Es war wieder mal ein typischer Montag morgen. Alle schlecht gelaunt, jeder wollte das Wochenende zurück und ich hatte gemischte Gefühle. Das vergangene Wochenende wollte ich eigentlich lernen, aber meine Zeit habe ich meinen ungewissen Gefühlen und Überlegungen, Theorien und schier idiotischen Träumen gewidmet. Allesamt über Anne Winterberg, denn egal was ich tat, diese Frau ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf und ich hasste mich dafür, dass ich mich nur noch auf sie konzentrieren konnte. Auch Emily und Sarah schienen meine Gedanken aufzufallen, denn als sie auf mich zukamen machten sie ihren obligatorischen, observierenden Blick und schauten mich fragend an. "Nichts ist...", murmelte ich schon aus Gewohnheit und klang schlechter gelaunt, als ich es eigentlich war, denn immerhin hatten wir jetzt Literatur. Mit halb verdrehten Augen sah ich sie an und konnte meinen eskalierten Blick auch nicht mehr einfangen, bis wir endlich eine Sitzplatz im Hörsaal gefunden hatten. Ich saß ganz links in der Reihe und danach kamen Sarah und Emily, die Beide ihre Augen auf mich geworfen hatten und mich immer noch mit ihren Blicken fest. Das würde die nächsten drei Stunden so weiter gehen, wenn ich jetzt nichts sagen würde. "Sie hat einen Mann", flüsterte ich leise vor mich hin, sodass nur Sarah mich verstehen konnte und merkte wie der Kloß in meinem Hals sich wieder bemerkbar machte. Warum hatte es mir diese Frau nur so angetan? Sarah rutschte ein Stück auf mich zu und sagte nur kurz und knapp, "Ich glaube du hast dich in sie verliebt Claire...", in mein Ohr. Viel zu schnell schüttelte ich als Antwort darauf meinen Kopf und drehte mich demonstrativ von Sarah weg. Vielleicht bin ich verliebt...sehen mich die Anderen so? Bin ich wirklich verliebt? In meine Dozentin...herrje Claire.
Natürlich musste ausgerechnet in diesem Moment Frau Winterberg aufkreuzen und sich mitsamt ihrer strukturierten und feinsäuberlich ausgearbeiteten Arbeiten am Pult niederlassen. Ich war eh schon halb am Ende und obwohl ich wusste, dass ich mich grade freiwillig in ihren Unterricht gesetzt hatte, verpasste sie mir alleine durch ihr Auftreten einen Stich ins Herz. Ich musste unweigerlich an die Situation im Auto denken. Wir hatten so viel Spaß und doch blieb mir nur noch das "Mein Mann..." im Kopf. Jetzt versuchte ich mich aber einfach mal auf den Unterricht zu konzentrieren. Wir kamen zum Thema Literatur Museen, dass so wenige Leute beim Ausflug waren und Frau Winterberg ließ sich anmerken, dass sie sehr enttäuscht von unseren Kurs gewesen war und sich mehr Leute erhofft hatte. Dann sagte sie "Aber wissen Sie, ich war letztes Jahr in Graz und dort ist eins der kleinsten Literatur Museen der Welt. Mein Mann hat es während eines Meetings dort entdeckt und...", aber ab da konnte ich ihr nicht mehr zuhören. Meine Augen begonnen sich mit Tränen zu füllen und ich hatte keine Ahnung warum. Wie immer! Auch Sarah bemerkte, dass etwas mit mir nicht stimmte und stupste mich kurz von der Seite an. Mit glasigen Augen sah ich in ihre und sie verstand sofort. In Windes Eile stolperte ich aus unserer Sitzreihe raus, fiel fast noch eine Stufe hoch und bahnte mir meinen Weg zum Ausgang. Die Tür lies ich zuknallen und ich hatte die böse Ahnung, dass Annes Blick mich die ganze Zeit verfolgt hatte. Anne. Ich hatte grade das erste Mal nur ihren Vornamen gesagt und es klang wie Musik in meinen Ohren. Wow Claire, vielleicht hast du dich ja wirklich verliebt...nach gefühlten 100 Jahren. Und was jetzt? Ich hatte keinen blassen Schimmer. Kraftlos lies ich mich vor der Tür den Hörsaals nieder. Tränen flossen aus meinen Augen, wie Regen aus den Wolken. Ich konnte nicht mehr. Einige Studenten sahen mich im Vorbeigehen an, blieben aber nicht stehen um zu fragen wie es mir ging. Aber das war wahrscheinlich auch besser so, denn immerhin konnte ich ja nicht antworten "Hey, ich hab mich in meine Dozentin verliebt, ihr Name ist Anne und sie ist der wunderschönste Mensch, dem ich je begegnet bin". Nein, das klang tatsächlich etwas falsch...und wahrscheinlich war es das sogar. Ich machte mir ja nicht einmal Hoffnungen, der allein der Gedanke an sie lies mich schon in eine Traumwelt abdriften. Anne. Anne Winterberg. Und sie würde einfach niemals meine Anne sein.
