"Ketta warte!" ,rief eine Stimme und ich drehte mich wütend um. "Ich hab dir gesagt, dass es mir egal ist" ,fuhr ich Lire wütend an. "Geh und versteck dich meinetwegen, aber ich werde gehen."
Lire war bei mir angekommen und stützte sich keuchend auf seine Oberschenkel. Er seufzte. "Wenn ich dich nicht aufhalten kann, dann lass mich mit dir kommen."Ich fühlte mich unwohl, als wir so die dunklen Straßen entlang schritten. Nervös sah ich mich dauernd um.
"Wofür brauchst du das Bild eigentlich?" ,fragte er mich, als wir die Kreuzung erreichten.
"Das weißt du schon."
Er schluckte. "Jaah, aber musst du es wirklich tun?"
"Ja."
Lire war schon seit Jahren mein allerbester Freund und ich würde für ihn durchs Feuer gehen. Er war allerdings nichts verglichen mit Loopa. Für Loopa würde ich sterben.
Lire wusste das (darum war er auch mein bester Freund), trotzdem war er von meiner Idee nicht zugetan.
"Ok, ich begleite dich. Aber sei um Himmels Willen vorsichtig!"Das Museum war inzwischen schon ganz nah. Nur noch über die Straße und dann irgendwie hinein. Der Plan war noch nicht fertig, aber ich würde mir das Gemälde schon irgendwie beschaffen.
"Wie willst du hineinkommen?" ,fragte Lire neben mir.
"Ich schlage ein Fenster ein."
"Das ist dumm. Dann schnappen sie dich auf jeden Fall. Vielleicht können wir das Schloß knacken oder so."
Überraschenderweise hatte Lire eine Büroklammer mit und kurz danach befanden wir uns im Museum.Ich war an die 3000 mal durch diese Galerie gelaufen, hauptsächlich wegen Loopa. Sie liebte Kunst.
Und vor allem liebte sie das Bild.Eigentlich war es nichts besonderes. Es hing in der ersten rechten Ecke des Raumes und die meisten Leute gingen daran vorbei.
Es war ein Bild von einem Bild mit einem Strand im Mondlicht zu sehen.
Mehr nicht. (Also laut mir)
Loopa hatte ihre Kunstanalyse über das Bild verfasst und mir unzählige Male die Einzelheiten und was sie bedeuteten erklärt. Die kleinen Wellen am linken Rand zeugten von größeren Fischen, also Leben. Der braune Streifen von einem Bilderrahmen, die Stecknadel jedoch von einem Poster oder ähnlichem. Das waren Gegensätze und machten es faszinierend, und so weiter.
"Das ist ein schönes Bild" ,sagte Lire.
"Ich weiß" ,antwortete ich, "und jetzt zerstören wir es."Aus irgendeinem Grund fand Lire es fragwürdig, dass ich ein Messer in meiner Tasche hatte. Auf jeden Fall versuchte er mich abzuhalten darauf einzustechen. Er erwähnte Gründe wie: "Das ist illegal", "Das ist mutwillige Beschädigung eines Kunstwerks" und "Ketta, bitte, bitte tu das nicht!"
"Versuch nicht mich aufzuhalten. Du weißt genau, dass ich Loopa nur so befreien kann. Du hast die Nachricht doch auch gelesen."
Vor zwei Nächten hatten wir erfahren, dass eine gewisse 'Kunst Hexe' meine Freundin entführt hatte.
Dann hatte ich irgendwie mit Google Übersetzer gespielt und war auf 'Sorcière d'art' gekommen. Zufällig kannte ich diesen Namen.
Es war die Malerin von Loopas Lieblingsbild."Aber das heißt ja nicht, dass du es gleich zerstören musst" ,versuchte Lire mich zu überreden.
"Ich hab da so ein Bauchgefühl."
"Aber immer wenn du auf dein Bauchgefühl hörst, kriegen wir Ärger!"Lire seufzte. "Ich bitte dich, dass nicht zu tun. Ich weiß du bist traurig, aber irgendetwas ist hier faul und-"
"Du weißt gar nichts" ,knurrte ich und rammte das Messer in das Gemälde.Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl zu fallen. Das Licht flackerte kurz, dann stand ich wieder vor dem Bild. Lire und mein Rucksack waren verschwunden. Ich hatte das Messer noch immer in der Hand, doch das Gemälde war unberührt. Als ich nach draußen sah, schien bereits die Sonne. Obwohl... nein. Draußen war es zwar hell, allerdings war keine Sonne zu sehen.
Ich stürzte ans Fenster. Die Schatten zeigten in meine Richtung, demnach müsste die Sonne direkt vor mir sein. Doch war, trotz des Lichts, nichts.
Ich lief zum Ausgang des Museums, direkt in einen Wachmann.
"Was machst du hier, junge Dame?"
"Oh, ähm... nichts?"
"Du kommst jetzt erst mal mit. Und wie bist du hier überhaupt reingekommen?"
"Ähm, naja... also, ich- ich bin dann weg."
Ich schlüpfte so schnell wie möglich an ihm vorbei und sprintete zum Ausgang.
Draußen rannte ich sofort vom Museum weg, ins Stadtzentrum, denn dort ist die Altstadt und da ist alles verwinkelt und es gibt viele kleine Gassen.
Als ich so keuchend durch die Straßen zog, spürte ich einen sanften Windhauch. Er schien etwas zu flüstern: "Keeeetta, oh kooomm doch Keeeetta. Wir waaarten."
Ich folgte der Stimme so schnell wie möglich, ich rannte kreuz und quer durch die Gassen, bis mir ein Rauchgeruch in die Nase stieg."Sie mal an, sie hat uns gefunden. Bist du stolz auf deine Freundin, Loopa? Nur schade, dass sie zu spät kommt, nicht wahr?" Eine große Frau hatte gesprochen. Sie hatte lange schwarze Haare und violette Gewänder. Ihre Hände hatte lange, blau lackierte Fingernägel. In der einen Hand hielt sie eine Glaskugel, in der anderen eine Eisenkette.
Diese führte zu einem Mädchen, das gefesselt und geknebelt am Boden lag. Ihre blonden Haare waren strähnig und schmutzig und aus ihren blauen Augen sprach Panik.
Ich hatte die vorherigen Tage durchgehend Angst gehabt, doch als ich Loopa so liegend sah, verwandelte sich meine Furcht in Wut.
Mit einem Aufschrei stürzte ich mich auf die Hexe. So etwas dummes hatte sie wohl nicht erwartet, denn ich konnte sie umwerfen und sie lies sowohl die Kugel, als auch die Kette los.
Ich half Loopa hoch und band sie los, sofort fiel sie mir um den Hals.
"Oh mein Gott, Ketta, oh mein Gott. Lass uns sofort von hier verschwinden!"
Ich nickte, doch bevor ich losrannte, fiel mein Blick auf die Glaskugel. Von ihr war der Rauchgeruch gekommen und inzwischen rauchte sie wirklich.
"Du dummes Ding!" ,kreischte die Hexe, "du hast keine Ahnung was du gemacht hast!"
"Ich hab oft keine Ahnung was ich mache und wir gehen jetzt" ,rief ich zurück.
Ein spöttisches Grinsen breitete sich auf dem Gesicht der Hexe aus.
"Sofern ihr es noch bis zu meinem Bild-Bild schafft. Ansonsten werdet ihr zusammen mit dieser Welt zerstört und ich erschaffe das größte Kunstwerk allerzeiten!"
"Du hast ja wirklich einen Schaden" ,sagte ich noch, dann rannten wir los."'Peinture à l'image' das ist der Name meines Lieblingsbildes. Das Gemälde eines Bildes" ,keuchte Loopa während wir das Museum ansteuerten.
"Da wär ich echt niemals draufgekommen" ,entgegnete ich.
Endlich kam das Gebäude in Sicht. Es hatte inzwischen geöffnet und mein Freund der Wachmann stand beim Eingang. Sein Gesichtsausdruck hätte mich fast zum Lachen gebracht, allerdings konnte ich es ihm nicht verübeln. Vermutlich hätte jeder so geschaut, wenn ein schwarzes Mädchen mit Messer und ein weißes, ziemlich mitgenommenes Mädchen mit Vollgas in ein Museum rannten.
Loopa übernahm drinnen automatisch die Führung, weil sie sich viel besser auskannte. Ein merkwürdiges Zischen war zu hören, als endlich das Bild in Sicht kam.
"Aus dem Weg!" ,schrie zwei älteren Damen zu, die davor standen und überrascht stolperten sie rückwärts. Ich schlug mein Messer in die Leinwand und wieder hatte ich das Gefühl zu fallen. Loopa allem Anschein nach auch, denn sie krallte sich an meinen Arm.
Keuchend standen wir wieder in der Galerie. Diesmal steckte das Messer wirklich im Bild. Bevor ich es herausziehen konnte, kam ein Wachmann auf mich zu.
"Also wirklich" ,schimpfte er, "sie kommen jetzt erst mal mit. Euren Komplizen haben wir schon."
Mit aufkommenden Schuldgefühl dachte ich an Lire, der meinetwegen gefasst wurde. Er stand draußen und sprach mit einem Polizisten. Erleichterung erschien auf seinem Gesicht, als er uns sah.
"Ketta! Du lebst! Und du hast Loopa gefunden! Du bist einfach verschwunden, ich hab mir solche Sorgen gemacht" ,stammelte er.
"Meine Herrschaften, sie kommen jetzt erst mal mit aufs Revier" ,sagte der Polizist und führte uns zu seinem Wagen.
Trotzdem war ich erleichtert, ich war schon einmal aus so einer Situation rausgekommen, das würde ich wieder schaffen. Wegen der Hexe machte ich mir mehr Sorgen, ich hatte das Gefühl, es war nicht das letzte Mal gewesen, dass wir uns trafen...
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Short Storys³
Short StoryHier drin findet ihr drei Kurzgeschichten, die je eine von uns drei Autorinnen verfasst hat. Wir haben uns klare Anhaltspunkte ausgemacht, welche in jeder Geschichte zu finden sein sollten. Ansonsten haben wir sie unabhängig voneinander geschrieben...