Kapitel 19

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Leilas Sicht

Genervt drückte ich mir mein Kopfkissen auf die Ohren, irgendein klirrendes Geräusch nervte mich extrem. Ich wollte doch nur noch ein paar Minuten schlafen, bevor ich aufstehen musste. Seufzend blinzelte ich gegen die Helligkeit und suchte nach dem Übeltäter, der dieses Geräusch verursachtete. Der Übeltäter war mal wieder mein Handy, welches nicht aufhörte zu summen. Warum musste man mich immer um unmögliche Uhrzeiten anrufen? Verschlafen angelte ich nach meinem Handy auf der Kommode und meldete mich. "Guten Morgen, Albertinen-Krankenhaus, Dr. Schreiners von der Neugeborenenstation." Sofort war ich hellwach und setzte mich im Bett auf. "Entschuldigen Sie die frühe Uhrzeit, aber da wir schon Visite hatten, darf ich Ihnen mitteilen, dass wir Mia heute entlassen können." Überrumpelt starrte ich den Hörer an und versuchte meine aufkommende Panik runterzuschlucken. "Das ist eine Überraschung, ich freue mich riesig." "Das freut mich zuhören. Sie können ab mittags vorbei kommen, dann sind auch die Enlassungspapiere fertig." "Ja, vielen Dank, dann bis heute Mittag", verabschiedete ich mich. Achtlos ließ ich das Handy auf die Bettdecke fallen, heute war anscheinend der Tag gekommen vor dem ich solche Angst hatte. Aber mir war klar gewesen, dass dieser Tag irgendwann kommen musste und eigentlich freute ich mich wirklich riesig auf Mia, so dass ich es gar nicht in Worte fassen konnte. Kilians Betthälfte war leer und hätte er mich die Nacht nicht von der Fensterbank ins Bett getragen, hätte ich noch nicht mal gewusst, dass er hier gewesen wäre. Ich beschloss mich erstmal im Bad fertig zu machen und machte mir etwas zum Frühstück. Von Kilian war keine Spur zu sehen. Seufzend packte ich mir meine Handtasche zusammen und holte mein Handy aus dem Schlafzimmer. Während ich meine Jacke anzog, fing das Telefon anzuklingeln. "Leila Mirsbach", meldete ich mich. "Guten Morgen Schatz", erklang Kilians Stimme. "Guten Morgen, ist es wichtig? Ich bin nämlich auf dem Sprung", versuchte ich ihn abzuwimmeln. "Ja, sehr wichtig sogar. Ich habe ganz tolle Neuigkeiten." "Ah, ja", erwiderte ich nur. "Mich hat heute morgen auf der Arbeit Majas Mutter angerufen und...." "Wie bitte? Das glaube ich nicht", unterbrach ich ihn. "Doch sie hat durch ihren Anwalt von Mia erfahren und das Krankenhaus wusste, dass ich mit dir zusammen bin und hat meine Nummer weitergegeben. Aber das Beste kommt noch. Sie möchte Mia zu sich nach Hause nehmen und sich um das Kind kümmern." "Nein", stieß ich aus und griff haltsuchend nach der Tischkante. "Ich weiß, dass ist bestimmt ein Schock, aber das Beste, was Mia passieren konnte. Sie kann bei ihrer Familie aufwachsen. Ich habe mich schon mit dem Jugendamt in Verbindung gesetzt und warte nur noch auf einen Rückruf", redete Kilian fröhlich weiter. Während ich mir vorkam, wie in einem schlechten Traum. "Das ist nicht dein Ernst oder? Majas Familie konnte sich noch nicht mal um Maja kümmern, denkst du da überlass ich ihnen Mia. Kilian denk doch einmal nach. Wie kannst du überhaupt nur annäherungsweise auf die Idee kommen, dass ich das gut finden würde? Ich habe Maja versprochen mich um Mia zu kümmern und ich werde dies halten. Mir ist es mittlerweile egal ob du das willst oder nicht, ich ziehe es auch ohne dich durch." "Du willst dich trennen?" "Ja, sieht so aus, ich habe schon seit Tagen das Gefühl, dass wir uns komplett auseinander gelebt haben. Vielleicht wäre es besser, wenn wir in Zukunft getrennte Wege gehen." "Das lasse ich nicht zu. Wegen diesem Baby, willst du dich von mir trennen? Du liebst mich doch." "Ich weiß nicht, ob ich dich noch liebe Kilian. Wie soll ich jemanden lieben, der mit sämtlichen Mitteln versucht mir mein Baby wegzunehmen." "Es ist nicht dein Baby", schrie Kilian schon förmlich durch den Hörer. "Es gehört zu Majas Familie. Sie werden gerichtlich gegen dich vorgehen, wenn du ihnen das Kind verweigerst." "Wenn sie oder wenn du gerichtlich gegen mich vorgehst?", erwiderte ich verbittert. "Leila, ich meine es nur gut. Ich bin nicht der Feind." "Ach nicht, wer ist es denn der Mia aus der Welt schaffen will, weil sie seine heile Welt zerstört?" "Ich will doch auch Kinder, aber noch nicht jetzt." "Was du willst sind eigene Kinder. Du erträgst es einfach nicht jetzt schon, die zweite Geige zu spielen. Und weißt du was? Es tut mir wirklich leid, dass du bei deiner eigenen Mutter nicht an erster Stelle gestanden hast. Dann würdest du vielleicht verstehen, wieso ich jetzt das Kind von Maja aufnehmen würde und nicht ihren Eltern überlasse, die Maja als Kind selbst im Stich gelassen haben." "Was soll das jetzt heißen?", erwiderte Kilian wütend. "Wieso ziehst du meine Eltern jetzt dort rein?" Langsam nervte mich dieses Telefonat, wir würden uns heute nicht mehr einigen, vielleicht überhaupt nie mehr. "Kilian lass uns das Telefonat beenden, das bringt nichts. Wir drehen uns ständig im Kreis. Ich brauche eine Auszeit von allem." "Was soll das heißen?" "Ich weiß es nicht, tut mir leid. Ich melde mich bei dir." "Leila?" erklang seine Stimme. Doch ich hatte aufgelegt.

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