PoV: Maurice Dovayen
Heute war ich nur schwer aus dem Bett gekommen. Es war ein Tag wie jeder andere, zumindest war es das, was ich mir einredete nach allem, was passiert war. Und doch war es ein Tag, der mein Leben verändern würde. Der schwarze Tag in meinem Kalender. Der Tag, an dem seine Zeit abgelaufen war. Genau heute würde die Kugel in Zombeys Kopf auf sein Hirn treffen und dabei nicht nur all seine übrigen Erinnerungen, sondern auch die Lernfähigkeit und bereits erlernten Fähigkeiten vernichten. Gleichzeitig würde dabei ein wichtiger Teil seiner rechten Hirnhälfte zertrümmert werden, der für den fortlaufenden Körperkreislauf zuständig war. Heute war also die Zeit reif. Der Tag war vorhergesehen und würde nun also eintreffen. Heute würde er sterben.Ich holte tief Luft und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich zögerte einen Moment, als ich meine Hand auf die silberne Türklinke legte. Zaghaft öffnete ich dann die kahle, weiße Tür und trat in den kleinen Raum, Zimmer 3.47. Da lag er, in seinem Krankenbett, wie er es jeden Tag tat. An seinem Arm waren unzählige Infusionsnadeln angebracht und überall flackerten Bildschirme und piepten Maschinen. Seine braunen, langen Haare hingen ihm in sein blasses Gesicht. Doch heute war sein Blick nicht so leer und trist wie gestern. Nein, seine wunderschönen, grün-blauen Augen leuchteten mich geradezu an. Wie also an jedem der letzten paar Tage begann ich schweren Herzens mit einer Begrüßung, als wären wir einander fremd und unsere Liebe hätte nur in meinen Träumen stattgefunden. "Guten Tag mein Name ist...", weiter kam ich nicht, denn er unterbrach mich. Er richtete sich in seinem Bett auf und legte mir einen Finger vor die Lippen. Ich stockte und blickte einfach nur in seine ozeanblauen Augen. Sehnsucht erfüllte mein Herz und die Eisdecke, die um mein Herz gefroren war, stach Kälte in meine Seele. "Ich...erinnere mich.", stockte seine gebrochene Stimme und diese Worte lösten eine förmliche Explosion in mir aus. Eine Träne lief aus seinem Augenwinkel. Er packte mich am Kittel und zog mich nach unten zu sich. "Ich werde dich nie vergessen, Maudado.", flüsterte er in mein Ohr, "Ich liebe dich." Darauf folgend legte er seine sanften Lippen auf meine. Ein wohl letztes Mal löste es in meinem Bauch dieses Kribbeln aus, was mir das Gefühl gab, als könnte ich für ein paar Sekunden dem Alltag entfliehen. Und es schien, als würde die Hülle aus Eis, die mein Herz umgab gesprengt, und das ewige Feuer der Leidenschaft loderte ein letztes Mal lichterloh. Ich spürte wie seine knochigen Finger meine Hand ergriffen. Verkrampft hielt er an mir fest. Mit einem Mal begann er zu zittern und zu zappeln. Unkontrolliert zuckten seine Muskeln. Ich hörte das piepen der Maschinen schneller werden. Mit trauer- und zugleich angsterfülltem Blick sah er mich an. "Ich liebe dich auch", flüsterte ich unter Tränen. Dann ließ mit einem Mal seine Hand locker, sein Kopf knickte zur Seite und mit einem letzten Ruck lag er leblos in meinen Armen. Die Welt um mich herum begann sich zu drehen und meine Sicht verschwamm. Alles was ich noch wahrnahm, war das unendliche piepen der Herzkontroll-Maschine. Ich ließ seine Hand los und er sank auf die Matratze nieder. Aus seinen Mundwinkeln rann tiefrotes Blut und seine kristallblauen Augen fixierten einen undefinierbaren Punkt an der Decke des Raumes. Er lag einfach da, während sich die weiße Matratze unter ihm langsam rot färbte. Tränen liefen meine Wangen in Strömen hinab. Ich sank auf die Knie und warf den Kopf in die Hände. Gott schenkt leben und Gott nimmt leben. Dieses hat er genommen.
Es erschien niemand zu der Beerdigung. Es schien, als sollte ich ihn als Niemand kennenlernen und als Niemand wieder gehen lassen. Ich fuhr mit den Fingern über die in den Grabstein geritzten Buchstaben. So wunderschön vertraut und doch fremd waren sie mir. Michael Rankl. Jemand, der mich auf so vielen verschiedenen Ebenen geprägt hatte.
Nie würde er erfahren, dass Chessie sich kein neues Leben aufbaute, denn sie war besessen von der Jagd nach der Mafia und unterschätzte Bergmanns Worte. Das alles war viel größer als sie glaubte, doch Einzelgängerin wie sie war, sollte niemand je ihre Leiche finden.
Familie Rankl erfuhr nie von dem Ganzen und verdrängte weiter den Gedanken an die beiden Geschwister.
Rotpilz alias Felix Hardy verblutete auf dem Weg zum Krankenhaus in den Armen seines Freundes.
Rewi alias Sebastian Calussi wurde von der Mafia aufegspürt und wegen Verrats exekutiert.
Die Leichen von Mikey und Bergmann wurden nie gefunden, denn die Mafia kümmerte sich um die Entsorgung.
Nach Michael Rankls Tod wurde Maurice Dovayen für die Mafia uninteressant und sie ließen ihn in Ruhe. Er kehrte zum Alltag zurück, doch sollte das Geschehene nie ganz vergessen.
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🔵Until We Die [Zomdado FF]
FanfictionMaurice Dovayen führte ein normales Leben als Assistenzatrzt, bis zu dem Tag, an dem ein geheimnisvoller Patient sein Leben durcheinander wirft. Doch wie sich herausstellt, ist an dem Gedächtnislosen noch mehr gefährlich, außer seinen kristallblauen...