Kapitel 14

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Wincents Sicht

"Hat jemand mein Mikrofon gesehen?" "Das liegt noch in der Garderobe. Du hast bis zum Auftritt noch zehn Minuten." "Ja, ich beeile mich. Wir treffen uns an der Bühne mit der Band." Eilig bewegte ich mich zurück in den Backstagebereich, wo mein Mikrofon noch auf dem Tisch lag. Ich war schon wieder auf dem Weg raus, als mir mein Handy auf dem Tisch auffiel. Eigentlich ließ ich es immer in der Garderobe liegen, da es beim Auftritt, sowieso nur störte. Doch heute hatte ich irgendwie ein komisches Gefühl dabei und steckte es kurzerhand ein. "Da bin ich wieder", meinte ich, als ich bei den anderen eintraf. "Super fünf Minuten noch." Ich zog schon mal meinen Kapuzenpullover aus, da man auf der Bühne relativ schnell ins Schwitzen kam. In dem Moment vibrierte mein Handy in meiner Hosentasche, stirnrunzelnd zog ich es raus. "Leila", blinkte auf dem Bildschirm auf. Mist, warum musste sie jetzt anrufen. Ich wollte es erst klingeln lassen, beschloss aber dann doch dranzugehen und sie um einen Rückruf zu bitten. "Hey Leila, es ist gerade etwas ungünstig. Kann ich dich später zurückrufen?" Zuerst war es still und ich dachte schon sie hätte aufgelegt, als ein Schluchzen aus der Leitung erklang. "Tut mir leid. Sorry, dass ich dich störe", erklang ihre aufgelöste Stimme. "Nein, warte so schlimm ist es nicht", sagte ich panisch. "Was ist passiert, du klingst komplett durch den Wind?" Ich... Ich... bin...bei Maja", brachte sie nach mehreren Sekunden unter Stottern und Schluchzen raus, dass ich erst dachte ich hätte mich verhört. "Wie du bist bei Maja?", fragte ich daher ziemlich verwirrt. "In Majas Wohnung", antwortete sie. "Und jetzt haben dich die ganzen Erinnerungen eingeholt", schlussfolgerte ich leise und entfernte mich etwas von der Band. Sie schniefte. "Ja und ich wollte das auch noch aufschieben, aber es ging nicht." "Wieso nicht?", fragte ich einfühlsam und ließ mich auf der Umrandung von einem Blumenkübel nieder. "Ich brauche einen Brief von Maja mit wichtigen Unterlagen." "Hättest du nicht jemanden anderen darum bitten können z.B. deinen Freund?" "Nein, auf keinen Fall", erklang ihre hysterische Stimme. "Aber er weiß doch, was passiert ist?", fragte ich zögerlich, überrascht von ihrer hysterischen Art. "Ja, aber ich will ihn nicht in der Wohnung von Maja haben. Ich wollte ihn selber holen." "Okay und weißt du wo die Unterlagen sind?" "Ja, ich bin schon im richtigen Zimmer." "Okay, dann such dir die Unterlagen zusammen und ich bleibe solange am Telefon. In Ordnung?" "Ich möchte dich, aber nicht von der Arbeit abhalten." Machst du nicht", beruhigte ich sie. "Danke. Ich beeile mich", brachte sie raus und ich hörte, wie eine Schublade aufging. Ich blickte hoch und sah meine Band wild gestikulieren und mein Gitarrist stapfte auf mich zu. Ich hielt kurz den Hörer mit meiner Hand zu und drehte mich zu ihnen um. "10 Minuten, ein wichtiger Anruf. Ich entschuldige mich auch gleich dafür auf der Bühne." "10 Minuten und keine Minute länger", hörte ich meinen Manager rüberrufen. "Du bist noch kein gefeierter internationaler Popstar, dass du dir erlauben kannst zu spät auf der Bühne zu stehen." "Ja, ja, dadrüber bin ich mir im Klaren", erwiderte ich genervt und drehte mich weg. Aus dem Telefon erklang immer noch Schrankgeklapper und Schubladengeräusche. Ich fragte mich, welcher Mensch seine Unterlagen in Schränken aufbewahrte, aber Maja war anscheinend eine solche Person gewesen. Nach einer Weile erklang Leilas Stimme wieder. "Danke, ich habe alles. Du bist echt mein Retter heute gewesen." "Kein Problem, das habe ich doch gerne gemacht. Hauptsache dir geht es wieder gut." "Ja, es geht wieder. Kannst du bitte noch warten, bis ich vor der Haustür bin. Ich habe das Gefühl erst auf der Straße wieder richtig atmen zu können?" "Ja, mach ruhig. Bist du in Hamburg?" "Ja, die Wohnung ist ziemlich innenstadtnah", sagte sie. "Und sorry für das Aufhalten, du bist doch bestimmt arbeiten oder anders beschäftigt unterwegs. Ich hoffe du hast gerade nicht zu viel Stress wegen mir." "Nein alles gut, ich habe Zeit", beruhigte ich sie und ignorierte im Hintergrund die Gestiken meiner Leute, welche aufgeregt auf die Uhr am Zeigen waren. "Trotzdem", erwiderte sie. "Wenn wir uns nochmal treffen, spendiere ich dir ein Essen. Ich hörte das Gepolter von Treppenstufen. "Gerne, ich würde mich freuen", erwiderte ich grinsend. "Super", meinte sie. "Ich habe es übrigens auf den Bürgersteig geschafft, also danke." "Dann, bin ich erleichtert, wie wäre es, wenn ich heute Abend anrufe, dann kannst du mir mitteilen, ob du den restlichen Tag ohne mich auch noch überlebt hast", sagte ich lachend. "Klar, ruf mich einfach an, wenn es dir passt. Ich würde mich freuen." "Mache ich. Bis später." Eilig steckte ich mein Handy weg und ging im Laufschritt zu den anderen.

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