Leilas Sicht
Erleichtert verließ ich das Krankenhaus, ich hatte es geschafft Mia ihre Kleidung zu bringen und sogar ein Kuscheltier bei Maja gefunden. Und das alles hatte ich mal wieder nur Wincent zu verdanken. Mittlerweile war es mittags und ich beschloss das nächste Bistro aufzusuchen. Kilian wollte ich noch nicht über den Weg laufen und Zuhause würde mir die Decke auf den Kopf fallen. In einer Seitenstraße fand ich ein kleines Cafe, wo ich mir ein Baguette kaufte. An einem Stehtisch gelehnt, kontrollierte ich meine E-Mails und sah eine Nachricht von Kilian. Warum schrieb mir Kilian eine E-Mail? Verwirrt klickte ich auf die E-Mail und eine Datei öffnete sich mit der Überschrift "Maja Schneider". Ein Stammbuch und verschiedene Notizen erschienen auf der Seite und ich stieß verblüfft die Luft aus. Was wollte Kilian mir damit mitteilen, warum fing er jetzt an Majas Privatsphäre zu durchleuchten. Wütend wählte ich seine Handynummer, doch nach mehrmaligen Klingeln sprang die Mailbox an. Wütend sprach ich ihm eine Nachricht drauf, dass er sich sofort bei mir melden sollte. Frustriert packte ich meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg zur Universität, vielleicht konnte ich dort wenigstens etwas regeln. Als ich das Universitätsgelände betrat, kam ich mir vor wie in einer komplett anderen Welt. Es kam mir wie Ewigkeiten vor, dass ich nicht mehr hier war, dabei war es höchstens eine Woche her. Von überall ertönte Stimmengewirr und Gelächter, ab und zu schnappte ich Gesprächsfetzen von Studentenpartys und Vorlesungen auf. Themen, die mich letzte Woche auch noch brennend interessiert hatten und mir heute so belanglos vorkamen. Ich zwängte mich an einer Studentengruppe vorbei, welche mitten im Haupteingang stand und machte mich auf dem Weg zum Tutorenbüro. Auf dem Weg dorthin kam mir jedoch mein Professor schon entgegen. "Hallo, Frau Mirsbach. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, da ich Sie solange nicht mehr auf dem Campus gesehen habe." "Hallo Dr. Klein. Dadrüber wollte ich mit Ihnen reden, hätten Sie vielleicht kurz Zeit für ein Gespräch?" "Natürlich gehen Sie schon mal in mein Büro, ich gehe mir nur schnell einen Kaffee holen." Leise stieß ich die Bürotür auf, dahinter empfingen mich deckenhohe Bücherregale und ein bequemer quietschgelber Sessel, auf den ich mich setzte. Das letzte Mal war ich im ersten Semester hier gewesen, als ich auf einer Studentenparty war, welche ziemlich aus dem Ruder gelaufen war. Seitdem hielt ich mich konsequent von sämtlichen Partys fern, da Kilian gemeint hatte, das ich mir mit solchen hirnlosen Aktionen nur das Studium versauen würde. Wehmütig seuftze ich bei diesen Erinnerungen. Ich hörte wie hinter mir die Tür aufging und mein Professor seinen Kaffeebecher auf dem Arm balancierte. "Womit kann ich Ihnen behilflich sein?", fragte er, als er sich quietschend auf seinem Stuhl niederließ. "Ich habe privat im Moment ziemlich viele Veränderungen und wäre es irgendwie möglich, würde ich Sie auch nicht fragen, aber ich würde gerne für eine kurze Zeit mein Studium aussetzen, bis ich das privat geregelt habe." Mein Professor schaute mich verblüfft an, anscheinend hatte er mit einem solchen Anliegen nicht gerechnet. "Das kommt jetzt etwas überraschend für mich, aber Sie sind in Ihrem Kurs die beste Schülerin. Sie haben von allen das meiste Potenzial, aber das brauche ich Ihnen nicht sagen. Natürlich möchte ich Ihnen nicht im Weg stehen, wenn sie Zeit brauchen, nehmen Sie sie sich." "Danke", flüsterte ich und blickte auf das Bild, welches eine Familie zeigte. "Oh, das ist meine Frau und mein kleiner Sohn wirklich ein Sonnenschein", meinte er lächelnd. "Ich möchte Ihnen nicht zu nah treten, aber wenn es sich um ein Kind handelt und sie...." Ich schluckte. Fast jeder an dieser Uni wusste, dass ich in festen Hände war. Kilian war kein Unbekannter in der Stadt und hatte sich einen Namen gemacht. Wenn ich jetzt erzählte, dass meine privaten Veränderungen mit einem Kind zu tun haben, würden alle denken Kilian und ich würden Eltern werden. Kilian würde mich dafür wahrscheinlich umbringen. Daher schüttelte ich entschiedend den Kopf. Der Professor nickte, obwohl ich in seinen Augen sah, dass er mir das nicht abnahm. Deswegen stand ich ruckartig auf, da ich Angst hatte doch noch mit der Wahrheit rauszuplatzen. Ich streckte ihm die Hand zum Abschied entgegen. "Danke für Ihre Zeit. Ich würde mich bei Ihnen melden, wenn ich privat alles geregelt habe." Er drückte meine Hand. "Wenn Sie meine Hilfe brauchen, stehen ich Ihnen gerne zur Verfügung und das nicht nur zum Studium." "Dankeschön, das weiß ich zu schätzen", erwiderte ich und verließ fluchtartig das Büro.
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Ein Teil von dir, ist immer noch hier
RandomLeilas Leben ist perfekt. So würde sie es zumindest beschreiben. Sie ist 24, studiert in Hamburg Journalismus und ist mit ihrem Freund seit zwei Jahren glücklich verlobt. Bis zu diesem einem schicksalhaften Abend. Der ihr komplettes Leben für immer...