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Melodisch und dem Takt entsprechend tippe ich mit der Fußspitze abermals auf den laminierten Boden auf. Meine Hände spiegeln das Vorhaben meines linken Fusses wieder, indem sie ebenfalls gegen die Armlehne des weinroten Stuhls trommeln, jedoch nur leise hörbar.

"Also gut. Ich bin soweit fertig. Aber Schätzchen, bist du dir wirklich sicher da-"

"Tu's einfach." siegessicher blicke ich in den Spiegel, gefüllt mit Sicherheit.

Er atmet erschöpft aus. "Na gut."

Vorhabend ergreift er die zwei Strähnen meiner vorderen Haarpartie und lässt sie nocheinmal zwischen Zeige- und Mittelfinger gleiten, ehe er an der gewünschten Länge stoppt und ein gutes Stück abschneidet, sodass die haselnussbraunen Strähnen zerzaust auf meinen Schoss fallen.

Ich sehe die Partie auf meinem Schoss an, zufrieden lächelnd. Er macht weiter, versucht derweil eine flache Ebene aus meinem Haar zu erstellen. Meine Stirn ist komplett bedeckt und zunächst fühlt sich dies auch etwas ungewohnt an, doch mit der Zeit würde sich dies bestimmt meinem Gefühl anpassen.

Ein lautes Geräusch ertönt hinter mir, als Jorge den Föhn anmacht und mir ein letztes Mal durch das volle Haar wuschelt, ehe er grob mit der Spitze drüber föhnt und es versucht etwas zu trocknen. Oftmals strubbelt er durch meine obere Haarpartie, als er diese schliesslich kurzerhand mit einer Haarklammer hochsteckt und die untere mit Hilfe einer Rundbürste anfängt, glatt zu föhnen.

"Und, ist dein Liebling schon auf Tour?" erkundigt sich mein liebster und vertrautester Frisör.

Im Spiegelbild grinse ich ihm zurück. "Ja, schon drei Monate." ich versuche so frustriert wie möglich zu klingen was mir - nach Monaten langer Übung - gut gelungen ist.

Jorge zieht einen Schmollmund. "Och Schätzchen, mach dir keine Sorgen, er vermisst dich bestimmt auch. Wie lange dauert die Tour noch?"

"Noch 4 Monate." stöhne ich genervt aus. "Heute ist sein letztes Konzert in der Europatour, bevor er dann zehn Tage Pause hat."

Seine Miene erhellt sich, als sei ihm ein Licht aufgegangen."Ach, deshalb also machst du dich so schick." lacht er über das dumpfe Geräusch des Föhns.

Ich setze ein gespieltes Grinsen auf. "Kann sein." lüge ich.

Dabei behalte ich den eigentlichen Grund für mich. Dass ich eine Typveränderung will und nicht mehr die selbe, schwache Eleanor als Oberhand meines Verhaltens überlasse, muss ja nicht jeder wissen. Ich behalte es als mein eigenes kleines Vorhaben, welches sich nicht als negativ erweisen lässt.

Davon bin ich überzeugt.

Nach dem üblichen Smalltalk und der fertiggemachten Frisur stehe ich auf, drücke Jorge den gewollten Geldbetrag zu, mit einem ordentlichen Trinkgeld. Schmunzelnd küsst er meine beiden Wangen, verabschiedet sich und wünscht mir einen schönen Tag, vergisst dabei nicht, auf Louis anzuspielen, was meine Augen zu verdrehen veranlasst.

Ins Taxi gestiegen fahre ich nach Hause, wo ich mich zuerst entscheide, ein gelungenes Mahl zu kochen, bevor ich mich an jegliche Vorbereitungen mache oder die Planungen erfülle. Mit leerem Magen sollte man keine Entscheidungen fällen.

Das war das Sprichwort, welches meine Mutter immerzu verabscheute.

Während ich die Paprika in Streifen schneide, fallen meine Gedanken um meine Mutter herum. Seit dem Vorfall hatte weder ich mich bei ihr, noch sie sich bei mir gemeldet. Wir sind beide zu sturr um nachzugeben.

Doch um ehrlich zu sein sehe ich keinen Grund, um mich zu entschuldigen. Ich habe nichts falsches begangen und mich für ihre Beleidigungen und ihre Erniedrigungen zu entschuldigen, wäre einfach selbstlos. Und genau das will ich verhindern.

Shadow ✽ Elounor / slowupdatesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt