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Gretchens Sichtweise:

Wow, ich war wirklich verzaubert. Ich musste meine Tränen unterdrücken, die an die Oberfläche kamen, da hier alles so wunderschön war. Ich schaute mich um.

Die komplette Kantine war verdunkelt und nur durch Kerzenlicht erhellt. In der Mitte des Raumes war ein kleiner Tisch mit einer roten Samtdecke. Darüber hing ein Schild mit 'verzeih mir' darauf.

Wie romantisch.

An den Wänden standen meine Kollegen mit Kerzen in der Hand. Ich war wirklich verzaubert. So etwas hatte noch nie jemand für mich getan. Hinter dem Tisch kam Marc zum Vorschein, im Krankenhauskittel, den ich ihm gestern verpasst hatte. Alles hier war perfekt und ich sah das Leben wieder durch eine rosarote Herzchenbrille. Marc kam auf mich zu und hielt mir den Arm hin. Mit Vergnügen nahm ich ihn und er führte mich zu meinem Stuhl. Er schob ihn vor, damit ich mich setzten konnte. Ich entdeckte meine Mutter in der Ecke, die vor Freude weinte und mein Vater neben dran, der genervt die Augen rollte. Ja, so verschieden waren meine Eltern. Ich musste lächeln und sah mir die Tischdeko an. Lauter Rosenblätter bedeckte die Samtdecke und ein kleiner Strauß weißer Rosen stand in der Mitte. Marc schenkte mir Wein ein und ich schaute nich nochmals um. Langsam gingen meine Kollegen, damit sie uns alleine lassen konnten. Ich entdeckte Frau Hassmann, die mir einen neidischen Blick zu warf. Ich grinste sie an und sie streckte mir die Zunge raus.

Was ein neidischen Kotzbrocken.

Als der Raum leer war schaute ich Marc an.

"Was willst du essen?"

Er war so süß und der Gentleman in sich drinnen kam nach langem wieder zum Vorschein. Ich fühlte mich wie der glücklichste Mensch auf Erden. Ich war wirklich sprachlos und bekam kein Wort heraus. Alles fühlte sich an wie ein Traum.

Nach ein paar Minuten Stille räusperte ich mich.

"Mir egal.", antwortete ich etwas beschämt über die lange Pause.

Er nahm mir den Teller weg und brachte mir ein Schnitzel mit Gemüse und Pommes. Ich musste lachen, da das gar nicht zur Stimmung passte, aber das war egal. Es gab nur ihn und mich.

"Gretchen wir müssen reden." Ernst blickt er mir in die Augen.

Ja das mussten wir. Ich schaute ihn erwartungsvoll an. Aber vorher hatte ich noch eine Frage.

"Wie hast du das gemacht? ich meine, wie hast du hier alle vertrieben und so ein wundervolles Date auf die Beine gestellt? In einer halben Stunde?", sprudelte es nur so aus mir heraus.

Okay, es war mehr als eine Frage.

"Ach, den ein oder anderen bestochen.", witzelte er.

Ein Moment herrschte Stille, dann mussten wir beide losprusten. Es war einfach so eine komische und gleichzeitig schöne Situation. Wir lachten lange, bis wir uns wieder beherrschen konnten.

"Gretchen, Schatz, es tut mir unendlich Leid, dass ich dir das angetan habe. Ich hätte dich von Anfang an einweihen sollen. Du glaubst nicht, wie sehr ich das bereue und ich hoffe du kannst mir verzeihen.", bat er mich und an seinem Blick konnte ich erkennen, dass er es wirklich ernst meinte.

Und wieder wurde ich emotional und weich. Mir traten die Tränen in die Augen.

Jetzt bloß nicht weinen!

Ich schluckte die Freudentränen herunter und aß mein Essen auf. Es war total lecker und das ganze Date war wunderschön. Als wir fertig mit dem Essen waren, standen wir auf und Marc kam mir entgegen. Er nahm mich in den Arm und gab mir einen Kuss. Die Zeit blieb stehen und es gab nur Marc und mich. Der Kuss fühlte sich wie eine Ewigkeit an und er war voller Leidenschaft und Begehren. In mir glühte die Flamme der Liebe immer mehr auf. Ich liebte Marc mehr, als alles andere auf der Welt. Der Kuss wollte niemals enden.

Doch plötzlich kam aus dem Lautsprecher der Kantine ein knacken und darauf folgte eine Durchsage.

"Achtung Achtung, Feuerarlarm. Bitte begeben sie sich nach draußen. "

Ich schlug mir die Hand gegen den Kopf. Das durfte doch wohl nicht wahr sein! Im wohl schönsten Moment meines Lebens passierte so etwas.

War ja wieder klar. Ich und mein Glück. Warum passiert so was nur immer mir?

Ich hatte jetzt richtig schlechte Laune. Marc nahm meine Hand und führte mich durch einen Notausgang aus der Kantine. Als ich auf dem Parkplatz des Elisabeth Krankenhauses stand, sah ich, dass aus einem Zimmer Rauch kam. Es war das Aufenthaltszimmer von meiner Station. Mein Glück schien mich komplett verlassen zu haben. So ein Pech!

Scheisse, mein Tagebuch. Das ist in meinem Spind.

Aus der Ferne konnte ich die Sirene der Feuerwehr hören, die immer lauter wurde.

"Marc? Da ist mein Tagebuch drinnen."

Ein unbehagliches Gefühl breitete sich in mir aus. Er seufzte genervt auf.

"Das ist dein erster Gedanke? Da könnten noch andere Leute drinnen sein. Man, wenn das verbrennt kaufe in dir halt ein neues."

Ich ließ seine Hand los und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. Und da war es wieder, das emotionslose Matchoarschloch, dass dir den Tag vermieste.

Die Feuerwehr stand inzwischen auf dem Parkplatz und holte die Schläuche aus dem Fahrzeug, als die Polizei um die Ecke bog. Auf dem ganzen Parkplatz herrschte Chaos und viele Mitarbeiter verfielen in Panik. Ich schaute mich um und suchte meine Eltern. Aber ich konnte sie nicht sehen. Auch Marc schien beunruhigt und suchte die Umgebung ab. Aber nach wem?

Die Feuerwehrmänner fuhren die Leiter aus, bis sie das Zimmer erreichten und fingen an zu löschen. Einige Polizisten und fünf Feuerwehrmänner betraten mit Rauchmasken das Gebäude.

Es dauerte eine Stunde bis sie wieder herauskamen. Das Feuer war schon längst gelöscht und die Feuerwehrleute stiegen in ihr Auto ein, um weg zu fahren. Eine Polizistin holte ein Megafon aus dem Polizeiauto heraus. Sie stellte es an und sprach herein.

"Gretchen Haase bitte zu mir. Ich wiederhole, Gretchen Haase bitte zu mir."

Einen Moment bewegte ich mich nicht und blieb wie angewurzelt stehen. Danach blinzelte ich und schluckte.

Ich?

Mein Herz raste. Warum ich? Marc neben mir stieß mich an und schubste mich vor.

"Du bist gemeint."

Ich drehte mich um und sah ihn böse an. Danach drehte ich mich wieder um und machte mich auf den Weg. Die Polizistin schaute sich ungeduldig um, als ich vor ihr auftauchte.

"Gretchen Haase? Das bin ich."

Sie wandte sich zu mir und sah mich mit ihren braunen Augen an.

"Gut. Wo waren Sie vor 90 Minuten?"

"Das geht Sie nichts an. Wieso?"

Ich schaute sie trotzig an.

"Das geht mich wohl was an. Es war Ihr spind, der brannte. Wir vermuten Brandstiftung."

Mir wurde ganz heiß und ich fuhr mir mit der Hand durch das lockige Haar.

Brandstiftung? Verdammt! Warum heute? Warum schon wieder ich?

Die Polizistin merkte, dass ich geschockt war.

"Nun, Frau Haase, wir konnten nur eine Sache noch retten. Es tut mir leid. Aber wir müssen Sie mitnehmen, auf das Revier."

Sie lächelte und hielt mir ein kleines Buch hin. Ich nahm es und seufzte erleichtert auf.

Gott sei dank das Tagebuch. Aber warum muss ich auf das Revier?

Papa Marc? (doctor's diary)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt