Kapitel 4: Süße Träume

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"Claire? Claire.......Claaaaiiirrrrreeeee Süße?", riss mich meine Mutter aus dem Schlaf. Fuck, es war nur ein Traum. Ich hatte das alles nur geträumt? Diese wunderschöne Stunde in der Frau Winterberg meine Hand gehalten hatte? Aber auch dass sie verheiratet war. Und ich wusste nicht recht ob das jetzt ein positives oder negatives Ereignis war, diesen Traum doch nicht erlebt zu haben. Genervt schlug ich meinen Kopf nach hinten und kam auf dem Badewannenrand hart auf. "Auaaaaa", brüllte ich und war jetzt sichtlich schlecht gelaunt. Ich lag ja immer noch in der Badewanne. Meine Hände waren mittlerweile so faltig wie die von meiner 98 Jahre alten Oma und ich verdrehte meine Augen. Wenn ich etwas besonders gut konnte, dann das! Das kann doch jetzt nicht wahr sein...ich raste hier irgendwann nochmal völlig aus. ...ist doch ein schlechter Scherz! Ich brummelte vor mich hin und rutschte, als ich aus der Wanne stieg noch fast so aus, dass ich gegen das Waschbecken gefallen wäre, konnte mich aber im letzten Moment noch halten. Leider war das alles hier kein schlechter Scherz, sondern die bittere Wahrheit. Die Realität hatte mich mal wieder eingeholt, das Leben klopfte an und ich war nicht bereit. Bereit wofür überhaupt? Bereit um zu meiner Dozentin zu gehen und zu sagen "Ach übrigens, ich glaube ich mag sie doch ein bisschen mehr als ich da ursprünglich mal geplant hatte. Und by the way, ihre Augen sind so toll ich könnte darin versinken. Danke fürs Zuhören, ich geh mich dann schon mal verbuddeln bevor Sie mir eine klatschen können für mein unangebrachtes Verhalten einer Lehrperson gegenüber." Meine Ironie brannte durch und mit ihr mein Verstand. Immer noch im Bad versuchte ich einen klaren Gedanken zu fassen und mich daran zu erinnern was ich ursprünglich hier wollte und zwar entspannen. "Das war ja mal wieder nichts geworden", dachte ich mir und sah mich im Spiegel an. Vor mir stand ein bleiches etwas, ein bisschen Sonne würde mir auch nicht schaden. Meine grauen Augen wurden betont von dunklen Augenringen, von denen ich das Gefühl hatte, dass sie seit Monaten nicht weg gingen und meine Augenbrauen durften auch mal wieder gezupft werden. Mein Aussehen war mir nie egal, ich war zwar nie jemand von den "Bitches" gewesen unter deren Make up dann irgendwann mal ein Gesicht erschien, aber ich fühlte mich einfach wohler mit ein bisschen Puder und Mascara. Schnell flocht ich meine noch nassen Haare zu einem Fischgrätenzopf, machte eine Maske auch meine Augen und ging in mein Zimmer um noch ein bisschen Netflix zu sehen, bevor ich dann endgültig müde und ausgelaugt ins Bett fallen konnte. Die Idee war zwar gut, aber die Umsetzung gestaltete sich als schwierig. Keine zwei Minuten war ich auf meinem Bett, da spürte ich schon wie meine Augenlieder zu fielen und ich langsam aber sicher ins Land der Träume abdriftete.

Diese Nacht träumte ich ganz bewusst von Anne Winterberg. Ihren wunderschönen Haaren, den grünen Augen, ihrem Körper und der bezaubernden Stimme. Ich sah sie vor mir im Hörsaal an der Tafel stehen, wie sie mit der Kreide berühmte Schriftsteller und deren Werke anschrieb und dabei total passioniert wirkte. Nur dieses Mal wusste ich im Unterbewusstsein, dass es leider nur ein Traum war. Vielleicht stand ich deshalb nach dem Unterricht direkt auf und ging mit Sarah und dem Rest nach draußen. Machte mir deshalb nicht die Mühe noch ein Gespräch anzufangen, weil ich wusste dass es sowieso nicht relevant war. Aber ich musste zugeben. So oder so, ich liebte es von ihr zu träumen.

