10. Far Away

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Noch in der 3. Stunde gingen mir Ace letzte Worte durch den Kopf.
Ich konnte mich nicht richtig Konzentrieren und sah die ganze Zeit aus dem Fenster, während ich meinen Kugelschreiber immer wieder auf das leere Blatt vor mir tippen ließ.
Es regnete und die Tropfen liefen an der Glasscheibe herunter.

Danke, für alles.

Eigentlich müsste ich mich doch bei ihm bedanken, schließlich hatte er mir mein Leben gerettet.
Plötzlich kam ich mir komisch vor, dass ich dies nicht getan hatte.
Aber warum? Ich müsste mich doch gar nicht so fühlen.
Schließlich wollte ich es ja.

Du wolltest sterben um endlich frei zu sein.

Ich spielte mit der freien Hand an dem Reißverschluss meiner Jacke.
Ja ich wollte es.
Und eigentlich wollte ich es immer noch.

Zähle ich nicht?! Bin ich dir nicht wichtig?!

Ich umklammert den Kugelschreiber fester.
Ich schloss die Augen und presste meine Finger gegen meine Schläfen.

Doch. Mehr als irgendwer sonst Ace.

Plötzlich wurde ich aus meinem Gedankentunnel gerissen, da es zur Pause klingelte.
Ich packte meinen Kram zusammen und hing mir meine Tasche um.
Als ich gerade den Raum verlassen wollte, hielt mich Mr. Harper, mein Lehrer, auf.

„Ms. Wayne Ich würde gerne kurz mit Ihnen sprechen"

Ich sagte nichts, blieb stehen und schaute ihn an.

„Mir ist aufgefallen dass sie immer weniger am Unterricht teil nehmen und ziemlich in Gedanken versunken scheinen, wenn man sie anspricht.
Sie schreiben weder mit, noch zeigen sie ihr Wissen in den Arbeiten"
Er sah so aus, als ob er für all die Aufgezählten Dinge eine Gute Erklärung erwartete.
Als ich jedoch nicht Antworte, lehnte er sich ein Stück zu mir vor und sah mir unangenehm tief in die Augen, dass ich weg schauen musste.

„Wissen Sie, ich glaube dass Sie etwas mit sich herum tragen und vielleicht sollten Sie mit jemandem darüber reden, Mr. Edison zum Beispiel"

„Mir geht's gut, Danke, ich brauche keinen Therapeuten. Wenn sie mich jetzt Entschuldigen würden, ich habe Pause"
Ich lächelte ihn noch kurz gespielt an, dann machte ich auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum.

Erst Ace, dann Mr. Harper.
Warum hatten heute alle diese glorreiche Idee?

Ich ging noch ein ganzes Stück vom Klassenraum weg, weil ich nicht wusste ob Mr. Harper mir vielleicht nach laufen würde.
Ich blieb irgendwo am Rand des Flures stehen und holte mein Handy aus meiner Tasche.

Ich wollte Ace anrufen, damit wir vielleicht Schwänzen oder zum mindestens die Pause irgendwo hin gehen könnten, doch er ging nicht ran, nur die Mailbox. Ich runzelte die Stirn, als ich es wieder versuchen wollte, wurde ich an der Schulter angetippt.
Ich drehte mich um und sah in ein nicht ganz unbekanntes Gesicht.

„Liam, Was machst du denn hier?"

Fragte ich und er zuckte nur mit den Schultern während er mich belustigt anlächelte.

„Na ja, dass klingt jetzt vielleicht erstaunlich aber ich gehe in die selbe Schule wie du und habe zufällig zwei Kurse mit dir zusammen. Da ich dich hier stehen sehen habe, wollte ich einfach nur mit dir in Richtung unseres Geschichtsraums laufen"

Ich nickte langsam mit dem Kopf und musste schmunzeln.

„Ja wirklich sehr erstaunlich. Ich muss nur nochmal kurz zu jemandem"

„Klar, ich komme mit, wenns ok ist"

Ich nickte und wir liefen durch den kompletten Flur, raus zur Vordertür.
Wenn ich Ace per Handy nicht erreiche, muss ich ihn halt suchen.
Ich musste ihn einfach kurz sehen.

Ich lief gerade zu dem Platz am Schulzaun, wo auch seine Freunde standen, doch ihn konnte ich noch nicht sehen.

„Hey, weiß jemand von euch wo Ace ist? Er geht nicht an Sein Handy"
Fragte ich in die Runde.

„Keine Ahnung, also vorhin ist er einfach abgehauen"

„Wann genau?"

„Vor zwei Stunden oder so"

Ich fuhr mir nervös durch die Haare und schüttelte den Kopf.
Einer der Jungs kam näher zu mir und hielt mir einen Brief hin.

„Er hat gesagt ich soll dir das geben"

Ich nahm ihn entgegen und überflog die Zeilen.

Nein.
Nein nein nein nein!

Ich sah zu Liam und öffnete den Mund um was zusagen, doch ich brachte nichts heraus.

Er sah mich etwas verwirrt an und wollte näher kommen, doch ich wich ein paar Schritte zurück.
Ich merkte wie sich Tränen in meinen Augen anbahnten.

„Was ist denn los?" fragte er, ich war einfach nur komplett überfordert mit der Situation und sah in die vielen Augen, die mich alle anschauten.

„Ich muss gehen"
Ohne mich nochmal umzuschauen rannte ich los.

And Her Heart Is Falling Apart Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt