Drei Männer zeigten sich oben am Gitter. Man hörte, wie der schwere Metallriegel geöffnet wurde. Krachend ließen die Männer das Gitter nach hinten fallen und postierten sich forschend um das tiefe Erdloch.
Biello und Larno waren aufgestanden- jetzt, da sich dort oben etwas tat.
Larno's Schmerzen hatten nachgelassen. Gestern noch hatte der Kopf bis in die Nacht gebrummt. Heute waren nur noch die Rippenschmerzen zu spüren- ein Ergebnis der Tritte und Hiebe, welche er bei der Festnahme erhalten hatte. Der innere Seelenschmerz über die ungerechte Behandlung war größer.
Die zwei Gefangenen hatten nun schon den zweiten Tag in diesem finsteren, kalten Loch zugebracht. Das sie hier unten ausharrten, schien bislang dort oben niemanden zu interessieren. Gestern und auch heute gegen die Mittagszeit hatte jemand etwas Brot in die Grube hinab geworfen. In der gestrigen Nacht dann fand es wohl eine der Wachen belustigend, in das Erdloch hinein zu pissen. Trotz der lauten Beschwerden von unten aus dem Loch war es dem- wohl auch angetrunkenen- Wachknecht egal, das die Gefangenen dies demütigend und ekelhaft fanden. Wer dies dort oben war, konnte man im Dunkeln allerdings nicht erkennen.
Nun jedoch, in dieser dunklen Abendstunde, schienen die Wachen etwas zu wollen.
Einer hielt eine brennende Fackel über das Loch. Die drei Männer beugten sich über das Loch und kniffen im Fackellicht die Augen zusammen, um die Gefangenen anzusehen.
„Du dort!"- eine der Wachen zeigte auf Larno- „Raufkommen!"
Einer der Wachknechte brachte eine Holzleiter und ließ die Leiter in die Tiefe der dunklen Grube hinab.
„Warum? Was wollt ihr von ihm?", fragte Biello mit deutlicher Besorgnis.
„Du halt's Maul. Und der dort kommt rauf! Alleine!", forderte der gleiche Wachknecht nochmals mit tiefer, energischer Stimme.
Larno und Biello sahen sich an. Die Leiter senkte sich nun auf den Boden der Grube. Sollte man der Forderung nachkommen? Warum sagten die Wachen nicht den Grund dafür?
„Na los! Wird's bald?", forderte eine zweite, hellere Stimme.
„Schon gut! Biello, ich gehe."
„Aber..."
Larno ergriff die wackelige Holzleiter und kletterte hinauf. „Mach dir keine Sorgen."
Doch diese Beruhigung wollte Biello nicht einfach hinnehmen. „Was wollt ihr von Herrn Larno? Wo bringt ihr ihn hin?", fragte er hinauf zu den Wachen, die Larno grade von der Leiter halfen.
„Das hat dich nicht zu interessieren!", ranzte eine der Wachen und zog die Leiter wieder aus der Grube.
Larno war wie benommen. In der Grube war es Dunkel- um ihn herum mittlerweile auch, es war Abend, der zur Nacht wurde. Das helle Fackellicht blendete seine an Dunkelheit gewöhnten Augen.
„Los! Dort entlang! Lauf hinterher!", sagte der kleine Wachmann mit der fast piepsig hellen Stimme.
„Folge mir!" forderte nun der Vorausgehende. „Und denk nicht einmal daran wegzulaufen!"
Und wirklich- an eine Flucht hatte Larno in dieser Situation wirklich nicht gedacht. Jetzt jedoch, da der Bewaffnete es ansprach, überlegte er wirklich kurz, sich zu entziehen. Da man Ihnen die Fesselung abgenommen hatte, war es ein leichtes, einem der Männer ein Schwert aus der Scheide zu reißen und sich damit gegen die Wachen durchzusetzen. Doch warum? Was würde das nützen? Es würde seine Lage nur verschlimmern. Die Lage von Biello sicher auch- und der saß noch in der Grube.
„Wo bringt ihr mich hin?"
„Sei ruhig und folge einfach! Wirst schon sehen!", gab der Vorausgehende bekannt. Mehr brauchte Larno anscheinend nicht zu wissen.
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- Larno- Im Ränkespiel der Macht
Historical FictionIm Jahr 1001 gelingt es den vor Gewalt und Knechtschaft geflohenen Brisanen bei dem elbslawischen Linonen eine Zuflucht zu finden. Die Flüchtigen können ein neues Leben aufbauen. Doch im Ränkespiel der Mächtigen geschehen seltsame Dinge- manche Gesc...