Ich saß nun schon eine Viertelstunde hier, etliche Studenten hatten mich bereits gesehen, einige Dozenten und zwei Studenten aus den oberen Semestern hatten gefragt, wie es mir ginge. "Beschissen", hätte ich am Liebsten geantwortet, log aber stattdessen. "Hab nur ne schlechte Note in nem Test, alles gut, aber danke." Meine Tränen waren weniger geworden, jedoch noch nicht komplett verschwunden. Ich hatte glasige Augen und Kopfschmerzen vom Weinen. Mit einem Mal ging die Tür den Hörsaals auf, hinter der ich saß. "Geh weg Sarah, ich will alleine sein", knurrte ich, während meine Stimme durch den Kloß in meiner Kehle immer wieder weg brach. Doch als sich die Tür wieder schloss, musste ich zweimal blinzeln, um überhaupt zu kapieren, wer das jetzt vor mir stand. Frau Winterberg wollte sich grade zu mir hinunter knien, da verstand ich erst, dass sie es war und mein Herz schien zu explodieren. So sehr, dass ich Angst bekam, sie könnte mein Herz schlagen hören.
"Claire, geht es Ihnen gut...Sie sehen nämlich nicht wirklich gut aus", sprach sie. Ach wirklich? Ich dachte nämlich ich würde super gut aussehen, nachdem ich mir den Kopf über Sie zerbrochen habe. Genau in dem Moment war ich wieder sehr froh, dass man Gedanken nicht lesen konnte. Ich blickte zu ihr, sie hatte sich mittlerweile vor mich gekniet und sah mir in die Augen. Schnell sah ich weg, sonst hätte mich ihr Blick noch gefesselt und entgegnete "Ja alles okay, ich hatte nur einen schlechten Tag." "Mir hat jemand das Herz gebrochen...", fügte ich noch schnell hinzu und hatte damit ja nicht einmal gelogen. "Mhhh, das ist immer schwer Claire, aber ich bin mir sehr sicher, der Jenige der Ihnen Ihr Herz berochen hat, hat es auch nicht verdient. Das mag schwer zu verstehen sein, aber irgendwann werden Sie das nachvollziehen können oder auch ganz bald, das hängt davon ab." Verwirrt blickte ich sie an. Was zur Hölle war das denn jetzt? Hat sie das wirklich gesagt? Zu mir? Ich hatte keine Ahnung was ich darauf antworten sollte und nickte, fragte aber dann "Worauf kommt es denn an?". Mit einem Lächeln auf den Lippen sagte sie nur "Das werden Sie dann schon sehen Claire", stand auf, bot mir ihre Hand an sodass ich mich an ihr festhalten konnte und zog mich nach oben. Für einen kurzen Augenblick standen wir ganz nah voreinander und ich konnte ihren Atem auf meiner Lippe spüren. Sie packte mich mit beiden Händen an meinen Schultern, sah mich an, nahm mich in den Arm und drückte mich fest an sich. überwältigt und leicht perplex von der Wandlung dieser Situation schloss ich meine Augen und obwohl wir uns wieder aus der Umarmung lösten lächelte ich. "Da ist es ja wieder, ihr Lächeln...das sollten sie öfter tragen, so wie Freitag im Auto. Das steht Ihnen viel besser als Tränen in den Augen!". Gemeinsam gingen wir zurück in den Hörsaal, wo Emily und Sarah schon an unserer Projektarbeit arbeiteten. Leicht lächelnd ließ ich mich auf meinen Sitz nieder. "Alles wieder gut?", fragte Emily neugierig und Sarah raunte ihr nur ein "Lass sie mal lieber kurz" zu.
Ob alles gut war wusste ich nicht...aber wesentlich besser. Das war es schon als mich Annes Augen ansahen und sie mich einfach nur anlächelte... Fuck, Claire...du BIST verliebt!
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Aber ich liebe sie...
Roman d'amourClaire ist 21, fängt an Germanistik zu studieren und das Studentenleben zu leben. Sie ist konzentriert auf ihr Studium und möchte sich weder von Jungs noch von Partys oder sonst etwas ablenken lassen. Doch als Claire ihre Literatur Dozentin kennenle...