Deep Thoughts.

11.5K 236 200
                                    

Levi:

,,Erzählen sie mir, wie sah die Woche für sie aus? Gab es einige Dissoziationen seit den letzten Tagen?'', der Therapeut blickte über den Glasrand zu mir, während er sich die trockene Kehle mit dem Wasser anfeuchtete.

1...2...3...

Drei Mal sprang sein Kehlkopf hoch und runter, ohne sich nicht einmal zu verschlucken. Das Glas schallte leicht als es auf dem Beistelltisch abgelegt wurde, woraufhin ich wieder den Blickkontakt aufbaute.

,,Nichts besonderes, die Renovierungsarbeiten sind noch am laufen''.

Mein Gegenüber verzog die Brauen aneinander, am Nasenbein stapelten sich schon die ersten Falten aufeinander ,,Keine stressige Situation in die sie geraten sind?''.

Alles war stressig, keineswegs, aber ich war ein Mann, der äußerlich wenig Emotionen an den Tag brachte. Wie eine strenge Fassade, die niemals den Strang an der Decke verlieren würde, weil er sonst das Chaos einer theatralischen Bühne zeigte. Vor dem Publikum, und ich der Clown, der es nicht hinbekam, dass Gerümpel aufzuräumen. Auch, wenn es vielleicht zwischen diesen hunderten Auftritten nur ein schlechter war, triumphierte dieser eine schlechte Momente alle anderen Male, an denen ich die Fassade perfekt unter Kontrolle hatte.

,,Bestens, denke ich''.

,,Verstehe'', er notierte sich etwas auf dem Notizblock, ehe er seine Nase in die Höhe zog ,,Haben sie die Medikamente eingenommen, die ihnen der Psychiater mitgegeben hatte?''.

Die Medikamente - Melatonin, um den Schlafhormon zu produzieren, der mir trotz meines gesunden Hormonhaushaltes fehlte. Nicht, weil mein Gehirn es nicht ausschüttete, sondern mein Körper an manchen Tagen es für richtig hielt, wach zu bleiben.

,,Ja'' log ich.

,,Wirklich?'' er wirkte stutzig, aber wieso?

,,Glauben sie mir nicht?''.

Mein Therapeut blickte mir tief in die Augen. Seine Lippen öffneten sich, jedoch kam kein Ton raus. Ein paar Sekunden vergingen, indem er mich einfach nur inspizierte. Und ich tat es ihm gleich.

Sein voller Bart hatte bereits einige grauen Strähnen angenommen, sowie sein Haar. Falten zeichneten die leicht gebräunte Haut, und wenn ich mich nicht versah, trug er eine Brille mit hohen Dioptrien - zumindest fielen mir die ein oder andern male auf, wie dick die Gläser auf seiner Nase waren.

,,Ich glaube ihnen, so ist es nicht, Mister Ackerman. Nur...''.

Jetzt war ich derjenige, der die Brauen zusammenzog ,,Sie denken, dass ich wieder rückfällig werde?''.

1...

Sein Kehlkopf sprang einmal auf, als er schwer schluckte.

,,Ich möchte sie gerne öfter bei mir sehen'', korrigierte er meine Vermutung, und schenkte mir ein leichtes Lächeln.

Er wollte wohl mein Geld, immerhin würde ich ihn viele Sitzungen kosten, andererseits könnte er mich loswerden, wenn ihm danach wäre. Und sollte dies passieren, dann...

,,Mister Ackerman?'' zog mich mein Therapeut aus meinen tiefen Gedanken.

,,Haben sie sich schon mit ihren Nachbarn angefreundet? Oder die Gegend erkundigt?''.

,,Nicht wirklich. Ich und meine Verlobte kamen noch nicht dazu''.

,,Dann wird es wohl Zeit'', kam es von ihm, nachdem er auch schon sein Notizblock zuklappte und seine digitale Uhr vibrierte, die uns beiden damit vermittelte, dass die Stunde rum war.

,,Mal sehen'' kam es zuletzt von mir, ehe ich aufstand und durch die Türschwelle ging, unwissend darüber, dass dahinter ein neues Kapitel für mich begann.

YOU'RE MINE.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt