Kapitel 18

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Leilas Sicht

Außer Atem lief ich die letzten paar Meter bis zum Haus zurück. Erleichtert hielt ich vor unserer Einfahrt an und sog gierig die frische Luft ein. Die Stunde joggen hatte mir gut getan, ich fühlte mich jetzt viel entspannter und ruhiger. Ich nahm einen großen Schluck aus meiner Wasserflasche, welche ich neben der Haustür deponiert hatte und schloss danach die Tür auf. Drinnen erwartete mich eine wundervolle Wärme und ich bemerkte erst jetzt wie durchgefroren ich war. Eilig streifte ich mir die Sportschuhe von den Füßen und beschloss direkt duschen zu gehen. Nachdem ich geduscht war und mich umgezogen hatte, setzte ich mir erstmal einen Kaffee auf. Dadurch, dass wir November hatten, wurde es draußen schon langsam düster und ich war froh vor Einbruch der Dunkelheit wieder Zuhause zu sein. Ich holte aus dem Wohnzimmer mein Handy, was ich vor dem Joggen dort liegen gelassen hatte. Als ich es entsperrte, rief mich genau in dem Moment Wincent an. Dessen Namen ich mittlerweile eingespeichert hatte. "Leila", meldete ich mich. "Hallo Leila, ich bins Wincent", meldete er sich und ich spürte seine gutgelaunte Art bis durch den Hörer, wodurch ich direkt mitlächeln musste. "Du versprühst direkt gute Laune", begrüßte ich ihn. "Das höre ich gerne. Ich wollte wissen, ob du den restlichen Tag ohne mich auch noch überlebt hast?" "Ja, mehr oder weniger. Ich bin froh, wenn ich gleich schlafen gehen kann." "Wieso, war der Tag so schlimm?", fragte er besorgt nach. "Ich habe mich überwunden und eine Auszeit von der Uni beantragt. Ich brauche einfach etwas Abstand, das Leben dort unterscheidet sich gerade so extrem von meinem eigenen, dass ich es nicht ertrage." "Das ist doch okay", hörte ich Wincent sagen. "Eine Auszeit kann doch nicht schaden, vielleicht hilft es dir zur Ruhe zu kommen." "Ich hoffe es. Was hast du heute noch gemacht, außer dass ich dich von der Arbeit abgehalten habe?" "Ich war mit zwei Freunden Sushi essen und eben noch kurz eine Runde joggen." "Echt? Joggen war ich auch gerade, um den Kopf mal frei zu bekommen." Wincent lachte. "Da hatten wir wohl den gleichen Gedanken. Ich gehe auch immer joggen, um den Kopf frei zu bekommen. Ich bin sowieso ziemlich sportverrückt, sei es joggen oder Fitnessstudio. Früher habe ich auch noch jahrelang Kampfsport gemacht, aber dafür habe ich leider keine Zeit mehr." "So sportbegeistert bin ich nicht, aber ich bin jahrelang geritten und hatte Tanzunterricht. Mittlerweile jogge ich nur noch." "Tanzen würde ich auch noch gerne können. Du müsstest mal sehen, wie ich mich zur Musik bewege. So ein paar coole Moves würde ich gerne noch können." "Ich kann es dir gerne bei der nächsten Gelegenheit beibringen, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass du dich nicht gut bewegen kannst." "Warte es ab", meinte er lachend. "Was hast du morgen vor?" "Entspannen, runter kommen und nicht zu viele Gedanken machen." "Das hätte ich dir auch geraten", erwiderte er. "Darf ich morgen Abend wieder anrufen, natürlich nur um sicherzugehen, dass du dich auch an dein Vorhaben gehalten hast?" "Gerne", lachte ich. "Super, dann wünsche ich dir eine gute Nacht und schlaf gut." "Danke, dir auch und danke für den aufmunternden Anruf." "Gerne, immer wieder. Melde dich einfach, wenn was ist, egal wann." "Danke, Wincent, das bedeutet mir unfassbar viel. Dann bis morgen." "Ja, tschau bis morgen", verabschiedete er sich. Glücklich legte ich auf und ich konnte gar nicht mehr aufhören zu strahlen. Obwohl ich Wincent kaum kannte, wurde mir immer mehr bewusst, was er für ein extrem positiver Mensch war und wie schnell er Leute mit seiner guten Laune anstecken konnte. Mein Kaffee war mittlerweile kalt und ich kippte ihn weg, bevor ich nach oben ging. Als ich das Schlafzimmer betrat, leuchtete der Mond ins Zimmer rein. Ich nahm mir eine Wolldecke vom Bett und beschloss mich ans offene Schlafzimmerfenster zu setzen. Der Himmel war komplett wolkenlos und ich konnte hunderte kleine Sterne aufblitzen sehen. Irgendwo dort oben war Maja und ich war überzeugt davon, dass sie auf uns herunterschaute, was mir wenigstens ein bisschen Trost spendete und die Kraft gab weiterzumachen. Trotzdem hoffte ich, dass der morgige Tag nicht, wie der heutige Tag beginnen würde.

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