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,,Hör zu Riku... Es tut mir schrecklich leid, dass ich mich weder bei dir noch bei den Jungs gemeldet habe..."
Zum ersten Mal hob er den Kopf. Riku sollte sehen, dass er es ernst meinte.
,,Ich... Ich habe geheiratet während ich weg war... Wie soll ich sagen, es war Liebe auf den ersten Blick. Ich hab ja selbst nicht an sowas geglaubt aber dann hab ich sie getroffen und ich weiß, ich habe dir versprochen, dass du Trauzeuge wirst, aber dann ging alles so schnell und wir hatten den Termin und konnten nicht mehr warten und dann wollten wir auch nur eine Hochzeit am Strand, nur sie und ich und der Standesbeamte... Ich weiß, das hört sich komplett verrückt an und ich weiß, du wirst mich auf ewig dafür hassen, aber ich habe mich dafür entschieden. Genauso wie dafür, mit Sunrise Avenue aufzuhören." In seinem Redeschwall hatte er nicht bemerkt, wie sich der Blick des Gitarristen ihm gegenüber immer weiter verfinsterte. All die Wut, die er vergessen hatte, als er Samu dort einfach hatte stehen sehen, war wieder da. Wie hatte er sich nur so in ihm täuschen können? Er unterbrach Samus Redeschwall so laut, dass sich die wenigen Leute, die in der Bar waren alle nach ihnen umdrehten.
,,Ach, und dass wir alle arbeitslos werden ist dem Haber wohl egal? Bist wohl vor lauter Liebe nicht nur blind sondern auch dumm geworden?!"
Riku sprang auf. ,,Was ist bloß aus dir geworden?" fügte er mit Tränen in den Augen hinzu, ob sie nun vor Wut oder vor Enttäuschung waren,wusste er selbst nicht so genau. ,,Hey, Rick, warte!" hielt Samu seinen Freund entsetzt auf, als dieser den Tisch verlassen wollte. ,,Was?!" fuhr dieser ihn an. ,,Riku, bitte lass mich ausreden! Danach kannst du mich gern verfluchen und abhauen, und ich verspreche dir, ich werd dich nie wieder nerven, aber bitte, lass mich ausreden, okay?" Ohne Antwort setzte sich Riku wieder und musterte den Sänger kritisch. ,,Ich bin ein Arsch, ja, das weiß ich auch, aber ich brauche einfach eine Pause von diesem Leben, eine Pause in der ich einfach nur Samu sein kann, ohne Rockstar Image, ohne das alles. In den letzten Monaten hat Etel mir Halt und Kraft gegeben, sodass ich all das loslassen konnte. Kannst du das verstehen?" Der Blonde schaute seinen besten Freund fragend an, der verlegen am Saum seines T-Shirt spielte. Nach einer ganzen Weile sagte er leise: ,,Verdammt, warum hast du denn nie was gesagt? Wir hätten doch schon viel eher eine Pause machen können." ,,Rick, ich wollte es doch selbst nicht wahr haben, bis ich dann wirklich kurz vor einem Burnout stand!" Der Lockenschopf sah ihn mitleidig an. Wieso hatte er davon nur nichts mitbekommen? Was für ein Freund war er denn bitte? Seine Schuldgefühle löschten die Wut aus.
,,Wie jetzt, Burnout?" druckste er verlegen. ,,Naja, richtig klassisch eben. Von Lustlosigkeit, Übellaunigkeit, Gereiztheit bis hin zu Magen-Darm-Beschwerden, Kopf- und Rückenschmerzen, Kreislaufproblemen... Ständig hatte ich das Gefühl, dass ich versagen würde, hatte Angst, den Anforderungen nicht mehr gewachsen zu sein, war kraftlos, antriebslos, hilflos. Ich saß gefühlt jeden Abend in meinem Bett und hab geheult.
Naja, Etel ist das natürlich sofort aufgefallen als wir uns dann näher kamen, also hat sie mich zum Arzt geschleppt, der mir die Auszeit dann quasi verordnet hat. Das kam alles so plötzlich, dass ich komplett vergessen hab, euch darüber zu informieren.
Und noch dazu war es mir total unangenehm. Samu Haber, Frontsänger von Sunrise Avenue, nichts weiter als ein zerbrechliches Frack... Wenn das einmal an die Öffentlichkeit gekommen wäre, wäre Sunrise Avenue ruiniert gewesen."
,,Oh Gott, Samu!" Mit wenigen Schritten war Riku um den Tisch gerutscht und hatte Samu fest in den Arm genommen, um ihm den Halt zu geben, den er ihm in dieser Zeit nicht gegeben hatte. ,,Ich werde immer für dich da sein, okay? Egal was mit Sunrise Avenue ist oder was zwischen uns passiert! Und ich werde dir auch jetzt helfen, deine Lebensfreude wieder zu finden! Zusammen kriegen wir das schon hin, so wie früher!"
Rikus Worte rührten Samu zu Tränen, aber er wollte sich nicht bewegen um sie fort zu wischen, denn dann hätte er diese Umarmung beenden müssen, die er so lange herbei gesehnt hatte.

Nothing is over{1}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt