Jonny-Boy

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Kapitel 23
Heute
Alec öffnete die Hintertür zu dem Eigenheim seines Informanten und war nicht überrascht, als kurz nach seinem Eindringen ein halblauter Alarm losging, der von einer kleinen Soundbox auf einem Regal zu ihm vor drang.
Natürlich war John nicht so dumm sein Haus vollkommen ungesichert zu lassen, aber im Gegensatz zu allen anderen Häusern, die so eine Möglichkeit nutzten, würde er diese Anlage niemals automatisch mit dem Polizeirevier verbinden. So dumm war er nicht. Und als Alec darauf hin einen einzigen Schuss seiner Schall-gedämpften Waffe abdrückte und die Plastikbox in tausend Einzelteile zersprang, musste er keine Befürchtungen haben, dass gleich die Behörden vor der Tür standen.
„Wer ist da!" kam eine zittrige Stimme von der anderen Seite und vor Alec stand ein junger Mann mit dicken Brillengläsern und unreiner Haut. In seinen Wurstfinger Händen hielt er einen Baseballschläger, aber das ließ Alec nur breiter grinsen.
„Hallo, John. Willst du kämpfen oder reden?", fragte Alec bitterkalt und die eh schon blasse Haut des Mannes wurde noch eine Spur durcheinanderer. Aber der junge Mann entschied sich für die einzig e wirkliche Alternative, die ihm nicht sofort das Leben kosten würde - zumindest glaubte er das.
„Alec? Richtig?", fragte er und wurde plötzlich etwas selbstsicherer. Sie hatten sich noch nie persönlich gesehen aber John wusste genug von Alec, um richtig zu kombinieren. Insbesondere, weil er wohl der einzige Auftragskiller war, der eine Frau im Schlepptau hatte und diese sich gerade zwischen die Männer drängte.
„Und du bist Nora!", grinste John breit. Er wusste nichts über Nora, nur das Alec sie festhielt und er glaubte sicherlich nicht, das von ihr irgendeine Gefahr ausging. Aber würde sie es wahrscheinlich alleine schaffen den Kerl zu überwältigen.
Nora legte den Kopf schräg und verstand wahrscheinlich nur ihren eigenen Namen, denn wie angekündigt verstand sie kein russisch.
„Du bist der Informant?", fragte sie in Englisch und John nickte eifrig. Geschmeichelt von dem Interesse einer so schönen Frau. Sie lächelte zurück und noch während sie das tat, zog Nora ihre eigene Waffe und schoss John ins Knie.
Zumindest hatte sie das wohl vorgehabt, aber sie traf den Oberschenkel und der Mann ging erschrocken in die Knie. Was ihn wohl mehr entsetzte als seine Verletzung wahr allerdings Noras absolut netter und höflicher Gesichtsausdruck, denn sie immer noch zur Schau trug. Alec flucht, packte den Informanten und schleppte ihn grob in den anderen Raum, der eigentlich mehr einer Höhle glich.
Alec sah dutzende von Computern und Bildschirmen, dazu Pornohefte und - wow, wer hätte das gedacht, bei dem Übergewicht: Obst und Gemüse. Überall. Keine Pizzaschachteln, dafür aber Salatboxen und Zimmerpflanzen. Überall Pflanzen. Dann war der Grund für sein Übergewicht wahrscheinlich ausschließlich die mangelnde Bewegung, der Junge lebte gesünder als Nora und das wollte was heißen.
Alec setzte den ächzenden und jammernden Kerl auf den Hocker während Nora es sich in dem komfortablen Computerstuhl gemütlich machte und interessiert seine Obstauswahl bedachte. Sie griff nach einem Apfel.
„Sorry du hast recht, ich muss Schießen lernen!", kam sie Alec's gemecker zuvor und biss kräftig in das Obst und seufzte leise auf was beide Männer im Raum plötzlich sehr still werden ließ. So einen laut hatte John sicherlich noch nie live bei einer Frau gehört und Alec nicht außerhalb des Bettes.
„Wow, die sind Mega lecker", sagte Nora mit einem ehrlichen Unterton und John vergaß wohl für einen Moment, dass die beiden ihn gerade einfach so angeschossen hatten.
„Sind aus meinem Garten, hinten im Haus. Die letzten dieses Jahr. Aber die Birnen sind besser. Von meiner Oma", plapperte er einfach drauf los. Alec fand die Situation zwar mehr als abstrus, aber sie war Zielführend, denn Nora lehnte sich in den Stuhl zurück, lächelte so charmant, das nicht mal John ihr in diesen Moment irgendetwas übel nehmen konnte und dann sagte sie: „Oh, ich glaube wir sollten deine Oma besuchen fahren, wenn wir mit dir fertig sind."
Sofort brach der kalte Schweiß auf Johns Stirn aus. Er hörte die unterschwellige Drohung heraus, obwohl Nora es so nebensächlich hervorbrachte, wie es in einer anderen Situation wohl auch gemeint gewesen wäre.
„Nein, nein, nein, meine Oma kann nichts dafür. Sie hat damit nichts zu tun. Ich habe..."
„Du hast meinen Standort an irgendeinen dritten weitergegeben und der hat mit ein paar korrupte Bullen auf den Hals gehetzt!", fuhr Alec nun endlich dazwischen und der Junge wurde noch blasser.
„Ne- nein", stotterte er etwas atemlos. Die Lüge war so offensichtlich, wie die Vorliebe für Obst. Alec seufzte und drückte den Lauf seiner Pistole auf seine Fleischwunde am Oberschenkel. Schade das Nora nicht tatsächlich das Knie getroffen hatte, das würde mehr wehtun. Aber so viel Druck brauchte der Junge auch nicht.
„Nein, ah, Bitte, ja...ja. Okay! Ja ich habe ihn weitergegeben!", brach er nach Sekunden zusammen und die darauffolgende Stille wurde nur davon unterbrochen, wie Nora an dem Apfel knabberte.
„Sag uns alles was du darüber weißt und ich überrede Alec, dich nicht zu töten!", versprach Nora zuckersüß, während sie das Kerngehäuse des Apfels in eine Schale sinken ließ und sich eine Birne nahm. John zögerte, schien verwirrt, dann aber sagte Nora genau das richtige.
„Oh Gott, du hast recht, die Birnen sind noch besser, ich muss unbedingt deine Oma kennenlernen!" entfuhr es ihr und der Junge verzog das Gesicht zu einer Miene des Entsetzens.
„Ich dachte, er hätte dich entführt!", heulte er auf, als würde ihm erst jetzt klar werden, dass er von Nora tatschlich keinerlei Hilfe zu erwarten hatte. Ganz im Gegenteil. Nora zuckte gelangweilt mit den Schultern.
„Ich habe mich entführen lassen, sieh ihn dir an: Er ist viel zu heiß, um ihn widerstehen zu können!" John wollte antworten, doch da verlor Alec auch schon die Geduld, er schlug ihm mit dem Griff seiner Pistole ins Gesicht.
„Rede endlich! Sonst kann sie dir wirklich nicht mehr helfen!" versprach Alec bitter und fand plötzlich Gefallen an dem Spiel böser Bulle und süßer, psychotischer Bulle. Denn eines musste man zugeben: Nora war unglaublich unheimlich mit diesem Kontrast, den sie verkörperte: Hübsch, niedlich und absolut höflich während sie alte Damen und dessen Hackerenkel bedrohte. Er fand es sexy. Unglaublich sexy, denn er stand auf diese Gänsehaut die sie jemanden damit verpassen konnte. John lachte. Ein Klang irgendwo zwischen Selbstironie und ehrlicher Erheiterung.
„Ich weiß nicht, wer er ist und er war genauso überrascht zu erfahren, dass du noch lebst mit ihr im Gepäck! Fuck, ich will mit der Scheiße eigentlich nichts zu tun haben, aber euer Timing ist wirklich nicht gut. Für euch!", entfuhr es ihm, während Tränen seine Wangen herabliefen. Er war es definitiv nicht gewohnt, dass man antworten aus ihm herauspresste.
„Von wem redest du?", fragte Alec. Mit der vollen Absicht ihm noch wesentlich mehr Schaden zuzufügen. Doch das schaffte er nicht. Er wusste nicht, ob es seinem Schlafmangel lag ober ob Victorius Fähigkeiten sich anzuschleichen so gut waren - er tippte auf ersteres. Aber er hörte das leise Klicken einer Pistole die sich entsicherte und gegen seinen Hinterkopf drückte.
„Er redet von mir. Keine Bewegung...", forderte Victorius und Alec hätte fast laut aufgelacht. Er hatte sich nie sehr um sein eigenes Leben gekümmert, nichts auf der Welt würde ihn dazu bringen sich nicht zu wehren!
„Oder deine Süße verliert das hübsche Leuchten in den Augen!", setzte Victorius seine Drohung fort und erst jetzt sah er wie Nora stocksteif in ihrem Sitz verharrte und ihn mit großen, ehrlich ängstlichen Augen ansah. Und vor allem: Wie ein Mann ihr eine Klinge an den Hals drückte. Wie es aussah, gab es doch etwas, was ihn von einer Gegenwehr abhielt.

Beta: MrsGeany

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