Kapitel 16: Die Wahrheit

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"W..was?", stammelte ich vor mich hin, während Anne die Treppe hinunterpolterte, in der Hoffnung dass ich in der Tür stehengeblieben war. Mit Tränen in den Augen kam sie an der Haustür an. Meine großen Augen starrten in ihre grünen, die durch die Tränen glasig geworden waren. 

"Er ist tot, Claire!", sagte Anne mit nüchterner Stimme. 

Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Und so standen wir einfach da. Ich halb in der Tür, während sie mich ansah und wir beide nicht wussten was wir sagen wollten. Nach einer gefühlten Ewigkeit bewegte ich meine Beine so, dass ich die Tür wieder schließen konnte. Anne starrte mich noch immer emotionslos an, während ich meinen Mund aufmachte, jedoch keinen Ton herausbrachte. Meine Tasche warf ich in die Ecke des Flures und ging wie gelähmt die Treppe hinauf, während Anne noch immer unten stand. Ich konnte sie gerade nicht umarmen, auch wenn ich  es noch so gerne gewollt hätte. Aber ich war enttäuscht. Enttäuscht von mir und meiner  Reaktion, aber auch von Anne. Weil sie mir einfach die Wahrheit hätte erzählen können. Nun gut, die ganze Wahrheit wusste ich noch immer nicht, aber ich wusste zumindest, dass Stefan Geschichte war.Geschichte; wiederholte ich nochmals in meinem Kopf. Anne müsste mir noch so einiges erklären. 

Der Wasserkran holte mich tief aus meinen Gedanken. Ich war gerade dabei Teewasser für uns aufzusetzen. Mit Tee lies es sich immer leichter sprechen als ohne. Zumindest konnte man dann die Teetasse festhalten und einen Schluck trinken, statt einfach nur in die Luft zu starren und zu nicken. 

Mittlerweile musste Anne die Treppe hochlaufen, denn ich hörte ein paar Schritte auf der Holztreppe. Eine Minute später stand sie neben mir und sah mich schuldig an. Ohne etwas zu sagen deutete ich auf die Couch und Anne setzte sich.  Ich kam kurz darauf mit denTeetassen aus  der Küche  ins Wohnzimmer gelaufen, wäre fast noch über die Fransen eines Teppichs gestolpert und stellte die dampfenden Tassen danach auch den Couchtisch. Erst jetzt bemerkte  ich, dass die Scherben meiner Tassen die ich mit der Decke niedergeschmettert hatte, noch immer auf demFußboden lagen. Ich kniete mich hin und begann sie aufzusammeln, als Anne sich zu mir bückte, um mir die Scherbens der Hand zu nehmen. Symbolisch betrachtet stehen diese Scherben wohl für Annes und meinen Zusammenbruch gerade. Und du bist daran Schuld Claire, alleine du. Manchmal hasste ich die Stimme in meinem Kopf so sehr, aber Unrecht hatte  sie leider auch nicht ganz. 

Also versuchte ich zu beginnen. "Anne...es...es tut mir leid, ich wusste ja nicht dass..." doch da unterbrach mich  Anne schon.

"Ich weiß. Und ich hätte direkt offen und ehrlich sein sollen. Geheimnisse sind nie gut, zumal dies ja kein Geheimnis ist. Es ist einfach sehr schmerzhaft für mich und ich rede nicht gerne darüber.  Das heute hat mir gezeigt, dass ich das machen muss. Ansonsten zerstöre ich alles schöne in und um mich herum. Ich wollte dich nicht verletzen Claire, das...das musst du mir glauben!"

"Weiß  ich doch Anne." Kurz hielt ich inne, bevor ich meinen Mut packte und schüchtern fragte "Was ist denn eigentlich passiert?" Schon als ich meine Frage ausgesprochen hatte, bereute ich sie. Ein Kloß stieg in meine Kehle und ich wartete auf eine Reaktion meines Gegenübers.

Anne schluckte schwer. Scheinbar tat ihr die Geschichte mit Stefan wirklich sehr weh. Sie nahm einen großen Schluck Tee und stellte die Tasse zurück auf den Couchtisch, während sie zu reden begann.

"Ich fange ganz von vorne an. Wir haben uns kennengelernt als ich Literatur studiert habe. In Hamburg, wo auch meine Familie wohnt. Ich war 19 und er 23. Wir hatten in paar gemeinsame Kurse und haben uns auf anhieb ihr gut verstanden. Eines Tages hat er mich zum Abendessen eingeladen und wenn es davor schon nicht klick gemacht hatte, dann dort. Nach dem Studium sind wir zusammen verreist und haben viel von der Welt gesehen. Das Foto was auf der Kommode steht, was du gesehen hattest, das ist in Neuseeland entstanden."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 27, 2023 ⏰

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