Kapitel 9: I've got a hangover

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Am Morgen nach der Party im Infinity, wachte ich mit übermäßig starken Kopfschmerzen auf. Na Glückwunsch...super gemacht Claire! Aber ich konnte nur noch an die Küsse von Anne denken. Wie sie auf meiner Haut ein Brennen ausgelöst hatten, dass sonst nie jemand hätte erzeugen können. Wie sie mich angesehen hatte und direkt gespürt hatte, was ich fühlte. Wie sie mich umarmt hatte. Ihre Hand in meiner und meine Hand auf ihrem Körper. Ihre Hand in meinen Haaren und... "Claire bist du wach?", vernahm ich nun Sarahs Stimme.

Halt, Stop...WAS mache ich bei Sarah? Ich setzte mich auf und sah, dass ich wirklich bei Sarah war. Nun gut, ich hatte nicht erwartet in Annes Bett aufzuwachen, obwohl allein schon der Gedanke daran wirklich nicht schlecht gewesen wäre. Sie stolperte die Treppe hoch und brachte mir eine Kaffe und eine Aspirin ans Bett. Erst jetzt schien ich das Ausmaß des Abends zu verstehen. Mein Kopf pochte wie wild, meine Augen taten weh, ich wusste nicht wo oben und unten war und wollte einfach nur schlafen. "Das war ja mal ein filmreifer Absturz würde ich sagen", lachte Sarah mich an und ich murmelte "Nicht so laut bitte...mir tut alles weh". Schließlich erzählte Sarah mir vom letzten Abend, dass ich wie wild mit Emily und ihr auf der Tanzfläche gewesen wäre. Maria irgendwann verschwunden war und ich mir ihren Drink mit Wodka gekrallt hatte. Und ich vertrage absolut keinen Wodka! Also war ich wohl ziemlich dicht gewesen...dann kam der nicht so schöne Teil. Ich musste kotzend von den Toiletten gefischt werden, wo ich hingetaumelt und schon halb eingeschlafen war.

"Und was hat Anne dazu gesagt? War sie da und hat mir wenigstens die Haare aus dem Gesicht gehalten, als ich gekotzt habe?". Ich sah sie fragend an. "Anne? Deine Anne?...die war doch überhaupt nicht auf der Party." "Doch natürlich, ich habe mir das doch nicht alles eingebildet...sie hat mich geküsst Sarah, auf der Toilette als ich dorthin gegangen bin." Sarahs Blick war nicht zu Deuten und somit harkte ich nochmal nach. "Huhu, Erde an Sarah...?", meine Stimme klang rau und ausgelaugt. "Wie soll ich dir das jetzt sagen Claire...da war keine Anne, nirgendwo auf der Party. Ich glaube du hast das leider nur geträumt...immerhin hat du heute Nacht so laut ihren Namen geschrien, dass ich dachte, mein kleiner Bruder würde wach werden."

Genervt schmiss ich mich zurück ins Kissen und stieß mir meinen Kopf dabei am Bettgestell. Das kann doch alles nicht wahr sein, wieviel Pech und reale Träume kann man eigentlich haben als Mensch? Es war nicht zu übersehen, dass ich pissig war. Pissig auf mich selbst, pissig auf Anne, die sich einfach immer in meine Träume schlich und mir so etwas antat. Aber was machte ich mir auch für Hoffnungen...ich war doch nur eine kleine, unscheinbare Studentin, die zu viel träumte und sich das Leben ausmalte, wie sie es gerne hätte!

Etwas später machte ich mich fertig, lieg von Sarahs Haus nach Hause und legte mich dort gleich wieder in mein Bett. Ich schlief sofort ein und träumte zu meiner Verwunderung nicht von Anne und mir. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, traute ich meinen Augen nicht. Meinen Wecker hatte ich einfach überhört und es war schon 10 Uhr. Unizeit eigentlich. Aber auch nur eigentlich, denn nach dem Ereignis auf der Party wollte ich Anne nicht sehen, es verpasste mir jedes Mal einen Stich ins Herz, immer und immer wieder. Der Gedanke an sie, meine wundervolle Anne, aber dass ich sie niemals haben würde. Aber da ich so geartet war, dass ich nie die Uni schwänzen würde, machte ich mich schnell fertig, warf mir meine Tasche um und lief zur Bahn.

Zum Glück war ich nicht allzu spät im Hörsaal und da wir sowieso noch Germanistik hatten, verpasste ich auch nichts von Anne. Kurze Zeit später war meine Zeit bei Anne dann auch gekommen...Literatur. Und ich hatte gemischte Gefühle. Klar niemand konnte meine Gedanken lesen, aber ich wurde allein schon rot, wenn ich sie ansah. Was ich alles schon in meinen Träumen mit ihr gemacht hatte.

Als ich mir einen Platz weit vorne gesucht hatte und sich Sarah zu mir gesetzt hatte, ging es schon los. Anne war schnell wie der Wind in den Hörsaal gehuscht und stand nun an der Tafel um etwas aufzuschreiben. Ich lauschte mal wieder nur ihrer traumhaften Stimme und war verwirrt als sie meinen Namen sagte. „Claire? Können Sie mir etwas zu Molière sagen?". Verdutzt sah ich sie an und hatte das Gefühl, dass die Zeit still stand. Aus den hinteren Reihen hörte ich Gelächter. Ännes Blick ging scharf nach hinten und das Lachen stoppte umgehend. Dann fuhr sie fort „Tom, könnten Sie mir dazu etwas sagen?". Ich atmete erleichtert auf und wusste gar nicht, was mich grade so unsicher gemacht hatte. Die restliche Zeit erlebte ich wie in Trance, bis auf einmal Anne hinter mir stand und mich ansah: „Können wir uns nach der Vorlesung unterhalten?". Lucie blickte mich schief an. „Unter vier Augen bitte!", erläuterte sie und ich nickte nur perplex. Dann warf sie mir ihr bisher schönstes Lächeln zu und verschwand wieder in Richtung Tafel.

Aber ich liebe sie...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt