Kapitel 1: Ungewisse Gefühle

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Abgelenkt von den wunderschönen, grünen Augen meiner Dozentin schaute ich auf die Tafel und las. "Anne Winterberg", ich blickte von der Tafel auf sie, wieder auf die Tafel und zurück zu ihr. Sie sah aus wie eine Anne, ihre Schrift war wunderschön und ordentlich, sie war sehr stilvoll gekleidet mit einer grauen Jeans, einer dunkelblauen Bluse und trug graue Sneaker. Ihre dunkelbraunen Haare waren zu einem Dutt nach oben gebunden und sie hatte blasse Haut, fast wie die von Schneewittchen. Dazu trug sie roten Lippenstift und ein bezauberndes Lächeln. Sarah stupste mich von der Seite an, darin war sie wirklich gut, denn scheinbar hatte ich grade die ganze Zeit Frau Winterberg angestarrt, welche nun belustigt in meine Richtung schmunzelte. Ich sammelte mich wieder und grinste nur zaghaft zurück. Was war das denn grade gewesen? Ich hatte mich schon lange nicht mehr so wenig unter Kontrolle gehabt wie damals in der siebten Klasse, als Moritz mich geküsste hatte. Nun mischte sich Emily ein, warf mir einen Blick zu und fragte "Was war das denn grade Claire? Du sahst fast so aus als würdest du vom Stuhl fallen, was war los?". "Keine Ahnung ehrlich gesagt, ich wusste nur nicht, dass Frau Winterberg Literatur bei uns unterrichtet und war kurz verwirrt", antwortete ich gefühllos. Maria und Lucie schauten sich an und man konnte die Fragezeichen in ihren Augen förmlich sehen. Die 90 weiteren Minuten machte  zum Glück keine der Mädels weitere Anmerkungen zu Frau Winterberg oder meinem zweifelhaften Verhalten. Ich allerdings saß angespannt auf meinem Stuhl und konnte das Ende der Stunde kaum erwarten, so unangenehm war es mir hier zu sitzen. Vor Allem, weil ich immer wieder Frau Winterbergs Blick auf mir ruhen sah und krampfhaft meinen Kopf in die andere Richtung drehen musste. Sonst wäre ich vermutlich nie wieder dem Bann ihrer froschgrünen Augen entkommen. Was ist denn nur los mit dir Claire, reiß dich zusammen, du bist doch sonst nicht so!

Als die Stunde dann nach gefühlten 100 Jahren endlich vorbei war packten wir unsere Sachen ein und wollten grade gehen, als Frau Winterberg hinter uns auftauchte. Warum musste ich auch immer ganz vorbildlich in der ersten Reihe sitzen? "Claire richtig?", sie sah mich fragend an und ich nickte verlegen. Mir war unsere erste Begegnung immer noch peinlich, warum auch immer. "Könnte ich Sie noch ganz kurz unter vier Augen sprechen?". Sichtlich nervös schluckte ich und spielte mit meinen Fingern an meinem Hefter herum. Sarah warf mir einen vielsagenden Blick zu und deutete an, dass sie vor dem Hörsaal auf mich warten würde. Langsam stand nahm ich meinen Rucksack und ging mit kleinen Schritten zu Pult an welchen Frau Winterberg stand. Sie wischte die Tafel und als sie sich umdrehte sah sie mir direkt in die Augen. Hatte ich sie grade etwa wieder angestarrt. Oh man wie peinlich, was hast du nur Claire?  "Claire, ich wollte Sie nur kurz sprechen und fragen ob bei Ihnen alles in Ordnung ist? Sie haben einen recht verwirrten Eindruck auf mich gemacht, ich bin in der Regel nicht so neugierig bei Studenten die ich nicht kenne, aber haben Sie etwas was sie bedrückt?, fing sie nun an. Ich stockte kurz, weil ich von ihr einfach überwältigt war. Es stand eine atemberaubend schöne Frau vor mir und ich bekam kein einziges Wort heraus. Also antwortete ich knapp und eine Spur genervt "Nö, alles super, ich habe nur grade einfach viel um die Ohren!". Frau Winterbergs Blick veränderte sich und ich konnte nicht ganz deuten ob sie jetzt verärgert über meinen leicht zickigen Tonfall war oder es ihr schlichtweg egal war. Letztendlich nickte sie mir nach einer gefühlt viel zu langen Zeit zu und antwortete "Um sich demnächst mehr zu konzentrieren, könnten Sie zur Abwechslung ja nächste Stunde einen Vortrag über verschieden, literarische Werke halten. Sagen wir mal über ihre drei Liebsten." Ihre Stimme war ruhig und nicht eine Spur sauer, dennoch hatte ich das Gefühl, dass sie mir eins auswischen wollte, da ich mich nicht auf ihren Unterricht konzentriert hatte. Da ich sowieso kein Mensch war der gerne diskutierte, nickte ich und wollte ich grade umdrehen um zu gehen, als sie mir noch ein "Danke Claire, haben Sie eine schöne Woche", zuwarf und ich schnell "Danke, Sie ebenfalls", antwortete.

Vor dem Hörsaal hatte Sarah sich schon hingesetzt. "Die Anderen sind schon nach Hause gegangen Claire, was wollte die Winterberg denn noch von dir?". "Ach ich soll was vortragen meinte sie...", sagte ich nun deutlich genervt um mir nicht irgendetwas anmerken zu lassen. Sarah rollte mit den Augen "In der ersten Stunde direkt? Was hat die denn für Probleme?. Aber hör mal, du hast sie ganz schön angestarrt vorhin, war was, bist du ihr schonmal begegnet oder was?". Eigentlich wollte ich auf diese Frage nicht antworten, aber Sarah lies nicht locker und frage mich so lange, bis ich ihr eine Antwort gab, mit der sie auch zufrieden war. Ich begann ihr also von meiner Schulzeit zu erzählen...

Aber ich liebe sie...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt