Kapitel 16

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Kilians Sicht

Ich hörte mir auf der Mailbox Leilas Nachricht zum dritten Mal an und konnte nicht fassen, in welchem Ton sie mit mir sprach, als wäre ich irgendein Angestellter von ihr. Mein Blick wanderte zu meinen Notizen und der Nummer, die ich im Netz rausgefunden hatte. Dies war meine größte Chance das Kind aus der Welt zu schaffen und meine Beziehung zu Leila zu retten. Jedoch konnte ich durch diese Aktion genauso meinen Beruf verlieren oder meinen Ruf schädigen, sollte irgendjemand davon erfahren. Trotzdem musste ich es tun, ich hatte keine andere Wahl. Ich wählte die Nummer und lauschte dem Tuten. Nach einer Ewigkeit meldete sich eine Frauenstimme. "Hallo, Magdalena Schneider." "Guten Tag, Frau Schneider. Hier ist Kilian Breumer. Ich bin Anwalt für Familienrecht in Hamburg. Es geht um ihre Tochter Maja Schneider." "Was wollen Sie von mir? Ich habe gestern schon mit der Polizei telefoniert. Maja ist tot." "Das ist mir bewusst und ich möchte Ihnen mein aufrichtiges Beileid und meine Anteilnahme für..." "Hören Sie bloß auf damit meine Tochter ist schon vor langer Zeit für mich und meinen Mann gestorben. Wir hatten seit Jahren keinen Kontakt mehr", unterbrach Sie mich unwirsch. "Entschuldigen Sie, dass wusste ich nicht", log ich. "Ich rufe, aber wegen ihrer Enkeltochter an. Es geht um einen Vormund." "Enkeltochter nicht das auch noch. Hat meine Tochter es tatsächlich geschafft sich ein Kind andrehen zu lassen? Ich möchte nichts damit zu tun haben." Dies war eigentlich der Moment, wo ich als Anwalt das Gespräch abbrechen musste, da mir deutlich aufgezeigt wurde, dass das Kindeswohl in dieser Familie gefährdet war. Jedoch konnte ich dies diesmal nicht, denn das Kind musste unbedingt zu Majas Eltern. Dafür war ich auch bereit das Wohl des Kindes zu gefährden. "Sie sind der nächste Verwandte, der Vater ist unbekannt und..." "Nein, wir haben Maja vor Jahren aus unserem Leben gestrichen. Sie war ein anstrengendes Kind, sollte dieses Kind auch nur im Ansatz nach ihr kommen werden mein Mann und ich durchdrehen." Ich merkte, dass ich so nicht weiterkam und beschloss deswegen andere Geschütze aufzufahren. "Wenn Sie das Kind aufnehmen, wissen Sie bestimmt, dass Sie Kindergeld bekommen und bis zum 18. Lebensjahr das Vermögen des Kindes verwalten." "Ich verstehe nicht, ist das irgendein cleverer Schachzug von Ihnen." "Nein, Frau Schneider. Ich darf dies eigentlich nicht ansprechen, aber wir sind ja unter uns und manchmal kann dies eine finanzielle Situation aufbessern. Und mir ist es ziemlich wichtig, dass das Kind bei einem Familienangehörigen unterkommt und nicht in einem Kinderheim landet. Sie können sich dies natürlich in Ruhe durch den Kopf gehen lassen und mit Ihrem Mann nochmal reden." "Und es würde keiner die Gründe erfahren, wieso wir das Kind aufgenomen haben?" "Nein, absolute Verschwiegenheit. Niemand wird die wahren Gründe erfahren." "Ich werde es mir überlegen und mit meinem Mann sprechen." "Das freut mich. Rufen Sie mich einfach an." "Mache ich. Auf Wiederhören", verabschiedete sie sich und legte auf. Jetzt konnte ich nur darauf hoffen, dass Majas Mutter ihr Enkelkind aufnehmen würde und ich mit Leila endlich wieder zu unserem alten Leben zurückkehren konnte. In dem Moment fing schon wieder das Telefon anzuklingeln. Heute hatte ich gar keine Ruhe. Dann musste ich meinem Kollegen David später von meinem Hoffnungsschimmer erzählen. "Kilian Breumer. Rechtsanwaltskanzlei Breumer. Guten Tag!" "Hallo Kilian. Hier ist Angelika, Leilas Mutter." "Angelika, das ist eine Überraschung. Was kann ich für dich tun?" "Ich habe vorhin mit Leila telefoniert und sie hat mich einfach abgewürgt. Was ist los bei euch? Ich mache mir Sorgen." "Ich weiß es nicht. Leila ist im Moment ziemlich schlecht drauf. Man kann im Moment kaum mit ihr reden."  "Das tut mir leid für dich. Ich habe sie am Telefon nicht wieder erkannt. Hoffentlich beruhigt sie sich wieder." "Das wird schon. Wir wollen übermorgen vorbei kommen, wir waren schon ewig nicht mehr bei euch." "Davon hat Leila gar nichts erzählt, aber gerne wir würden uns riesig freuen. Wollt ihr länger bleiben? Wir können Essen gehen oder etwas unternehmen." "Ja, gerne. Zwei, drei Tage wollten wir bleiben. Leila hat das wahrscheinlich mal wieder vergessen, aber sie freut sich riesig dadrüber", behauptete ich, obwohl ich mir mittlerweile nicht mehr sicher war. "Ach Kilian, wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass du an Leilas Seite bist. Sie hätte keinen Besseren finden können." "Du machst mich ganz verlegen, dass kann ich nur zurückgeben. Ich sag Leila, sie soll sich heute Abend bei euch melden. Richte Daniel, liebe Grüße aus." "Mache ich. Tschau, Kilian." "Tschüss Angelika." Puh, was für ein Gespräch. Leila konnte froh sein, dass ich die  Babystory nicht erzählt hatte, ihre Eltern wären an die Decke gegangen. Das sie während des Telefonats mit ihrer Mutter aufgelegt hatte, konnte ich gar nicht fassen, das passte überhaupt nicht zu ihr. Ich beschloss Leila anzurufen und sie zur Rede zu stellen. Doch es sprang nur die Mailbox an. Genervt knallte ich den Hörer auf die Tischplatte, diese Frau trieb mich im Moment in den Wahnsinn.

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