Kapitel 14

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Ebru

Ich möchte mir wirklich nicht anmerken lassen, dass sein Geständnis mich gerade verletzt hat, aber mir gelingt es nicht. Ich bin froh, dass ich wenigstens meine Tränen zurückhalten kann. Er zieht verwirrt seine Augenbrauen zusammen, bevor er ansetzt: „Kannst du... Kannst du sie nicht leiden?" Ich sehe zu ihm hoch und schüttele hastig meinen Kopf. Das letzte was ich jetzt gebrauchen kann ist, dass er von meinen Gefühlen erfährt. Ich kann Diona nicht leiden, aber der Grund dafür ist nicht Ayaz. Okey, vielleicht teilweise. Ihre Art provoziert mich einfach.

„Wieso stört es dich dann, dass ich eine Beziehung mit ihr führe, Ebru?" Ich liebe es meinen Namen aus seinem Mund zuhören, jedoch kann ich ihm diese Frage nicht beantworten. Was soll ich darauf auch erwidern? Es wird mir rein gar nichts bringen zu versuchen mich daraus zureden. Sein Blick kann man nicht richtig deuten, aber er wartet auf eine Antwort. „Essen ist fertig", ruft plötzlich seine Mutter, weswegen ich erleichtert ausatme. Ohne ihm ein Blick zu würdigen, stehe ich auf und begehe mich in die Küche, aus der seine Mutter gerufen hat. Ich bin glücklich über die Tatsache, dass ich diese Frage nicht beantworten musste. Ayaz betretet paar Sekunden darauf ebenfalls die Küche und setzt sich auf ein freien Platz, während ich seiner Mutter dabei helfe die Teller mit Linsensuppe zu füllen.

Wir setzen uns ebenfalls ans Tisch und fangen ruhig an zu essen. Ich hoffe, Ayaz vergisst die Frage von vorhin. Seine Mutter fängt an Geschichten aus unserer Kindheit zu erzählen, weswegen verschiedene Flashbacks in meinem Kopf abspielen. „Ihr mochtet es Eis zu essen. Selbst im Winter habt ihr uns gezwungen euch in eine Eisdiele zu bringen, obwohl die meisten geschlossen hatten", schüttelt sie lachend ihren Kopf. „Nur Antonio hatte offen", lächelt Ayaz. Sein Lächeln ist so bezaubernd, dass ich jeden Moment von meinem Stuhl fallen könnte.

„Deine Lieblingssorte war Erdbeer- Schokolade. Du hast mal geweint, weil die Sorte schon leer war", ertönte sein raues Lachen, was mein Herz erwärmt. Er erinnert sich sogar an meine Lieblingssorte. Gott, dass bringt mich nur noch dazu ihn noch mehr zu mögen, als ich es schon tue. Ich muss ihn doch verabscheuen, was passiert nur mit mir? „Ich war fünf Jahre alt und zu deiner Info, es ist immer noch meine Lieblingssorte", rechtfertige ich mich. „Und du mochtest gerne Stracciatella", schmunzele ich. So wie er sich an meine Lieblingssorte erinnert, erinnere ich mich auch an seine Lieblingssorte. „Ich mag es immer noch, Kleines", stützt er seine Ellenbogen auf dem Tisch ab. Kleines...

Sofort wende ich meine Blicke woandershin, ansonsten werde ich noch schmelzen. Seine Mutter räumt den Tisch ab und wieder möchte ich ihr helfen, aber sie verbietet es mir. Sie füllt drei Gläser mit Tee und setzt sich wieder zu uns. „Und? Hast du schon einen Freund?", fragt sie unerwartet. Sehr unerwartet.

Ayaz sieht zu mir und hört endlich auf sein Tee zu rühren, was er seit drei Minuten ununterbrochen getan hatte. Sein Blick hat mich im Visier und anscheinend ist seine Mutter nicht die einzige, die auf eine Antwort wartet. Seine Augenbrauen sind zusammengezogen und ich empfinde leicht das Gefühl, dass er wütend ist. Wütend, warum? Was interessiert ihn das eigentlich, ob ich einen Freund habe oder nicht? Stimmt, er ist mein "Bruder", er muss mich beschützen. Innerlich verdrehe ich meine Augen, bis mir klar wird, dass sie immer noch auf eine Antwort warten.

„Nein, ich habe keinen Freund", lächele ich ihr zu und sehe dann wieder zu Ayaz, der sich zurücklehnt, als würde es ihn erleichtern. Aber warum ist erleichtert? Es kehrt wieder eine Stille ein, während ich auf die Uhr blicke, welches über der Tür hängt. „Dankeschön für das Essen, aber ich muss langsam los", ich erhebe mich von meinem Platz. Es ist mittlerweile 22 Uhr, meinem Vater wird meine Abwesenheit ganz und gar nicht gefallen. „Bleib doch noch ein wenig", versucht seine Mutter mich zu überreden, jedoch muss ich ihr diesen Wunsch abschlagen. „Mein Vater macht sich bestimmt schon Sorgen", lächele ich entschuldigend, weswegen sie nickt und sich ebenfalls erhebt. Auch Ayaz erhebt sich widerwillig und beide begleiten mich mit zur Haustür.

„Ich bringe dich nach Hause", kommt es unerwartet von Ayaz, weswegen ich verwirrt zu ihm sehe. Warum das jetzt? „Das musst du nicht, danke." Ich ziehe mir meine Schuhe an und bemerke, dass er seine ebenfalls anzieht. Ich habe sein Angebot doch abgelehnt. „Ayaz soll dich lieber begleiten. Es ist schon sehr spät geworden. Um diese Uhrzeit ist es viel zu gefährlich alleine zu laufen", stimmt seine Mutter ihrem Sohn zu, weswegen ich es missbilligend akzeptiere. Ich habe doch sowieso keine andere Wahl. Ich umarme sie zum Abschied und wünsche ihr eine Gute Nacht, bevor ich mit Ayaz gemeinsam das Gebäude verlasse.

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Einseitige LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt