Kapitel 10

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Leilas Sicht

Maja stand ein paar Meter entfernt von mir, ich wollte zu ihr laufen und rief ihren Namen. Doch meine Beine bewegten sich keinen Schritt, als wäre ich am Boden festgewachsen. Sie drehte sich zu mir um und streckte mir ihre Hand aus, als wollte sie mir helfen. Und dann tauchte, wie aus dem Nichts ein Mann mit einer Pistole auf und zielte auf Maja, welche immer noch zu mir blickte. Ich schrie, sie sollte laufen, doch sie bewegte sich keinen Schritt. Ich versuchte mich mit aller Kraft zu bewegen, doch es ging einfach nicht. Ich sah wie sein Finger auf den Abzug drückte und Majas Mund sich öffnete, als wollte sie schreien, jedoch verließ kein Ton ihren Mund. Als sie die Kugel traf, sackte sie in sich zusammen und ihre weit aufgerissenen Augen starrten mich an. Ein Schmerz durchzog meinen ganzen Körper und ich fiel in bodenlose Tiefe. "Leila", rief jemand meinen Namen. Ich konnte jedoch niemanden ausmachen. Irgendwer schüttelte an meiner Schulter und ich hörte unverständliche Wortfetzen. Doch dort war nichts, vor mir war immer noch Schwärze und Leere. Plötzlich klatschte etwas Nasses in mein Gesicht und ich schlug panisch meine Augen auf. Bevor ich meine Umgebung wahrnehmen konnte, zog mich Kilian in seine Arme. "Es war nur ein Traum. Du bist in Sicherheit", flüsterte er in mein Haar. Ich schluchzte auf und vergrub mein Gesicht in seinem T-shirt. Kilian strich mir immer wieder beruhigend über den Rücken, so dass ich mich langsam beruhigte. "Tut mir leid, wegen dem Waschlappen. Aber du bist einfach nicht aufgewacht." Ich blickte zu ihm hoch und sah, dass er mich besorgt musterte. "Ich würde dir so gerne den ganzen Schmerz abnehmen." Ich seufzte und griff nach seiner Hand, um sie mit meiner zu verschränken. "Das tust du schon mit deiner reinen Anwesenheit", sagte ich und gab ihm einen Kuss, welchen er erwiderte. "Wir sollten nochmal die Augen zu machen, wir haben erst 4 Uhr", flüsterte er und beugte sich rüber zu seiner Bettseite, um das Licht nochmal auszumachen. Wenige Sekunden später umhüllte uns die Dunkelheit. Ich hatte Angst davor wieder die Augen zu schließen und den Traum nochmal zu erleben. "Komm rüber, Süße", hörte ich Kilian flüstern. "Ich pass den Rest der Nacht auf dich auf." Ich rutschte auf seine Bettseite, wo mich wenig später zwei Arme an eine muskulöse Brust zogen. "Versuch zu schlafen", hörte ich ihn noch sagen, bevor mir die Augen zufielen.
Genervt drückte ich auf den Wecker, ich war extrem gerädert, da ich nur vier Stunden geschlafen hatte. Kilian war schon vor einer halben Stunde aufgestanden. Im Bad beschloss ich erstmal zu duschen, da ich das Gefühl hatte, dass der Traum immer noch an mir klebte. Im Schlafzimmer zog ich mir eine etwas schickere dunkelblaue Bluse und eine schwarze Jeans an, da ich neben Kilian nicht underdressed aussehen wollte. Ich legte nur ein leichtes Tages-Make-up auf und ließ meine Haare locker über meine Schultern hängen. Kilian saß schon in der Küche und blätterte in der Tageszeitung. "Morgen Schatz", sagte ich und betrat unsere Küche. "Guten Morgen, Süße", meinte er und legte die Zeitung beiseite. Er trug einen dunkelblauen Anzug mit einem weißem Hemd und sah unverschämt gut aus. "Die Bluse sieht hübsch an dir aus. Konntest du noch einigermaßen schlafen?" "Geht so, vielleicht lege ich mich später nochmal hin." "Mach das", sagte er und blickte auf seine Armbanduhr. "Wollen wir dann langsam?" "Ja, gerne", erwiderte ich und folgte ihm in den Flur. "Du solltest eine Jacke über deine dünne Bluse ziehen, draußen ist es relativ frisch." "Ist gut", sagte ich und nahm meinen beigen Trenchchoat vom Haken bevor wir aus der Tür gingen. Kilian hielt mir die Tür seines Audi auf, bevor er selbst einstieg. "Hast du heute in der Kanzlei viel zu tun?", fragte ich. "Klar, aber heute noch nicht ganz so viel. Papierkram hauptsächlich." "Dann gehts ja", sagte ich und ließ mich im Ledersitz nach hinten sinken. "Magst du über deinen Traum reden?" "Ich habe von Maja geträumt", erwiderte ich kurz angebunden. "Aber ich möchte in eigentlich nur vergessen und hoffen, dass ich so etwas nicht nochmal träume." Er griff nach meiner Hand und drückte sie. "Ich bin da, auch wenn ich dir vielleicht nicht immer das Gefühl gebe, stehst du bei mir immer ganz oben. Und ich hasse es dich so leiden zu sehen, das tut wirklich weh." Ich drückte Kilians Hand. "Danke, dass bedeutet mir viel." Mittlerweile hatten wir unser Ziel erreicht und Kilian parkte in einer Parklücke ein. Draußen roch es schon köstlich nach frisch Gebackenem und Kaffee. Genießerisch schloss ich die Augen und atmete tief ein. "Wollen wir?", fragte er und hielt mir seinen Arm hin, wo ich mich einhakte. Man sah schon von Weitem, dass das Kafayas etwas exklusiver war und die meisten Menschen mit Geld hier ein und ausgingen. Trotzdem war es ziemlich voll, als wir uns zu einem Tisch an der Fensterfront führen ließen. "Kann ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen?", fragte uns der Kellner. Kilian blickte fragend zu mir. "Ich hätte gerne einen Cappucino." "Und einen Espresso und eine Karaffe mit frisch gepressten Orangensaft", ergänzte Kilian. "Gerne", erwiderte der Kellner und verschwand wieder Richtung Theke. Während Kilian die Speisekarte studierte, wobei ich mir sicher war, dass er sie auswendig konnte, beobachtete ich die Leute in unserer Umgebung. Es befanden sich viele Geschäftsleute im Cafe und ältere Herrschaften, trotzdem stach mir ein Paar mit einem kleinen Kind ins Auge. Der Vater hatte den kleinen Jungen auf seinem Schoß und bespaßte ihn mit einem Spielzeug, während seine Frau über irgendetwas herzhaft am Lachen war. Diese kleine Familie sah wirklich glücklich aus. Ich versuchte mir vorzustellen, wie Kilian und ich dort mit einem Kind sitzen würden. Doch das Bild wollte sich einfach nicht einstellen. "Leila", hörte ich Kilian sagen und blickte zu ihm. "Hast du was gefragt?", fragte ich. "Ja, was du frühstücken möchtest?" "Sorry ich war in Gedanken", entschuldigte ich mich. "Das habe ich gemerkt", meinte er grinsend. "Was hälst du vom Spezialfrühstück mit Rührei, Joghurt und Müsli. Dazu können wir das französische Frühstück bestellen mit verschieden Brötchen und Aufschnitten." "Hört sich gut an, mir würde, aber auch ein Frühstück reichen." "Zwei sind besser. Dann ist die Auswahl viel größer", meinte er und winkte den Kellner zu uns.

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