Es war am späten Abend nach dem hitzigen Gefecht am äußeren Tor der Pfalz Merseburg. Es zog die Nacht auf über dem Lager und Feuer- und Fackelschein bot erstes Nachtlicht, wenngleich noch ausreichend Helligkeit war.
Hermann von Meißen betrat das Zelt.
Was er vorfand waren Herr Sirko, der mit freiem Oberkörper seine verbundene Wunde abtastete und dabei schmerzverzerrt eine Mine aufsetzte, und Larno, welcher von der Erschöpfung des Tages bereits in tiefen Schlaf gefallen war.
Der Markgrafensohn zog die Augenbrauen hoch und presste die Lippen aufeinander, beim Anblick von Herrn Sirko.„Wie ein gerupftes Huhn fühlt man sich, nicht wahr?"
Herr Sirko grinste. „Eher wie ein Ferkel, das grade so der Schlachtbank entkam.", entgegnete Sirko von Dobsicz.
„Und der Larno? Schläft?"
„Nein, Herr Hermann!", kam Larno's verschlafene, leise Stimme vom Strohlager. „Sprecht nur. Ich höre Euch zu. Doch gebt mir Zeit, wieder zu Sinnen zu kommen."
Hermann setzte sich auf einen Baumstumpf, der hier als Sitzgelegenheit im Zelt war.
„Ich wollte Euch Beiden meinen Dank aussprechen, dass ihr heute zu Boleslaw gestanden habt. Auch im Namen meiner Gemahlin, die- ob der schauerlichen Schilderungen- froh ist, ihren Vater unbeschadet an Leben und Gesundheit sehen zu dürfen. Ich hätte grade Euch, Herr Larno, mehr Vertrauen schenken müssen. Ich bedaure es, selbst nicht bei Boleslaw gewesen zu sein- wie viele andere Vertraute des Herzoges dies ebenfalls tun."
„Alles ist noch einmal gut ausgegangen. Wohl auch Dank der Sachsen und Herzog Bernhard."
Sirko erhob seinen Zeigefinger, um daran zu erinnern, dass er es war, der den Sachsenherzog zu Hilfe holte.
Herr Hermann nickte.„Ich kann Euch sagen, dass die Gespräche Boleslaw's mit dem Markgrafen von Schweinfurt für beide Seiten erfolgreich waren. Man hat sich gegenseitige Hilfe und Beistand in der Not zugesagt. Markgraf Heinrich ist schon auf dem Weg zu seinem Lager, wo auch er nach diesem Tage zur Ruhe finden will, die- Dank Euch- nicht die ewige Ruhe ist."
„Ich denke, solch gemeinsames Erleben wie heute in Merseburg verbindet selbst auch die Mächtigen einmal mehr." Während Larno dies sprach, rieb er sich sein Gesicht heftig und setzte sich auf seinem Lager hin.
„Dem ist wohl so."Doch noch etwas schien Hermann von Meißen zu bedrücken und er schien gut daran es jetzt und hier im Vertraulichen auszusprechen.„Larno, ich habe Euch auf meines Vaters Burg Genea nach meiner Hochzeit nicht so beigestanden, wie ich es gekonnt hätte. Ich kann auch nicht sagen, woran dies lag. Vielleicht war es der Respekt vor Herzog Boleslaw als meinem Schwiegervater oder dem Herzog der Bayern. Ich stand immer meinem Vater nach, der mir diesen Respekt vor den anderen Mächtigen vorlebte. Doch war ich damals- nach der Hochzeit mit Reglindis- noch nicht der gefestigte Mann wie mein Vater. Heute würde ich vielleicht selbst sicherer auftreten und hätte ein anderes Urteil gefunden und für Euch gesprochen."
„Ich habe nie an Eurer Ehre gezweifelt, edler Hermann. Und wollt ihr mir dies eingestehen, um Milde zu erfahren, so will ich Euch ohne Zögern alles nachgeben."
Hermann nickte- zum Dank für diese Worte.
Nach kurzem Moment der Stille im Zelt stand Hermann von dem hölzernen Schemel auf.
„Gut, dass ich dies aussprechen durfte."
Doch ging Hermann von Meißen hiernach nicht sofort.
„So! Ihr Herren Sirko von Dobsicz und Larno Wulfesal. Bevor ich mich von Euch verabschiede, da ich mit Reglindis morgen an unsere Hausburg nach Genea früh abreise- ich bitte Euch: Bekleidet Euch! Rüstet Euch! Mein Schwiegervater hat mich gebeten, Euch zu ihm zu bringen. Ich erwarte Euch Herren vor dem Zelt!"
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- Larno- Im Ränkespiel der Macht
Historical FictionIm Jahr 1001 gelingt es den vor Gewalt und Knechtschaft geflohenen Brisanen bei dem elbslawischen Linonen eine Zuflucht zu finden. Die Flüchtigen können ein neues Leben aufbauen. Doch im Ränkespiel der Mächtigen geschehen seltsame Dinge- manche Gesc...