Am nächsten Morgen wachte ich mit einem komischen Gefühl im Bauch auf. Es war so ungewohnt wieder so an einen Menschen zu denken, dass es mir schon fast Angst machte. Ich fühlte mich unnormal, krank, nicht weil ich mich in jemand verknallt hatte. Habe ich das wirklich grade gesagt? Nein, es war einfach dieses, "Du bist noch nicht bereit für sowas, fang doch erst einmal klein an und nimm dir nicht direkt deine Dozentin vor". Wo meine Gedanken Recht hatten, hatten sie nunmal Recht. Dennoch war es gar nicht so einfach. Ein ungutes Gefühl im Kopf, Gewissensbisse, aber auch ein Herz voller Hoffnung und Schmetterlinge im Bauch wenn ich nur an sie dachte. Aber war das wirklich echt oder spielten meine Hormone einfach verrückt? Bildete ich mir das vielleicht einfach ein, weiblich so sehr eine Beziehung haben wollte, weil ich bisher noch nie eine gehabt hatte? Gefühle haben mich schon immer verwirrt, der das hier nahm ganz neue Gestalten an. Während ich die ganze Zeit nachdachte, war ich schon halb fertig angezogen und hatte mir ein bisschen Puder aufs Gesicht gemacht. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich keine Zeit mehr für Mascara hatte, denn es war bereits 8:30 Uhr, also höchste Zeit zur Uni zu gehen. Ich sprintete quasi um meine Bahn noch rechtzeitig zu erwischen und hatte Glück. Sarah, Maria und Lucie gesellten sich zu mir als ich vor dem Eingang des Hörsaals auf sie wartete und auch Emily kam kurze Zeit später. "Hey du bist ja einmal im Leben pünktlich", hörte ich Lucie zu Emily pfeifen und wir mussten lachen, denn sonst war Ems immer zu Allem zu spät dran.

"Ruhe bitte", ertönte es nun von vorne. Weil wir so rege gequatscht hatten, hatte ich gar nicht bemerkt dass Frau Winterberg nun schon im Hörsaal angekommen war und unsere Aufmerksamkeit haben wollte. Meine bekam sie natürlich ohne Umschweifen und mein Blick lag auf ihren Lippen, sodass ich ihr jeden Wunsch hätte ablesen können. Sie machte ihren perfekt geformten Mund auf und richtete sich an uns "Wenn Sie möchten, könnten wir am Freitag spontan eine Exkursion ins Literatur Museum machen! Wer von Ihnen wäre denn theoretisch und praktisch dabei, Anwesenheitspflicht gilt natürlich nicht, aber im Laufe der Exkursion wird es ein paar Interessante Tipps für ihre Klausur geben." Sie hatte natürlich beim Wort "Klausur" sofort die Aufmerksamkeit und ein paar fragende, verwirrte Blicke auf sich gezogen und ich sah wir sie das genoss. Ihr Blick ging durch die Reihen um die Meldungen zu zählen und als sie bei mir ankam, grinste sie mich vorsichtig an. Okaaaayyyyy, jetzt auf keinen Fall ausrasten Claire! Aber da war es schon um mich geschehen und mein Herz machte einen Sprung in die Luft. So schnell wie die Stunde begonnen hatte, endete sie leider auch wieder und ich machte diesmal keine Anstalten noch länger zu bleiben, weil ich mich einfach so unwohl und gleichzeitig so verknallt fühlte. In der Bahn auf dem Weg nach Hause bekam ich plötzlich eine Email. Abgesendet von a.winterberg. Oh Gott es ist Frau Winterberg!


Liebe Studierende,

ich freue mich sehr auf die Exkursion die am Freitag statt findet. Bitte vergessen Sie nicht sich Fragen an die Fachleute im Museum, die unsere Führung leiten, auszudenken damit wir dort mit leeren Mündern stehen und unsere Zeit zum Fragen stellen sinnvoll nutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Anne Winterberg


Wie ich mich jetzt schon auf Freitag freute war unglaublich und ich hoffte inständig, dass dieses Gefühl der Unsicherheit in mir, gepaart mit den Gedanken an Anne Winterberg, endlich verschwinden würde. Ich wollte nicht länger ein schlechtes Gefühl haben und endlich wissen was jetzt in mir los war. Vielleicht musste auch einfach ein Wunder geschehen.

Aber ich liebe sie...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt