27 - Cat

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„Und es bleibt nur der Gedanke an kaum gelebtes Glück."
(Wise Guys – Wir hatten den Moment)

Die Tränen liefen unaufhörlich über mein Gesicht, obwohl ich ständig versuchte, sie fortzuwischen. Völlig aufgelöst rannte ich die Wege im Park entlang und wollte einfach nur weg von ihm. Der bittersüße Nachgeschmack des Kusses brannte auf meinen Lippen. Ich schluchzte einmal, als ich mir die Erinnerung an das Gespräch ins Gedächtnis rief. Einerseits wollte ich ihm so gerne glauben, wollte wieder in seinen Armen liegen und ganz von vorne anfangen, aber andererseits konnte ich es nicht. Es ging einfach nicht.
Es dauerte eine Weile, bis ich endlich wieder auf meinen Bruder, Jules und Owen traf. Letzterer schien sich ein wenig zu langweilen, so wie er hinter dem perfekten Pärchen herschlenderte und seine Hände in den Jackentaschen vergraben hatte.
Einige Meter, bevor ich die Drei erreicht hatte, blieb ich stehen und versuchte mich zu beruhigen. Sie mussten schließlich nicht bemerken, wie fertig ich gerade war. Doch als hätte Owen meine Anwesenheit gespürt, drehte er sich um und kam direkt auf mich zu, um mir schützend einen Arm um die Schultern zu legen. Schweigend liefen wir nebeneinander her.
„Ich bin stolz auf dich, Sonnenschein."
„Wieso?", wollte ich von ihm wissen und sah zu seinem Gesicht auf.
„Weil du den Mut aufgebracht hast, mit ihm zu reden."
„Was hätte ich denn machen sollen? Ich war zu sehr überrascht. Ich habe nicht erwartet, ihm zu begegnen.", gab ich zu.
„Er sah ziemlich fertig aus, wenn ich das sagen darf." Er wandte seinen Blick von mir ab und musterte stattdessen die schneebedeckten Wiesen. „Ehrlich gesagt teile ich die Meinung von Phil nicht."
„Und was denkt Phil?"
„Dass du wirklich nur ein Spiel für ihn warst."
„Was ich ja auch war.", murmelte ich und schon wieder stiegen mir die heißen Tränen in die Augen. Warum hatte ich mich auch so naiv verhalten? Typen wie Jay gaben sich nicht mit Mädchen wie mir ab. Das war eine Tatsache.
„Hat er dir das gerade ins Gesicht gesagt?"
„Nein, er hat es geleugnet. Aber wie soll ich ihm bitte jetzt noch glauben?!"
„Du hast Drew schließlich auch verziehen, oder nicht?"
„Woher weißt du davon?" Verwundert zog ich meine Augenbrauen in die Höhe. Ich war mir eigentlich sicher, dass ich ihm nichts von Drews Besuch erzählt hatte ...
Er begann zu grinsen. „Ich weiß alles. Vor mir kannst du nichts verstecken."
„Witzig, Owen." Trotz meiner ironischen Stimme stahl sich doch tatsächlich ein winziges Lächeln auf meine Lippen.
„Ella hat es mir erzählt. Aber das spielt ja jetzt auch eigentlich keine Rolle. Du hast ihm einfach so verziehen. Woher weißt du, dass er es ernst gemeint hat? Woher weißt du, dass er dich bei der Entschuldigung nicht wieder belogen hat?"
„Ich kenne ihn, er war so was wie mein bester Freund. Soll ich ihm da nicht verzeihen, nur weil er einmal Mist gebaut hat?" Unschlüssig kaute ich auf meiner Unterlippe herum.
„Ach, und bei Jay ist das etwas ganz anderes? So wie es aussah, tat ihm die Sache auch leid. Findest du nicht, dass es unfair ist, dass du Drew einfach so verziehen hast, Jay aber nicht vergeben willst?"
„Es geht nicht darum, was ich will und was ich nicht will!", brauste ich auf. „Ich kann es einfach nicht! Verstehst du das denn nicht? Es geht nicht!" Schluchzend versuchte ich, seinen Arm von meinen Schultern zu schieben, doch blitzschnell zog er mich zu sich und umarmte mich. Erneut kamen mehrere Schluchzer aus meinem Mund, die dadurch gedämpft wurden, dass ich mein Gesicht gegen Owens Oberkörper drückte. Auch meine Hände hatte ich in seine Jacke gekrallt, während er mir sanft über den Rücken strich. Ich wollte nicht wissen, was die anderen Leute, die hier im Park unterwegs waren, von mir dachten, wenn sie mich so sahen. Aber im Grunde genommen war es mir auch egal.
„Du bist ein kleiner Sturkopf, Cat." Ich hörte das Lächeln aus seiner Stimme deutlich heraus. „Ich kann dich wirklich verstehen, aber ich denke, du brauchst ein bisschen Abstand, um das Ganze mit objektiveren Augen betrachten zu können. Du bist verletzt worden und versuchst jetzt, eine Mauer zu deinem Schutz aufzubauen, die es dir verbietet, auch nur einen Blick in die andere Richtung zu werfen. Du siehst nur deinen Standpunkt und das ist auch ganz natürlich. Aber lass nicht zu, dass du dich wieder so einigelst, wie du es nach der Sache mit Drew getan hast. Schließlich könnt ihr nicht immer umziehen, wenn so etwas passiert.", ärgerte er mich und lachte. „Und jetzt Kopf hoch, lass dich nicht unterkriegen. Ich weiß, dass das leichter gesagt, als getan ist, aber ich weiß ganz ehrlich nicht mehr, was ich dir noch sagen soll." Erneut lachte er und auch ich musste grinsen, während ich mich aus der Umarmung löste.
„Sag einfach nichts mehr, bevor du dich noch völlig um Kopf und Kragen redest."

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