Kapitel 4 - Aufbruchstimmung

440 37 7
                                    

Ich wedelte wie eine Blöde mit den Händen, um ihm zu zeigen, dass er weitersprechen sollte. Was er nach einer Zeit auch tat: „Also das, was du bei den Lakaien gemacht hast, nennt sich Verschleierung. Du ersetzt das, was sie sehen, durch ein Bild von dem, was du willst, dass sie es sehen. Du bist eine der letzten, wenn nicht sogar die letzte Visia.  Sagen wir es mal so: Alles, was du kannst, hat mit dem „Sehen“ zu tun.“ „Was sind Lakaien? Und wieso haben sie dich angegriffen? Und wieso vielleicht sogar die letzte Visia?“, fragte ich hektisch. Er hob die Hände und bedeutete mir, mich zu beruhigen: „Ganz ruhig, eins nach dem anderen. Also, Lakaien sind sozusagen die Marionetten der Vampire. Versteh mich nicht falsch, nicht alle Vampire sind solche Mistkerle und machen sich Lakaien, aber da gibt es halt schon welche. Und nun ja, es könnte sein, dass ich einem von diesen Mistkerlen auf den Schlips getreten bin, und es könnte auch sein, dass dieser dann ein paar von seinen Lakaien losgeschickt hat, um mich zu töten. Und wie es jemand auf mich abgesehen hat, so gibt es auch Leute, die es auf Visia abgesehen haben. Vor Jahren gab es noch mehr Visia. Sie waren zwar selten, aber es gab sie, bis so ein Typ auf die Idee kam, die Visia auszulöschen, und leider gelang ihm das auch, glaubte man jedenfalls. Du bist die erste Visia, die ich seit 100 Jahren gesehen habe." Ich wollte gerade etwas erwidern, als Kyrie mich am Arm packte und sagte: "Wir müssen von hier verschwinden!" "Hä? Wieso denn das?" "Die Lakaien haben unsere Spur aufgenommen, sie werden gleich hier sein." "Aber ich kann hier doch nicht so einfach weg!", schrie ich schon fast hysterisch. Er packte mich am Arm, riss mich hoch und sagte eindringlich: "Wenn du nicht sterben willst, komm mit. Der Meister der Lakaien wird bestimmt schon wissen, dass eine Visia hier ist, also könnte es sein, dass, falls die Lakaien dich erwischen, dir noch Schlimmeres als der Tod bevorsteht." Ich nickte. Ich hatte das Gefühl, ihm trauen zu können, was eigentlich nicht ganz so schlau ist, aber naja. Außerdem musste ich noch mehr über die Visia erfahren.

Er zog mich zur Terrassentür und knallte sie so heftig auf, dass das Glas splitterte. Die Reaktion war zwar ein bisschen drüber, aber da wir uns laut seiner Aussage in Lebensgefahr befinden sei ihm das verzeihen. Es trafen ihn Splitter am Arm, sodass ein kleiner Schnitt auf seiner Haut erschien. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach auf den Schnitt starren. Es tropfte etwas Blut auf den Boden und ich sah ihm gebannt beim Fallen zu. Kyrie holte mich aus meiner Starre, indem er mich zu sich zog und mich hochhob. Er lief in einer Geschwindigkeit los, die mit einem ICE mithalten konnte. Eigentlich hätte ich mich nicht darüber wundern dürfen, immerhin bin ich ja, wie ich gerade herausgefunden habe, eine Visia, aber trotzdem fragte ich mich, wie das möglich ist. Aber da ich momentan nicht wirklich etwas anderes machen konnte, krallte ich mich an ihm fest und vergrub mein Gesicht an seiner Brust.

Nie vergessenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt