Bittersweet Love

01 - Cat

„Wir verlassen diesen Hafen, in dem jeder jeden kennt."
(Jasper – Der Sonne entgegen)

„Jetzt zieh nicht so ein Gesicht, Cat.", murmelte mein Dad wütend, während ich lustlos das Müsli in mich hineinschaufelte. Seit wir vor vier Tagen nach Philadelphia gezogen waren, blieb meine Laune auf dem Gefrierpunkt.
„Soll ich jetzt gute Laune vortäuschen, oder was?

Ich will nicht hier sein. Ich will zurück nach Jacksonville und das weißt du!", motzte ich und schob mir demonstrativ einen Löffel, beladen mit Müsli in den Mund.

„Jetzt ist es aber mal gut. Warum kannst du dich nicht einfach damit abfinden, so wie deine Geschwister auch?"
Ich schnaubte empört. „Ich kann einfach nicht verstehen, warum wir unbedingt weg ziehen mussten."
„Ich habe dir doch schon tausend Mal erklärt, dass es wegen meinem Job ist."
„Als hättest du in Jacksonville keine Arbeit gehabt.", meinte ich ironisch.
„Könnt ihr jetzt mal bitte aufhören zu streiten? Ihr vermiest mir den Tag.", fuhr mein Zwillingsbruder dazwischen.
„Okay, ich werde jetzt gehen. Seht zu, dass Ronnie nicht schon wieder trödelt. Schließlich wollt ihr ja nicht am ersten Tag zu spät kommen, oder?"

Dad drückte mir schnell noch einen Kuss auf die Stirn, bevor er in sein Jackett schlüpfte und aus der Haustür verschwand.

„Bis dann, Dad!", rief ich ihm noch hinter her und beschloss, das Beste an der neuen Situation zu sehen. Wobei... Irgendwie bekam ich das nicht hin.
„Los Cat, wir müssen jetzt fahren. Ronnie, kommst du?", rief Phil die Treppe hinauf. Unsere kleine Schwester hatte wieder einmal verschlafen, wie eigentlich fast jeden Morgen.
„Ich fahre.", beschloss ich, als Ronnie die Treppe herunter rannte.
„Vergiss es.", konterte mein Bruder und schnappte sich die Autoschlüssel. Mit verschränkten Armen ließ ich mich also auf dem Beifahrersitz des schwarzen Opel Vectra nieder, während Ronnie auf dem Rücksitz Platz nahm.

Mit einigen geschickten Zügen parkte Phil auf dem Gelände der High School, die größer zu sein schien, als unsere alte. Wie sollte ich mich hier nur zurecht finden? Zum Glück hatten wir unsere Stundenpläne und Bücher schon am Freitag abgeholt, sodass wir nicht mehr unnötige Zeit im Sekretariat verschwenden mussten.

„Cat, was hast du jetzt für Unterricht?", hakte mein Zwillingsbruder nach, während er neben mir herlief.
„Geschichte und du?"
„Englisch. Also, ich geh dann mal. Vielleicht sehn wir uns ja später noch!" Und damit stapfte er selbstbewusst davon.
„Warum nimmt er das alles hier eigentlich so locker?", murmelte meine 14-jährige Schwester, der die Angst vor der neuen Schule deutlich im Gesicht geschrieben stand.
„Vielleicht liegt es am Namen.", vermutete ich grinsend. „Der Name Phil passt doch gut nach Philadelphia, meinst du nicht?"
Sie kicherte leise. „Ja, das wird es sein, ganz sicher."
„Okay Ronnie. Wir sehen uns dann nach der Schule wieder.

Du packst das schon. Bis dann!" Ich lächelte ihr noch einmal aufmunternd entgegen, bevor auch ich mit beklemmendem Gefühl auf den Weg ins Schulgebäude machte.

„Ah, du musst Cathleen Summers sein, richtig?" Ein Mann mittleren Alters schien mich schon zu erwarten, als ich nach einigem Suchen endlich den richtigen Raum gefunden hatte. Ich nickte nur.
„Ich bin Mr. Gates, dein Geschichtslehrer. Setz dich doch einfach dort hinten neben Julia, okay?"
„Ist gut.", nickte ich und ließ mich auf den zugewiesenen Platz sinken.
„Hey, ich bin Julia. Aber nenn mich doch einfach Jules, das tun alle.", begrüßte mich das blonde Mädchen neben mir freundlich.

Ihre grau-blauen Augen strahlten mich neugierig an.

„Hi.", lächelte ich und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. „Ich bin Cat. Eigentlich Cathleen, aber so nennt mich so gut wie niemand."
„Wie kommt es, dass du hier bist?"
„Wir sind umgezogen. Wir haben in Jacksonville in Florida gelebt.", erklärte ich.
„Wow, das ist ja über tausend Kilometer entfernt!"
„1222 Kilometer Luftlinie.", verbesserte ich seufzend.
„Keine Angst, du wirst dich hier ganz schnell einleben. Wenn du willst, helfe ich dir auch gerne." Aufmunternd grinste sie mich an und begann sofort mit ihren Erzählungen. Vom Geschichtsunterricht bekam ich zwar nicht wirklich viel mit, aber dafür umso mehr von der Schule allgemein.