zwei Gesichter

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Kapitel 24

Nora dröhnte der Schädel und sie konnte sich auch an nichts erinnern. Alles was in ihrem Kopf existierte war Schmerz und Kälte. Sie wollte sich rühren, ihre steifen, überstrapazierten Muskeln etwas Entspannung gönnen aber sie konnte nicht. Sie versuchte sich zu bewegen , aber das verschlimmerte ihre Qualen nur und sie stöhnte schmerzerfüllt auf und wollte die Augen öffnen, als ein Stechen in ihrem Kopf all ihre Sinne benebelte. Plötzlich waren ihre eingefrorenen Muskeln egal, es gab nur noch dieses Stechen in ihrem Kopf, dass alles dominierte und dann fiel es ihr wieder ein.
Panisch versuchte sie etwas von der Umgebung wahrzunehmen, ignorierte den Schmerz und öffnete den Mund um zu schreien. Um Alec zu rufen, ihn um hilfe zu bitten, denn die Bilder hasteten nur so durch ihren malträtierten Schädel. Sie erinnerte sich an Jonny-Boy, den kleinen Informanten den sie und Alec besucht hatten und an Viktorius, der plötzlich auch da war und das Messer an ihrer Kehle, dass Alec dazu gebracht hatte sie für einen unendlichen Moment einfach nur anzusehen und nicht zu reagieren.
Sie erinnerte sich an an den Baseballschläger des Jonny-Typen, den einer von Victorius Männern ergriffen hatte und auf Alecs Schädel hatte sausen lassen. Sie erinnerte sich an den kurzen Gedanken, den sie hatte, als Alec zusammenbrach und zu Boden ging.
Blut. Da war eine verfluchte Menge Blut gewesen und sie hatte nur gedacht: Wenn er starb, wollte sie nicht mehr leben. Sie hatte sich schreiend nach vorne fallen lassen. So schnell, dass der Typ der ihr das Messer an die Kehle gehalten hatte, die Hand nicht schnell genug hatte wegziehen können und sie geschnitten hatte.
Dann waren da nur noch zwei Worte gewesen, bis bei ihr alles Schwarz wurde >>verrücktes Miststück<<. Und jetzt war sie wieder wach, dass donnern in ihrem Schädel sagte ihr, das auch sie niedergeschlagen worden war und als sie versuchte das linke Auge zu öffnen klebten ihre Wimpern an ihrer Wange. Blut, getrocknetes Blut auf ihrem Gesicht, und zwar ihr eigenes. Das erklärte dann wohl ihre Kopfschmerzen.
Und langsam nahm Nora noch mehr war. Sie war in einem Raum, nicht groß aber quadratisch und sie war gefesselt. Ein Seil war an einem Hacken an der Decke befestigt und an denen hingen ihre Handgelenke. Sie lehnte an der Wand, was ihr half ihre Füße dazu zu zwingen ihr Gewicht zu tragen und ihre Schultern zu entlasten. Aber das reichte nicht, es war nicht wirklich angenehmer zu stehen, denn sie war so klein, dass ihre Schultern kaum Erleichterung erfuhren und sie mit dem Füßen fast in der Luft schwebte.
„Nora!", brachte eine kratzige Stimme hervor und sie richtete ihren Blick auf die andere Gestalt im Raum. Alec. Die kurze Freude darüber das sie ihn nicht totgeschlagen hatten verging ihr fast noch im selben Moment, als sie ihn sah.
Er hockte auf den Boden, ein Eisenring lag um seinen Hals. Genauso wie um seine Handgelenke und diese waren mit einer schweren Metallkette in der Wand einbetoniert. Von diesen Ketten konnte nicht mal er sich losreißen.
„Nora!" sagte er noch einmal, denn ihr Verstand brauchte lange, um auch den Rest wahrzunehmen und tatsächlich auf ihn zu reagieren. Er trug kein Shirt. Sein wundervoller Oberkörper lag frei und war so sehr von Prellungen in allen Formen und Farben übersäht, dass es auch ihr körperliche Schmerzen zufügte. Sie sah sogar zwei Merkwürdig verschobene Risse, die sich von innen gegen seine Haut pressten.
„Was haben sie mit dir gemacht?", fragte sie mit belegter Stimme und den Tränen nahe. Was hatten sie ihm angetan? Was hatten sie ihrem Monster nur angetan? Der Gedanke war nicht mehr als ein Wimmern in ihrem Schädel.
„Nora!", sagte Alec wieder und Nora zwang sich dazu ihm ins Gesicht zu sehen und wünschte es sich, es nicht getan zu haben. Sein Gesicht. Sie hatten sein Gesicht...
„Gefällt dir Alecs neues Gesicht, Liebling?", fragte Victorius und trat plötzlich an sie heran. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass er da war. Sie wollte ihm automatisch das Gesicht zu wenden, doch da umfasste seine schwielige Hand ihr Kinn, drückte ihre Wangen schmerzhaft zusammen und zwang sie dazu Alec wieder anzusehen.
„Ich war schon ein wenig enttäuscht, als der Bastard sich so unbekümmert gezeigt hatte, als wir mit seinem Gesicht fertig waren, aber dich interessiert es schon, oder?", fragte er boshaft und Nora zwang sich hinter all dem Blut und den Schwellungen irgendetwas genaueres zu erkennen. Aber alles was sie sah war die lange, tiefe Schnittwunde die sich von der linken Seite seiner Stirn über seinen Nasenrücken, sein rechtes Auge bis hin zu seinem rechten Ohrläppchen zog. Sie sah böse aus, tief und stumpf. Sein Auge konnte man mit Sicherheit nicht mehr retten.
„Du hast so tief geschlafen, dass du das gar nicht mitbekommen hast. Er war wirklich tapfer, hat in sich hinein geschrien aber sonst kaum einen Ton von sich gegeben. Aber keine Angst, du bekommst eine Wiederholung. Ich werde auf seinem Gesicht ein großes X verewigen, damit du weißt, dass du ihn nicht anzusehen hast. Nie mehr."
Nora entwich eine Träne und sie hasste sich dafür, denn als sie ihre Wange herunter kullerte lachte Victorius lautstark.
„Ha! Ich wusste, dass es dich nicht kalt lässt. Ich hab es dir doch gesagt, Alec: Alles was sie dazu bringt, dich zu wollen ist deine Visage. Ist die weg, geht sie zu einem anderen hübschen Zeitvertreib. Sie ist nicht besser als ihre Mutter."
„Was willst du Vicaurus?", fragte sie und es gelang ihr erstaunlich gut unbeteiligt zu wirken. Das brachte Victorius aus dem Gleichgewicht, zumindest etwas bevor er sie wütend anblickte.
„Ich heiße Vicorius!", donnerte es ihr entgegen und ,wie für jeder Mann mit einem riesiegen Ego, war es für ihn das allerschlimmste: Unbedeutend zu sein.
„Entschuldige, ich hab deinen Namen vergessen,", meinte sie und fing sich damit eine so schallende Ohrfeige ein, die sie Blut in ihrem Mund schmeckten ließ. Sie hörte das schwere klirren von Ketten und sah, wie sich Alec dagegen stemmte. Er mag angebunden sein, aber ihr Monster war noch da. Ob entstellt oder nicht, er war immer noch er.
„Du hast Glück, dass ich keine hässlichen Frauen ficke, sonst würde ich jetzt dasselbe mit deinem Gesicht machen. Du wirst Respekt vor mir haben! Du wirst.."
Sie kicherte. Langsam und unverhohlen kicherte sie, wie es tatsächlich nur eine Verrückte konnte. Dann hob sie den Kopf und spuckte das Blut aus ihrem Mund in seine Richtung.
„Entschuldige. Red weiter, ich hatte nur gerade ein Deja-vu. Mein Vater hat immer dasselbe gebrüllt und sich damit immer lächerlich gemacht, ich schwelge nur in glücklichen Familienerinnerungen." Victorius trat so dicht an sie heran, dass sie seinen unangenehmen Atem riechen konnte – und die Narbe an seinem Hals sah. Hätte sich Alec doch nur damals die Zeit genommen ihm tatsächlich die Kehle aufzuschlitzen.
„Wie war das?", fragte er und wollte damit sicherlich bedrohlich wirken. Sie flüsterte ebenso dunkel zurück, aber in ihrer Stimme schwang Spott mit
„Du kapierst es nicht, oder? Pass auf, ich zeige es dir", sagte sie und von einer Sekunde auf die andere verwandelte sich ihre Hexenmine in die eines völlig entsetzten und glaubhaft verängstigten Mädchens.
„Bitte, tu mir nichts! Ich mache alles was du willst! Aber bitte, tu mir nichts!", bettelte sie mit einer Stimmlage, die so echt klang das Victorius entsetzt die Augen aufriss. Dann wurde ihre Mine wieder kalt und der Spott kam zurück. Der Spott für den Mann vor ihr und seinen //dessen Verstand.
„Wir waren die Informanten, die dir halfen meinen Vater zu stürzen. Wir haben die Bomben gelegt, die fast alle deine Männer ausgelöscht haben. Und wir waren es, die dich seit Monaten verfolgen und einen deiner Kumpel nach dem anderen umgebracht haben. Ich nehme an, du hast irgendwann angefangen zu graben und dann vollkommen überrascht festgestellt, dass wir noch leben aber wirklich verstanden hast du nichts. Genauso wie mein Vater bist du nur ein Plumper, alter Mann, der eine ganz wichtige Sache nie verstehen wird: Das die größte Bedrohung von denen ausgeht, von denen ihr am meisten glaubt, dass sie euch eh nichts anhaben können. Zum Beispiel: Du hast Alec angebunden wie ein Tier und glaubst, von ihm geht die Bedrohung aus, während du dich von mir ablenken lässt."
Victorius dreht sich hastig zu diesem um, aber da hatte der angekettet Alec ihm auch schon in die Kniekehlen getreten, ihn zu Fall gebracht und wollte sich auf ihn stürzen, wie das Tier, für das Victorius ihn wohl auch berechtigterweise hielt.
Alec unternahm einen ernsthaften Versuch ihm mit den Zähnen die Kehle herauszureißen und dass alles nur weil der böse Möchtegern Mafiaboss glaubte, es sei nicht nötig ihn auch an den Beinen anzuketten. Victorius entkam Alec schnappenden Kiefern und sein Rücken donnerte gegen Noras Körper, die ebenfalls angriff.

Es schmerzte unendlich aber Nora verlagerte das Gewicht wieder auf ihre Arme, schlang ihre Beine von hinten um Victorius Körper und versenkte ihre Zähne in seinem Ohr. Er schrie und riss sich von ihr los, während Nora sich weigerte, das Stück Fleisch loszulassen welches sie erwischt hatte und riss ihn damit kurzerhand einfach die gesamte Ohrmuschel ab.

Er schrie, taumelte zur einzigen Tür und besah sich schockiert das Pärchen, was er sich das ins Haus geholt hatte. Alec gluckste die ganze Zeit vor sich hin. Seine Stimme hing wie eine akustische Bedrohung in der Luft. Und um der Szene noch weiter Ausdruck zu verleihen, behielt Nora sein Ohr eine Weile im Mund kaute lautstark darauf rum und gab einen genüsslichen Laut von sich, bevor sie es ihm vor die Füße spuckte.
„Du bist lecker. Hast du nicht gesagt du willst mich vergewaltigen? Komm her, Süßer. Lass uns spielen!" schnurrte sie wieder vollkommen niedlichen, aber sie erreichte, damit genau was sie wollte. Victorius trat den Rückzug an und verschwand aus der Tür.
Nora ließ sich noch im selben Moment erleichtert gegen die Wand sinken und würgte in der vollsten Überzeugung sich gleich übergeben zu müssen. Während sie nur geschauspielert hatte und sich taff zeigte, war Alecs glucksen aber echt und als sie ihn ansah begegnete sie seinem schwarzen Blick. Selbst in nur einem Auge konnte man eines ganz deutlich erkennen: Er war intensiv und Mega sexy. Selbst jetzt oder vielleicht gerade jetzt: Es war immer mehr Alecs Aura gewesen als sein Aussehen das ihn für sie interessant gemacht hatte und sie begehrte ihn kein Stück weniger, Wunden hin oder her.

Beta: MsGeany

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