Kapitel 25

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Wincents Sicht

Nach einer zweistündigen Fahrt war ich in Berlin angekommen und fuhr auf den Parkplatz meiner Wohnung. Ich war gut durchgekommen und hatte außer dem kurzen Stopp an der Schule meiner Schwester kein einziges Mal gehalten. Sie hatte darauf bestanden, dass ich sie schon eine Straße vor der Schule rauslasse, weil sie sonst zu früh wäre. Jedoch nahm ich ihr das nicht ab, da wir eigentlich zu spät waren und sie viel zu aufgeregt für die Schule wirkte. Meine Nachfragen hatte sie jedoch abgeblockt und gemeint, ich würde mir viel zu viele Gedanken machen. Sogar meine Mutter hatte heute morgen den Kopf geschüttelt und gemeint, dass meine Schwester einfach in einem komplizierten Alter wäre und ich mal wieder runterfahren sollte. Ich seufzte und ließ mein Auto auf dem Parkplatz ausrollen. Wahrscheinlich machte ich mir wirklich zu viele Gedanken, was daran lag, dass ich einfach zu wenig Zuhause war. Aus meinem Kofferraum holte ich meinen Rucksack und einen Korb voller selbstgemachter Kekse und Gebäck den meine Mutter mir aufs Auge gedrückt hatte. Seltsamerweise hatte sie nämlich immer noch Panik, dass ich mich nicht selbst versorgen konnte und ich an den Tagen ohne ihrer Kochkünste verhungern würde. Was totaler Quatsch war. Zwar konnte ich wirklich nicht gut kochen, aber verhungern tat ich trotzdem nicht. Als ich meine Wohnungstür aufschloss, kam mir direkt stickige und abgestandene Luft entgegen. Das war der Nachteil, wenn ich wochenlang unterwegs war. Denn die letzten drei Wochen war ich entweder in München im Studio gewesen oder auf Konzerten quer durch Deutschland. Ich riss direkt die ersten Fenster auf und ließ die kalte Dezemberluft reinströmen. Die Wohnung in Berlin hatte ich schon seit fast sechs Monaten, wobei ich an den Fingern abzählen konnte, wie oft ich in dieser Zeit hier war. Ich ließ die Keksdose meiner Mutter in den Schrank verschwinden, da ich im Moment sowieso wieder auf meinem Sporttrip war. Daher hatte ich mich heute morgen auch schon mit meinem Trainer Max verabredet, da wir die letzten Wochen kaum trainiert hatten. Das hieß mein Morgen würde auf jeden Fall noch ziemlich anstrengend werden, wobei ich mich schon jetzt auf den Nachmittag mit Leila freute. Ich hatte nicht gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen würden und freute mich umso mehr. Ich hatte meiner Gesangslehrerin für heute extra abgesagt und mir den restlichen Tag frei geschaufelt, damit wir einfach in Ruhe quatschen konnten. Warum mich Leila so faszinierte, konnte ich jedoch immer noch nicht sagen. Vielleicht war es der Grund, dass sie scheinbar nicht wusste, wer ich war oder das sie so unkompliziert war. Am Anfang hatte ich noch gedacht, dass es einfach Mitleid war und ich mich in ihre Situation hineinversetzen konnte, aber das stimmte nicht mehr. Mein Blick auf die Uhr zeigte, dass ich schon wieder viel zu spät dran war. Verdammt! Dabei wollten wir uns auch noch im Park treffen, welcher zehn Minuten Fußweg entfernt war. In Eile holte ich meine Sportsachen aus dem Schrank und beförderte die frisch gewaschenen Klamotten, welche meine Mutter Zuhause gewaschen hatte, aus dem Rucksack. Ich war schon fast aus der Tür raus, als mir einfiel, dass ich komplett vergessen hatte, Leila zu schreiben. Manchmal hasste ich meine verpeilte Art wirklich. Ich klickte auf ihren Kontakt und schrieb ihr, dass ich in Berlin war und heute früh noch einen Termin hätte. Wir uns jedoch ab 15 Uhr treffen könnten und sie mir schreiben sollte, wann es ihr am besten passen würde. In dem Moment kam ein Anruf von Max rein, welchen ich direkt abnahm. "Ich bin unterwegs" sagte ich und ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen, bevor ich wieder auflegte. Gut, dann würde ich wohl die paar Kilometer bis zum Park einfach schon joggen.

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