder wie ein Poet und der andere wie ein verkappter Rockstar aussah, brauchte man schon verdammt gute Argumente, um die eigene Mutter davon zu überzeugen, dass da nur Freundschaft im Spiel war. Außerdem wäre auch das nur eine weitere Lüge gewesen.
Etwas Warmes fuhr ihr um die Beine und hinterließ eine Menge feiner Haare an ihrer Strumpfhose. Edgar sah sie von unten vorwurfsvoll an und maunzte herzzerreißend. „Ich bin heute morgen noch nicht dazu gekommen, ihn zu füttern", erklärte Arik und schlurfte in Richtung Küche, „Kaffee?" „Was für eine Frage", antwortete sie und lehnte die zweite Tüte mit Backutensilien an die Wand, bevor sie Edgar hoch hob. „Du bist und bleibst ein Pummelchen", teilte sie ihm mit. Der Kater warf ihr einen stinkigen Blick zu. „Ich meine das als Kompliment", versicherte sie ihm und setzte ihn vor seinem Fressnapf ab.
Während Arik sich der Raubtierfütterung annahm, kümmerte Mo sich um den Kaffee. „Hattest du schon Frühstück?", fragte sie, als sie die Milch aus dem Kühlschrank holte. Arik brummte. Sie interpretierte es als ein „Nein" und deckte den Tisch. „War Ives gestern Nacht noch hier?", nahm die das Gespräch von vorher wieder auf. Am gestrigen Abend hatte Juri sie zu Fuß nach Hause gebracht. Es war höllisch kalt gewesen, aber sie hatten trotzdem einen Umweg gemacht, um sich die Weihnachtsdekorationen in den Gärten anzusehen.
„Ja. Ich glaube bis um zwei Uhr. Ich bin fast mit dem Controller in der Hand eingeschlafen", beschwerte Arik sich und setzte sich zu ihr an den Tisch, „Es würde mich also nicht wundern, wenn er später als angekündigt hier aufschlägt." Er bettete den Kopf auf seinen Armen und schloss die Augen. „Wie war dein Tag gestern", wollte er wissen und gähnte. „Ganz schön", antwortete sie und goss sich Kaffee ein. Arik öffnete ein Auge uns sah sie prüfend an. „Erst habe ich mich auf dem Klavier blamiert, dann habe ich mich beim Kochen lächerlich gemacht. Danach hat Juri Erbarmen mit mir gehabt und wie haben die Zeit der kitschigen Weihnachtsfilme eingeläutet." Zu ihrer Verwunderung musste sie sich beherrschen, nicht zu grinsen. Es war tatsächlich ganz schön gewesen. Abgesehen von dieser einen Sache.
„Arik?"
„Was denn?"
„Du erinnerst dich noch an die komische Frau im Kleid?"
„Wegen der wir auf Umwegen nach Hause gefahren sind?", fragte Arik und richtete sich wieder auf.
Mo nickte.„Ich glaube, sie hat an diesem Tag nach uns gesucht. Gesten hat sie mir nämlich aufgelauert, um mich vor Ives und Juri zu warnen. Ganz besonders vor Ives", sie zuckte mit den Schultern.
Arik starrte sie über den Tisch hinweg an.„Ehrlich gesagt kam sie mir ziemlich verrückt vor. Ich habe Juri von ihr erzählt, und er sagt, dass wir ihr aus dem Weg gehen sollen. Sie ist anscheinend gefährlich."
„Ich glaube, ich komme gerade irgendwie nicht ganz mit", sagte Arik.
Sie zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich auch nicht. Irgendwie ist das Ganze ein bisschen unheimlich. Sie hat mich nämlich davor gewarnt, Ives einen ‚seltsamen, aber harmlosen Gefallen' zu tun. Und später, als ich Juri davon erzählt habe, hat er mich quasi um das Gleiche gebeten. Er hat gesagt, dass ich mich auf keinen Handel oder Gefallen mit ihr einlassen soll. Er hat sogar dasselbe Wort verwendet. Kannst du dir einen Reim darauf machen?"
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Rabenbrüder
Paranormal„Wenn du einem Raben zu lange in die Augen blickst, nimmt er sich deine Seele und fliegt damit davon." Mit dieser dramatischen Warnung treten die Brüder Ives und Juri in das eintönige Leben der 17-jährigen Mo und ihres besten Freundes Arik. Auch wen...