Ich musste gähnen. 23 Uhr. Ich hätte schon vor drei Stunden schlafen müssen. Fuck.
Eigentlich wäre das ja nur halb so schlimm, aber ich hatte am nächsten Tag Mathe Schularbeit. Am liebsten würde ich sterben.
Ich legte mich in mein Bett und hoffte so schnell wie möglich einzuschlafen.
Glücklicherweise klappte das sogar, was ein ziemliches Wunder war, da ich in letzter Zeit vor lauter Schul-Stress kaum schlafen konnte. Jedoch war mein Schlaf nicht sonderlich gut.
Ich hatte einen Alptraum:Ein wunderschönes, rothaariges Mädchen ging auf mich zu. Wir befanden uns in der Schule.
Rosenblätter flogen überall herum und die Szene war insgesamt ziemlich romantisch, bis dieses Mädchen sich plötzlich mit den Fingern schnippte und sich in unsere Schulleiterin Amsi verwandelte. Aus den Türen links und rechts von ihr strömte Wasser. Mindestens drei Meter hohe Wellen rollten auf mich zu und ich drohte zu ersticken. Ich schnappte nach Luft.
Vergeblich.Schweißgebadet und weiterhin nach Luft schnappend wachte ich auf. Ich blickte auf mein Handy, welches rechts von mir auf dem Nachtkasten lag.
"Mist!" fluchte ich und vergrub mein Gesicht in meinem Kissen. Es war noch immer der 29.Februar. Wenn es doch wenigstens Morgen gewesen wäre. Tja, ich hatte halt Pech.
Plötzlich hörte ich ein Geräusch.
Vor lauter Angst griff ich wieder zu meinem Handy um die Taschenlampenfunktion einzuschalten. Ich schaute mich um und erblickte meinen fetten Kater Charlie, der gerade über seine eigenen Pfoten gestolpert war.
"Charlie du Arsch! Weißt du was für einen Schrecken du mir eingejagt hast?"
Der Kater maunzte.
Ich rollte meine Augen, stand auf und wollte ihn aufheben, als ich etwas bemerkte.
Vorsichtig leuchtete ich in das Zimmer meiner kleinen Schwester.
Zuerst war da nichts ungewöhnliches. Ich leuchtete ihre Wand entlang, die mit einer beigen Katzen-Tapete bedeckt war, bis zu ihrem Bett. Sie lag nicht darin.
Das lag daran, dass sie bei ihrer "BFF" schlief.
Überzeugt davon, dass niemand da war, drehte ich mich um und wollte mich in mein Bett legen, als jemand, besser gesagt etwas, davor stand.
Dummerweise konnte ich nicht viel erkennen, aber das was ich sah reichte mir ehrlich gesagt auch.
Nun stand ich da und betrachtete wie dieses Etwas mein Bett durchsuchte.
Komischerweise war ich nicht verängstigt und hatte auch sonst keine Emotionen. Ich war maximal etwas verwirrt. Ich sah ihm einfach zu, wie er erfolglos mein Bett durcheinander brachte.
Ihr müsst euch nun vorstellen wie ich, ein 15-jähriger Junge, emotionslos ein großes schwarzes, mit Krallen versetztes Ding betrachte, das meinen Schlafplatz zerstört.
Nach einiger Zeit wurde es aber ziemlich verstörend, für mich zumindest.
Das Etwas streckte ein dünnes, langes Ding aus seinem Mund. Und mit lang, meine ich wirklich, wirklich lang. Ich vermutete das es seine Zunge war. Mit ihr umschlang er mein Buch, welches immer in meinem Bett lag, und schien es immer fester mit seiner Zunge zu "zerquetschen", bis die Bestie es schließlich... zerschnitt?
Ich war fasziniert und hatte Würgreize zugleich.
Erst jetzt realisierte ich, dass dieses Etwas wegen mir hier war und ich bekam eine Gänsehaut.
Aber wenn dieses Biest mich jetzt essen würde, hätte ich nie wieder Stress in der Schule... oder sonst irgendwo. Meine Eltern könnten mich nicht mehr nerven, die anderen Kinder würden mich nicht mehr hänseln, die Schulleiterin würde mich in Ruhe lassen, einfach alle Probleme wären verschwunden. Puff. Weg. Für immer. Genauso wie ich.
Die Versuchung in mir wuchs, mich diesem Geschöpf zu nähern.
"Die ewige Ruhe" dachte ich mir. "Wer würde mich schon vermissen?" schoss es mir durch den Kopf. "Vielleicht mein bester Freund oder die Liebe meines Lebens..." Ach ja, die Liebe
meines Lebens kannte mich ja gar nicht.
Emily war an der selben Schule wie ich, sogar im selben Jahrgang, jedoch bezweifle ich das sie von meiner Existenz weiß.
Noch nie hatte ich ein Wort mit ihr gewechselt. Noch nie hatte sie mich angeschaut. Noch nie hatte sie mich bemerkt.
Seit zwei Jahren bin Hals über Kopf in sie verliebt. Warum ich nie mit ihr gesprochen hatte?
Entweder war ich zu schüchtern oder sie hatte gerade einen Freund. Ich war somit aussichtslos in sie verliebt.
Und da kam wieder der Wille, direkt in die Arme dieses Etwas zu laufen.
Ich blickte auf die Uhr meines Handys. 23:59.
"Nie wieder Leid, nie wieder Schmerzen, nie wieder Trauer, nie wieder-" Mit jedem "nie wieder" das ich mir dachte kam ich einen Schritt näher.
"Nie wieder Probleme"
Ich stand nun direkt vor dem Monster. Ich konnte es nun genauer erkennen.
Sein Kopf war Oval und schimmerte dunkelviolett, fast schwarz. Er hatte keine Nase, aber winzige,
Stecknadelkopf kleine Augen. Er schien nicht sehr viel größer als ich, da er einen Buckel hatte, und besaß kurze Krallen an seinen Fingerspitzen. Sein Mund öffnete sich. Er hatte keinerlei Zähne, nur seine scharfe lange Zunge. Langsam wickelte er sie um mich, wie eine Python die ihre Beute würgt. Sie
hatte sich bereits bis zu meinem Bauch geschlängelt, als das Ding plötzlich verschwand.
Nichts von ihm blieb übrig, nur die Wunden, die seine Zunge an mir hinterlassen hatte.
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Short Storys³
Short StoryHier drin findet ihr drei Kurzgeschichten, die je eine von uns drei Autorinnen verfasst hat. Wir haben uns klare Anhaltspunkte ausgemacht, welche in jeder Geschichte zu finden sein sollten. Ansonsten haben wir sie unabhängig voneinander geschrieben...